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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

DOI Artikel:
Brockhaus, Heinrich: Über die angebliche Modernisierung von Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0089

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

* ' H, HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstrasse 15.

Neue Folge. X.Jahrgang. 1898/99- Nr. 11. 12. Januar.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thieme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin W., Heinrich Kiepertstrasse 84 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgcwerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

ÜBER DIE ANGEBLICHE MODERNISIERUNG
VON FLORENZ.

In Deutschland, Frankreich und England wird
die Meinung verbreitet, Florenz solle modernisiert
werden. Die gebildete Welt wird zu Protestkund-
gebungen aufgerufen gegen ein solches Vorgehen der
Italiener in einer ihrer wichtigsten Städte. Da ist es
wohl angebracht, zunächst zu fragen, was eigentlich
vorliegt?

Es ist der stete Widerstreit des Modernen gegen
das Alte, der zu einem Ausbruche der Gefühle führt,
dessen Stärke erkennen Iässt, mit welcher Liebe die
Welt in begründeter Erkenntlichkeit an Florenz hängt,
dem sie soviel verdankt. Altes ist bereits gefallen,
und nach der Natur der Dinge wird mit der Zeit
noch mehr fallen müssen, hier wie anderwärts, aber
nur schwer trennt man sich von liebgewordenen Bauten
und stimmungsvollen Städtebildern, wenn der Strom
der Zeit über sie dahinführt. Je moderner eine Stadt
ist, desto ruhiger vollzieht sich ihre bauliche Ent-
wicklung, je historisch bedeutsamer, desto schwieriger
wird abzuwägen sein, welche alten Bauteile, Bauten
und Baukomplexe erhalten werden sollen. Schwieriger
als in Florenz wird demnach die Frage kaum irgendwo
liegen. Ihre Lösung wird neben den offiziellen
Behörden und Kommissionen der kürzlich gebil-
deten Vereinigung zum Schutze des alten Florenz
(Associazione per la difesa di Firenze antica) ob-
liegen, an deren Spitze Principe Corsini steht. Das
Walten dieses kunstfreundlichen patriotischen Vereins
vor den alten Denkmälern wird man allerseits mit
regem Interesse und warmer Teilnahme verfolgen.

Wie bekannt, hat seit den achtziger Jahren ein
Stadtteil, und zwar gerade das Centrum der Stadt,

eine völlige Erneuerung erfahren, deren moderne
Nüchternheit jetzt vielfach bedauert wird. Während
der Abbruchsarbeiten und infolge derselben ist man
.auf interessante Reste alter Zeiten gestossen. Soweit
sie die Antike betreffen, haben sie im Museo Archeo-
logico Aufnahme gefunden. Reste aus den mittel-
alterlichen und neueren Jahrhunderten sind im zweiten
Klosterhofe von San Marco und den anstossenden
Räumen zu einem besonderen Museum vereinigt
worden, das im vorigen Frühjahr eröffnet worden ist,
und dessen Katalog vorbereitet wird. Auch sind vor
dem Abbruche architektonische Zeichnungen und Pho-
tographien aufgenommen worden, eine reiche Samm-
lung von Abbildungen erhält die Erinnerung. Die
Erneuerung des Centrums hat in einer lange Zeit ver-
wahrlosten Gegend, in der selbst die Polizei schweren
Stand hatte, schnell Ordnung und Reinlichkeit herge-
stellt, sie hat dabei zwischen überwucherndem kunst-
und geschichtslosem Flickwerk auch Reste älterer
Zeiten mit beseitigt. An den Grenzen des Centrums,
ungefähr da, wo einerseits der thurmartige Palazzo
dell' Arte della Lana (am Eingang von Or San Michele),
andererseits der kleine Strozzi-Palast (hinter dem
grossen) steht, wurde Halt gemacht. Jetzt ist noch ein
Teil des Baukomplexes, der sich zwischen den ge-
nannten Bauten zur Via Porta Rossa hin erstreckt,
im Wechsel begriffen, und angesichts seiner Trümmer,
an deren Stelle künftig ein neues Gebäude für die
National-Bibliothek erstehen soll, kann man sich noch
immer die Frage vorlegen, ob man ihre Entfernung
wirklich bedauert, ob die Bevölkerung von Florenz in
solchen Häusern wohnen soll. Diese Frage wird nur
verneint werden können.

Übertriebene Gerüchte, die über den Entwurf
einer Verlängerung der Via Pelliceria bis zum Arno
 
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