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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

DOI Artikel:
Térey, Gábor: Aus der Nationalgalerie in Budapest, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0057

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von SEEMANN & Co. in LEIPZIG, Gartenstrasse 17.

Neue Folge. X. Jahrgang.

1808/99.

Nr. 7. 8. Dezember.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thiene, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin W., Heinrich Kiepertstrasse 84 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monatenjuli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von Haasen-
sfein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

AUS DER NATIONALGALERIE IN BUDAPEST.

L

Der ungarische Staat hat im Laufe der letzten
Jahre eine beträchtliche Anzahl von Gemälden alter
Meister erworben, von denen bei Gelegenheit des
kunsthistorischen Kongresses in Budapest ein Teil
ausgestellt war und lebhaftes Interesse erweckte. Diese
Ankäufe sind für das zu errichtende Museum der
bildenden Künste bestimmt, das in prächtiger Lage
am Ende des Andrassy-Boulevard eine weitere Erinne-
rung an das Millennium-Jahr werden soll. Im neuen
Museum werden die Nationalgalerie und die mit ihr
in Verbindung stehende Kupferstichsammlung, ferner
die modernen Bilder des Nationalmuseums und die noch
zu schaffenden Abteilungen für Plastik und Architektur
untergebracht werden. Bis zur Eröffnung wird jedoch
noch eine geraume Zeit vergehen, und so sind in die
Nationalgalerie — soweit es der beschränkte Raum
zuliess — eine Auswahl von den obengenannten
Bildern eingereiht worden, bei welchem Anlasse ich ein
gründliches Umhängen der Bilder veranlasste: Nr. 1386.
Andrea del Verrocchio, Thronende Madonna mit
Engeln und Heiligen, eines der kunsthistorisch inter-
essantesten Bilder des grossen Florentiners, welches
bereits Vasari (ed. Milanesi III, 363) also erwähnt:

.....;;una tavola alle monache di San Domenico di

Firenze, nella quäle gli parve essersi portato molto
bene". Dieses Tafelbild, dessen auch Bocchi, Leopoldo
del Meglione, Riccha, Galichon, Bode u. s. w. ge-
denken und das in der Etruria Pitrice (I, tav XVI) abge-
bildet ist, wurde von Dr. A. Forisi entdeckt und an-
gekauft, während des deutsch-französischen Krieges
1870—1871 im Louvre aufbewahrt, sodann von dem
Schotten Duncan in Glasgow erworben, aus dessen

Besitz es durch Colnaghi nach Budapest gelangte.
Mit Recht kann gesagt werden, dass auf dieses be-
glaubigte Hauptwerk Verrocchio's auf dem Gebiete
der Malerei auch die grösste Kunstsammlung stolz sein
dürfte; ich behalte mir vor, darüber demnächst näheres
zu berichten. Nr. 1208. Domenico Ghirlandaio, Rund-
bild mit der Darstellung des Johannes auf Pathmos
die Apokalypse schreibend, trefflich in den Raum
komponiert in fast miniaturartiger Behandlung, dennoch
gross in der Wirkung, in der Perspektive meisterhaft.
Nr. 1140. Filippino Lippi, Madonna in poetischer
Landschaft (abgeb. in der Zeitschrift für bild. Kunst.
N. F. Bd. IX, S. 65), kleines aber mit der grössten
Hingabe gemaltes Bild, das vom ganzen Zauber der
florentinischen Kunst umwoben ist. Nr. 1161. Geisse-
lung Christi, Predellenbild aus desselben Meisters bester
Zeit, zu welchem die zwei dazugehörigen Teile sich
gleichfalls in der Nationalgalerie befinden, jedoch
nicht von so sorgfältiger Durchführung, wie das erste,
sind. Nr. 1200—1203. Vier Cherubimköpfe, wenn
auch nur Fragmente aus einem grossen Gemälde, so
doch charakteristische Arbeiten des Umbro-Florentiners
Lo Spagna. Nr. 1384. Nicht Raphael, sondern Se-
basüano del Piombo. Männliches Bildnis, angeblich
des Tibaldeo aus der Kollektion Scarpa. Verglichen
mit Marc Antons Raphael-Porträt (B. 496), erweckt es
in dem Beschauer die Vermutung, es könne den gött-
lichen Urbinaten selbst darstellen. In geistreicher
Weise ist in diesem Porträt das warme venezianische
Kolorit mit der vornehmen Auffassung Raphaels ver-
einigt. Wo auch das Auge hinblickt, gewahrt es die
Meisterhand, sei es an der Gestalt selbst, sei es an
der Landschaft im Hintergrunde. Letztere gemahnt
uns ganz an Giorgione und weist die frappanteste
Ähnlichkeit mit der auf Piombo's Bilde einer jungen
 
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