Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0119

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
221

Vereine und Gesellschaften.

222

mann bietet seine gewöhnlichen holländischen Strassen- und
Qrachtansichten, in denen ebenfalls, namentlich auf einem
mit Platanen bestandenen Platz, die Lust an starken Sonnen-
lichtwirkungen im Gegensatz zu den üblichen holländischen
Lufttönen vorwiegt. Walter Leistikow ist mit zwei Grunewald-
landschaften, in denen die Neigung zum Stilisieren fast völlig
zu Gunsten des wirklichen Naturbildes zurücktritt, und mit
drei norwegischen Landschaften bei düsterer, halb phan-
tastischer, halb melancholischer Stimmung vertreten, Max
Liebermann mit einer Strandpartie von Schevenigen mit
spielenden Kindern, die auf einen bei dem Künstler seltenen,
überwiegend gelbgrauen Ton gestimmt ist. Neben Skarbina
und Dettmann hat sich der Landschaftsmaler Max Fritz am
stärksten an der Ausstellung beteiligt. Er hält sich in seiner
bescheidenen, einfachen Technik von den extremen Rich-
tungen fern, weiss aber doch in seinen Stimmungsbildern
aus Holland, Rügen und der Mark auch aus den unschein-
barsten Motiven die zartesten und feinsten koloristischen
Wirkungen zu gewinnen. Im grossen und ganzen bietet die
Ausstellung der Aquarellisten ein erfreuliches Bild künstle-
rischer Harmonie und friedlichen Zusammenwirkens zwischen
Vertretern verschiedener Richtungen, das leider nur nicht
der wirklichen Stimmung entspricht, die zur Zeit in der
Berliner Künstlerschaft herrscht.

A. R. Berlin. — Die „Vereinigung i8qj" hat zu gleicher
Zeit mit der Gesellschaft deutscher Aquarellisten im Künstler-
hause ihre Jahresausstellung eröffnet, in der sechs Maler und
zwei Bildhauer vertreten sind. Der wenn auch nicht gerade
im guten Sinne originellste unter ihnen ist Franz Stassen,
dessen Landschaften in ihrer Naivetät der Auffassung und
in ihrer strengen, trockenen Zeichnung an die Hans Thoma's
erinnern, nur dass sie greller und bunter in der Färbung
sind und auch nach stärkeren Beleuchtungseffekten streben.
Otto Ff. Engel legt mit einer anmutigen, hügeligen Wiesen-
landschaft mit einer Kapelle im Vordergrunde ein neues
Zeugnis für seine schlichte und einfache Naturauffassung
ab, die gar nicht mehr an seine frühere Vorliebe für anor-
male Naturerscheinungen erinnert, und ein gleicher Vorzug
ist den Landschaften von August Westphalen und A. von
Brandis nachzurühmen, denen jedoch eine geringere Rohheit
der Mache zu entschiedenem Vorteil gereicht hätte. Die
Bildnisse einer jungen Frau von Karl Ziegler, der seit kurzer
Zeit in die vorderste Reihe unserer Porträtmaler getreten ist,
und eines jungen Mädchens von Meyer-Lüben sind zwei
gleich vortreffliche Leistungen, bei denen der feine Ge-
schmack in der Tonstimmung — ohne die üblichen grellen
Kontraste — und die fleissige Gediegenheit der Durch-
führung in unserer Zeit ganz ungewohnte Erscheinungen
sind. Die beiden Bildhauer der Vereinigung sind Fritz
KUmsch und August Oaul. Die Vorzüge des ersteren treten
besonders in seinen Bronzen hervor: der ungemein lebens-
vollen Büste des Malers W. Friedrich, der sitzenden Bildnis-
statuette seiner Gattin und der Statuette eines griechischen
Mädchens, das eben den Peplos über die blühende Gestalt
zu ziehen bestrebt ist. Gaul, ein Schüler von R. Begas, ist
ein vortrefflicher Tierbildner. Auch seine Bedeutung liegt,
wie die höchst lebendigen Gruppen zweier weidender Schafe
und zweier gelagerten Ziegen beweisen, in der Kleinplastik.
Dagegen ist seine sitzende, bemalte Figur eines jungen,
lesenden Dominikanermönches, sowohl in der Färbung wie
in der Charakteristik des Kopfes völlig missglückt, von wahr-
haft erschreckender Leblosigkeit.

