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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Borrmann, R.: Ausstellung der Ergebnisse der orientalischen Forschungsreisen des Herrn Dr. F. Sarre im kgl. Kunstgewerbemuseum in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0161

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstrasse 15.

Neue Folge. X. Jahrgang. 1898/99. Nr. 20. 30. März.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thietne, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A, Rosenberg,
Berlin W., Heinrich Kiepertstrasse 84 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monatenjuli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von H a a s e n -
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

AUSSTELLUNG DER ERGEBNISSE DER ORIEN-
TALISCHEN FORSCHUNGSREISEN DES HERRN
Dr. F. SARRE IM KGL. KUNSTGEWERBEMUSEUM
IN BERLIN.

Im Königlichen Kunstgewerbemuseum in Berlin
ist zur Zeit eine den gesamten Lichthof füllende Aus-
stellung von Aufnahmen und Erwerbungen vorge-
führt, welche Dr. Friedrich Sarre auf seinen Reisen
in Kleinasien und Persien gesammelt hat. Hieran
schliessen sich von der Hand des Professors an der
Kgl- Technischen Hochschule zu Charlottenburg, Geh.
Rat E. Jacobsthal, Studien und Aufnahmen nach frühen
Seldschuken- und Osmanen-Bauten. Unsere Kennt-
nis der Baukunst unter den Völkern des Islam ist
zur Zeit noch so unvollständig und lückenhaft, ent-
behrt vor allem noch der Grundlage einer zuver-
lässigen Denkmälerstatistik, dass jede Bereicherung
auf diesem Gebiete dankbar zu begrüssen ist. Viel-
leicht aber haben weniger die Denkmäler selbst als
ihre Verzierung mit den Mitteln einer hochentwickelten
Keramik den Anlass zu ihrer Durchforschung ge-
geben. Dankt doch die Baukunst des Orients gerade
der Mitwirkung der Kunsttöpferei zum guten Teil
ihren schönsten und eigentümlichsten Schmuck. So
greifen jene Studien und Aufnahmen gleichzeitig tief
hinein in das Gebiet der orientalischen Keramik und
schaffen für diesen Kunstzweig und nebenbei auch
für die Entwicklung der ornamentalen Kunstformen
im allgemeinen durch die feste Datierung der archi-
tektonischen Monumente neue zuverlässige Grund-
lagen.

In demselben Masse wie schon die altorienta-
lische Baukunst Mesopotamiens bediente sich auch
die morgenländische Kunst des Mittelalters des Back-

steinbaues, ja es hat der Backstein der Architektur
des Islam und namentlich ihrem persischen Zweige
recht eigentlich das Gepräge verliehen. Bereits die
frühesten uns bekannten Monumente zeigen eine
scharf ausgeprägte Verzierungsweise, die man als
Ziegelornamentik bezeichnen kann. Die Technik
besteht darin, dass die Wandflächen unabhängig
vom Kernmauerwerke durch vielfältige geometrische
Muster aus hochkantig in den Putzgrund verlegten
Backsteinen verziert wurden. Bezeichnende Beispiele
hierfür liefern zwei von Prof. E. Jacobsthal in farbigen
Aufnahmen, mit allen Einzelheiten der Konstruktion
dargestellte polygonale Grabmonumente mit Pyra-
midendächern aus Nachtschewan im Kaukasusgebiet,
beide der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts an-
gehörend. Es ist diese Backsteinornamentik die charak-
teristische Dekoration zur Zeit der Seldschuken bis zur
mongolischen Invasion unter Dsingis Chan (um 1220).
Im 13. Jahrhundert verbindet sich das Ziegelornament
immer mehr mit dem Schmucke farbiger Glasuren
und mit geschnittenen Stuckverzierungen. Der Back-
steinbau erreicht seine höchste Ausbildung. Gleich-
zeitig treten zwei der orientalischen Kunst eigentüm-
liche Arten keramischen Schmucks in den Vordergrund:
die Fayencefliesen mit Goldlüster-Ornamenten und
das Mosaik aus geschnittenem glasierten Thon. Die
Wandverkleidungen durch Lüsterfliesen gehören
sicherlich zum edelsten, was die orientalische Kunst-
töpferei geschaffen hat. Die schwierige und schöne
Technik des Thonmosaiks besteht darin, dass Aus-
schnitte farbig glasierter Thonplatten zu Mustern in
den Wandputz verlegt wurden. Die frühesten Bei-
spiele dieser bald über das gesamte Gebiet des Islam
verbreiteten Technik hatte Sarre im Iahre 1895 in den
von ihm zuerst sachverständig behandelten Bauten
 
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