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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Schölermann, Wilhelm: Moderne Kunst in Wien
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Verschiedenes / Inserate
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Bücherschau.

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gut vertreten, neben dem Ausland. Die Wandver-
zierung des Zimmers besteht aus einer patronierten
Saaldekoration von K Moser, in lebhaft bewegten
Figuren. Mit kleinen Bronzen tritt zum erstenmal j
hier der Wiener Gustav Ourschner auf. Qurschner
hat in Paris eine strenge Schule durchgemacht, ist
aber doch „Wiener" geblieben. Seine Sachen haben
nicht das Flotte, Pikante von Vallgren, aber sie sind
gefällig, anschmiegend und anmutig in der Bewegung.
Ein allerliebster Thürklopfer fällt besonders auf; ausser-
dem Lampen und kleine Tischleuchter, für elektrische
Beleuchtung gedacht, Schmuckschalen u. dgl. Hier
möchte ich auch zweier Künstler gedenken, welche
zu den begabtesten und ernstesten Mitgliedern der
Vereinigung gehören: Adolf Böhm und Rudolf Bacher.
Ersterer hat mehrere Buchdeckel, Cigarrentaschen u. s. w.
in farbigem Ledermosaik selbst ausgeführt nach seinen
eigenen Entwürfen. Bacher stellt Ringe und Schnallen
in Silber aus, worin er seine humoristischen Tiere
und Ungeheuer verwertet, welche er so fein mit dem
Bleistift zu zeichnen weiss. „Ver Sacrum" brachte
mehrere dieser Zeichnungen.

Der talentvolle Bildhauer Otmar Schimkowitz hat
eine bronzene Schale mit figürlichem Motiv aus-
gestellt.

Unter den Ausländern sind vertreten: Rupert
Frangois Carabin (eine Serpentintänzerin und ein
„Waschbrunnen"), Georges Gardet (Ente mit Schnecke),
Vallgren und Frau, mit Vasen, Statuetten und Stein-
reliefs, Jean Baffier (Zuckerdose in Zinn), Henry Nocq
mit vier Porträtmedaillons und geschmackvollen Ge-
fässen, Schreibzeug u. s. w., Helene de Rudder („Die drei
Parzen", Seidenstickerei), Eduard Beyrer („Das Glücks-
schwein"), Sophie Hartmann-Burger (mit bekannten,
feinempfundenen Bronzen) und endlich die Familie
von Helder mit keramischen Gefässen.

Fasst man den Gesamteindruck der Ausstellung
zusammen, so muss anerkannt werden, dass die Ver-
einigung bildender Künstler Österreichs sehr viel ge-
leistet hat für die Neubelebung der Wiener Kunst-
verhältnisse. Sie hat darin ein administratives und
organisatorisches Talent bewiesen, welches unter den
Umständen sehr erfreulich und anregend gewirkt hat.
Sie hat die lebendige Berührung mit der künstlerischen
Bewegung der Gegenwart vermittelt, und endlich hat
sie noch mehr gethan: sie hat ein allen ästhetischen
und praktischen Anforderungen genügendes, kleines
Ausstellungsgebäude geschaffen, dessen innere Ein-
richtung kaum einen stichhaltigen Einspruch zu fürchten
haben wird, so sehr über die äussere Erscheinung
auch gestritten werden mag. Für dieses moderne
Ausstellungsgebäude können die Wiener und alle
Kunstfreunde der Secession nur dankbar sein. Ob
sie es schon sind — ist eine andere Frage. Aber
sie wefden es gewiss mehr und mehr einsehen, welch

ein Schritt in der Reform des Ausstellungswesens da-
mit gewonnen ist. WILHELM SCHÖLERMANN.