G Die Zahl der Berliner Kunstsalons, die in gewissen
Zwischenräumen wechselnde Ausstellungen veranstalten, ist
im vorigen Spätherbst um zwei vermehrt worden, obwohl

bei der seit Jahren in Berlin anhaltenden Hochflut von Aus-
stellungen ein dringendes Bedürfnis für die Eröffnung neuer
Ausstellungen gerade nicht vorlag. Der eine dieser Kunst-
salons, der sich nach dem neapolitanischen Naturalisten
Ribera benannt hat, nimmt die Hälfte des ersten Stockwerkes
im Hause Potsdamerstrasse 22 ein und hat bis jetzt mehr
durch die etwas phantastische Ausstattung seiner Räume,
von denen die hintersten nach dem Hofe gelegenen durch
farbiges künstliches Licht magisch beleuchtet sind, durch die
Bespannung der Wände mit lichtgrünen, hellvioletten und
ähnlichen Stoffen als durch den Inhalt dieser Räume von
sich reden gemacht. Der Inhaber des Salons scheint aus-
schliesslich die modernen Richtungen pflegen zu wollen,
auch diejenigen, bei denen ein ernstes, künstlerisches Wollen
nur noch schwer zu erkennen ist. Gegenwärtig nehmen
zwei Sammelausstellungen ein grösseres Interesse in An-
spruch: eine Reihe von Landschaften des Weimarer Theodor
Hagen, meist Landstrassen, Wiesen und Partien aus dem
Weimarer Park, die zwar von feiner Naturbeobachtung
zeugen, aber durch das matte, stumpfe Grün etwas eintönig
wirken, und eine grosse Zahl von Zeichnungen und Gemälden
von Hans Balusehek, der die Motive zu seinen Darstellungen
ausschliesslich aus den niedrigsten und verkommensten
Schichten der Berliner Bevölkerung wählt. Die Zeichnungen
sind meist in der humoristisch-satirischen Wochenschrift
«Das Narrenschiff" veröffentlicht worden. Der Künstler
zeigt offenbar eine starke Begabung in der Erfassung aller
charakteristischen, selbst der widerlichsten Eigentümlichkeiten
des Berliner Mobs. Sollte diese Begabung aber so ein-
seitig entwickelt sein, dass er für nichts anderes Augen
hat? Fast scheint es so, da er ähnliche Motive — u. a. die
überaus abstossende Verspottung einer trunkenen Frau durch
die Strassenjugend — auch auf grossen Ölgemälden mit
sichtlicher Liebe behandelt. — Der zweite neue Kunstsalon
ist in der Viktoriastrasse 35 eröffnet worden. Seine Besitzer,
die Gebrüder Bruno und Paul Cassirer, scheinen die Ab-
sicht zu haben, das Berliner Publikum mit der ausländischen
modernen Kunst noch vertrauter zu machen, als es bisher
durch den Gurlitt'schen Salon und durch Keller & Reiner
geschehen ist. Sie haben mit einer Ausstellung von Werken
des Franzosen Degas und des Belgiers Meunier begonnen,
haben dann eine Sammlung von Radierungen von F. Rops
und von Bildern des Franzosen Raffaelli und des Schotten
Paterson folgen lassen, und gegenwärtig sieht man bei ihnen
eine Ausstellung von Bildern der holländischen Naturalisten
und Stimmungsmaler Israels, Breitner, J. und W. Maris,
Bosboom und Mauve. Da die Eigenart dieser Künstler
durch die letzten internationalen Kunstausstellungen in
Deutschland genügend bekannt geworden ist, dürfen wir auf
eine erneute Charakteristik ihrer Werke verzichten und uns
mit diesem Hinweis begnügen. v

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

0 Im Verein Berliner Künstler hat am 23. Januar die
Wahl eines neuen Vorstandes stattgefunden. Nachdem der
bisherige erste Vorsitzende, Prof. Ernst Körner, erklärt
hatte, eine Wiederwahl wegen der mit diesem Amte ver-
bundenen Arbeitslast nicht annehmen zu können, war Prof.
Anton von Werner, der früher schon viele Jahre den Vor-
sitz geführt hatte, von einer grossen Partei als Kandidat
aufgestellt worden. Bei der Wahl fielen denn auch auf ihn
von 270 abgegebenen Stimmen 168. Ein Gegenkandidat war
nicht aufgestellt worden. Die übrigen Stimmen fielen meist
auf Körner und Hoffacker. Zum zweiten Vorsitzenden wurde
 
Annotationen