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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Woermann, Karl: Die Cranach-Ausstellung (Dresden 1899) und die Pseudogrünewald-Frage
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0085

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153

Bücherschau.

154

Darmstädter Galerie, gab er (S. 492 und 493) Cranach
selbst zurück.

Dass mit dieser Darstellung Janitschek's das letzte
Wort in der Pseudogrünewaldfrage noch nicht ge-
sprochen sei, stellte sich jedoch bald genug heraus.
Franz Rieffei sprach es 1895 im Repertorium XVIII,
S. 427 aus, dass er an die Sonderexistenz eines
Pseudogrünewald nicht glaube. Max Friedländer be-
kannte sich 1898 in W. Speman-n's Museum III, 5
ausdrücklich zu der früher von Scheibler und dem
Verfasser dieser Zeilen in Bezug auf die besten der
Pseudogrünewaldbilder verteidigten Ansicht, „dass
niemand anders als Cranach diese Tafeln geschaffen"
habe. — Ed. Flechsig, der sich zur Zeit eingehend
mit Cranachstudien beschäftigt und im Begriffe steht,
dieselben zu veröffentlichen, scheint allerdings einen
anderen, besonderen Standpunkt in dieser Frage ein-
zunehmen.

Weiter verwickelt wird die Frage aber dadurch,
dass einige Bilder, die gerade von dem Forscherkreise, in
dem sich die Scheidung der echten Grünewaldbilder
von den unter allen Umständen cranachartigen Pscudo-
grünewaldbildern vollzog, wieder Grünewald selbst
zugeschrieben worden waren, von neueren Forschern,
wie Fr. Rieffei (Repertorium 1895, XVIII, S. 425 und
Zeitschrift für christl. Kunst X, 1897, S. 170), jetzt für
eigenhändige frühe Bilder Lukas Cranach's d. Ä.
erklärt werden. Die beiden wichtigsten Bilder, die
hierher gehören und der Cranach-Ausstellung auch zu-
gesagt sind, sind die in ihrer Art tüchtige Kreuzigung
von 1503 in der Schleissheimer Galerie und das
Bildnis des Stephan Reuss von demselben Jahre im
Germanischen Museum. Dass sie von Grünewald
herrühren, hat Max Friedländer noch 1894 (Reper-
torium XVII, S. 474) gegen Alfred Schmid (Mathias
Grünewald in Baseler Festbuch 1894, S. 87) verteidigt,
der bereits Anklänge an Cranach und Pseudogrüne-
wald in ihrem Stil hervorhebt, wogegen W. Schmidt
(Repertorium 1889, S. 40, Zeitschrift für bildende
Kunst 1892, S. 116) geneigt ist, sie auf W. Huber
zurückzuführen.

Dass alle Bilder, die jemals Grünewald zuge-
schrieben worden, von Lucas Cranach selbst gemalt
worden seien, hat wohl niemals jemand behauptet
und wird niemals jemand behaupten wollen. Für die
Forscher, die daran festhalten, dass die Pseudogrüne-
waldbilder auf Cranach's Werkstatt zurückweisen, wird
sich der ersten Frage, ob einige und welche dieser
Bilder eigenhändig von Lucas Cranach ausgeführt
seien, die zweite Frage anschliessen, ob sich unter
den übrigen verschiedene Hände unterscheiden lassen
oder ob sie alle oder doch die namhaftesten und tüch-
tigsten von ihnen einem besonderen, als bestimmte
Künsterpersönlichkeit erkennbaren Schüler oder Ge-
nossen Cranach's, den man „Pseudogrünewald« genannt,

zugeschrieben werden müssen. Für die Forscher,
denen auch die Vorfrage, ob diese Bilder überhaupt
in unmittelbarer Beziehung zur Werkstatt Cranach's
stehen, noch nicht genügend beantwortet erscheint,
aber wird die Pseudogrünewald-Frage sich zunächst
dahin zuspitzen, ob die Bilder, um die sie sich dreht,
in Aschaffenburg oder in Wittenberg, in Grünewald's
oder in Cranach's Bereiche, gemalt worden sind.

Wenn auch nicht alle „Pseudogrünewaldbilder"
für die Cranach-Ausstellung gewonnen werden konnten,
so werden sie und werden gleichzeitige beglaubigte
Bilder Lucas Cranachs d. Ä. doch in genügender
Anzahl vertreten sein, um die Entscheidung der Frage
zu fördern. Man wird daher gut thun, ohne jede in
dem einen oder in dem anderen Sinne vorgefasste
Meinung das Ergebnis dieser Zusammenstellung ab-
zuwarten und die Meinungsverschiedenheiten bis dahin
auf sich beruhen zu lassen.

BÜCHERSCHAU.

Anton Springer, Handbuch der Kunstgeschichte.

I. Das Altertum. Fünfte vermehrte Auflage, bearbeitet
von Adolf Michaelis. II. Das Mittelaller. Fünfte Auf-
lage, bearbeitet von Jaro Springer. Leipzig, E. A. See-
mann, 1898.

Von der fünften Auflage von Springer's allbekannten
und weitverbreiteten, bereits in der letzten Auflage zu einem
„Handbuch der Kunstgeschichte" umgestalteten »Grund-
zügen der Kunstgeschichte" liegen uns die zwei ersten statt-
lichen Bände vor, welche das Altertum und das Mittelalter
behandeln. Der der antiken Kunst gewidmete Teil ist als
eine gründliche und umfassende Umarbeitung der 1895 er-
schienenen vierten Auflage zu betrachten, die sich als unbe-
dingt notwendig erwies, um eine zusammenhängende, syste-
matisch vorgehende, geschichtliche Darstellung des umfang-
reichen Stoffes zu ermöglichen. Die Plastik ist hierbei
bedeutend erweitert und die Malerei in einem besonderen
Abschnitt behandelt worden. Der Name des als hervor-
ragenden Archäologen bekannten Herausgebers Adolf
Michaelis bürgt uns dafür, dass diese neue Bearbeitung auf
der Höhe der Wissenschaft steht und geeignet ist, Springer's
Handbuch seinen alten Ruhm zu wahren. Auch das
Illustrationsmaterial hat wesentliche Veränderungen erfahren.
Ungenügende Reproduktionen sind, soweit es möglich war,
durch bessere ersetzt worden, und eine grosse Anzahl neuer
Abbildungen ist eingefügt worden. — Der zweite, das Mittel-
alter behandelnde Teil ist wiederum von Jaro Springer
durchgesehen worden, doch hat der Text keine beträcht-
lichen Änderungen der vierten Auflage gegenüber erfordert.
Dagegen verleihen die Illustrationen der neuen Auflage einen
ganz besonderen Wert. Sie sind verbessert und vermehrt
worden, und sechs ganz vorzügliche, neu hergestellte Drei-
farbendrucke auf Tafeln sind eingefügt worden; sie stellen
das Mosaik der Apsis von S. Agnese fuori le mura in Rom,
das Innere der Taufkirche in Ravenna, maurische Wand-
dekoration aus Oranada, Wandmalerei in der Qeorgskirche
zu Oberzell, eine Miniatur aus der Manessischen Handschrift,
und den hl. Georg, ein Glasgemälde im Dom zu Chartres,
dar. Es ist dankbar zu begrüssen, dass die Verlagsfirma
E. A. Seemann bei neuen Auflagen Anton Springer's grund-
legendes Werk beständig auf der Höhe hält. u- ™-
 
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