BÜCHERSCHAU.
Berühmte Kunststätten. Nr. 2. Venedig. Von Gustav
Pauli. Leipzig 1898. Verlag von E. A. Seemann.
Gleichzeitig mit Eugen Petersens „Vom alten Rom"
(vgl. Kunstchronik Nr. 5) ist als Nr. 2 von Seemann's „be-
rühmten Kunststätten" „Venedig" erschienen. Der Verfasser,
Dr. Gustav Pauli, hat sich der dankbaren, aber auch
schwierigen Aufgabe mit grosser Liebe angenommen und
sie in geradezu glänzender Weise gelöst. Es ist ein Ver-
gnügen zu beobachten, wie Pauli den umfangreichen Stoff
beherrscht und wie er den Leser mit sicherer Hand durch
die verworrenen Pfade der Entwicklung der venezianischen
Kunst leitet. Aller unnötige Ballast, als Jahreszahlen in zu
grosser Menge, kunstkritische Bemerkungen und lange Be-
schreibungen der einzelnen Kunstwerke, ist klugerweise
fortgelassen worden, so dass die Lektüre dieses fesselnd und
gut geschriebenen Buches einen wirklichen Genuss bietet,
sei es nun, dass man diesen Führer als Vorbereitung für
einen bevorstehenden Besuch Venedigs oder als Erinnerung
an bereits Gesehenes benutzen will. Nach einer kurzen
Einleitung, die als „Stimmung" machende Ouvertüre wirkt,
giebt der Verfasser einen Abriss der politischen Geschichte
Venedigs, die ja mit der Kunstentwicklung eng zusammen-
hängt und deshalb zum Verständnis unbedingt notwendig
ist, und lässt dann drei Kapitel folgen, die die Architektur,
die Plastik und die Malerei in getrennten Abschnitten be-
handeln. Das letzte Kapitel ist naturgemäss das umfang-
reichste, da es das wichtigste ist. Denn in der Malerei hat
die venezianische Kunst sich am freiesten entfaltet, hier war
sie der gebende Teil, während in der Architektur und der
Plastik stets fremde Einflüsse vorherrschten. Die Malerei
ist in Venedig verhältnismässig erst spät zu Worte ge»
kommen, dafür stand sie aber auch noch im 18. Jahrhundert
in vollster Blüte, als sie im übrigen Italien bereits tief dar-
niederlag. Sehr zu loben ist die illustrative Ausstattung des
Buches. Ober 130 Abbildungen der hervorragendsten Kunst-
werke geben einen vollständigen Überblick über die gesamte
venezianische Kunst, und einige gut gewählte Ansichten
lassen uns den malerischen Charakter der Wunderstadt, den
sie sich unverändert seit Jahrhunderten erhalten hat, ahnungs-
voll empfinden. Der Autotypie ist glücklicherweise der
Vorzug gegeben worden. Die in diesem Reproduktions-
verfahren wiedergegebenen Abbildungen sind auf dem zum
Druck gewählten, glatten Papier ganz besonders vorzüglich
geraten, während der mit Recht jetzt verpönte Holzschnitt
als Vorlage nur in Fällen der Not Verwendung gefunden
hat. Die populäre Kunstwissenschaft hat sich mit dieser
Publikation Seemann's einen neuen Weg eröffnet, und wenn
allgemein anerkannte, mit gediegenen Kenntnissen ausge-
rüstete Kunsthistoriker, wie Gustav Pauli, sich derselben
annehmen, so ist das nur mit Freuden zu begrüssen und be-
deutet einen grossen Schritt vorwärts in dem Bestreben, die
Kunst zum Allgemeingut aller Gebildeten zu machen.

U. TH.

Saute's Spuren in Italien. Wanderungen und Unter-
suchungen von Alfred Bassermann. Mit einer Karte von
Italien. Kleine Ausgabe. München, R. Oldenbourg.
Geb. M. 10.—.
Als der Verfasser sein grosses Werk über den Zu-
sammenhang der Göttlichen Komödie mit dem Lande ihres
Dichters schrieb, über das wir an dieser Stelle in Nr. 18
 
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