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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Schölermann, Wilhelm: Die Frühjahrs-Ausstellungen der Secession und des Künstlerhauses in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0186

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355

Die Frühjahrs-Ausstellungen der Secession und des Künstlerhauses in Wien.

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Unter den sonstigen Franzosen haben noch Bes-
nard, Rene Billotte, Jules Wengel, Raffaelä, Armand
Berton, Antoinette Vallgren, im Kunstgewerblichen
Alexander Charpentier, Frangois Carabin und Henri
Nocq ausgestellt. Fritz Thaulow ist mit drei Werken,
Peter Severin Kroyer mit seinem Selbstporträt vertreten,
wie er am „blauen" Meeresstrande seiner dänischen
Heimat in der Sonne sitzt und malt, im Flanellhemd
und weissen Hut; als Malerei eines der vollendetsten
Bilder der Ausstellung.

Sehr hervorragend sind einige schottische Stim-
mungslandschafter und devNicderYänder Albert Baertson
vertreten. Zu grösserer Tonqualität kann man es über-
haupt nicht bringen. Neben ihnen wirkt selbst Kß-hl
manchmal unzulänglich. Doch sind einige seiner
tüchtigsten Werke diesmal zur Ausstellung gekommen
(ein „Interieur mit grünem Koffer" und die „Augustus-
brücke in Dresden").

Unter den österreichischen Malern vermisst man
diesmal auffallend die Krakauer und Prager. Sollte
die „Sprachenfrage" schon in die Kunst eingedrungen
sein? — Die Wiener sind dafür diesmal um so besser
repräsentiert. Als ein neues, kräftiges und sehr ernstes
Talent tritt Ferdinand Audri auf. Seine farbigen Zeich-
nungen aus Qalizien sind unmittelbar dem Markt-
und Bauernleben entnommen und von überraschender
Sicherheit und Treue.

Neben ihm ist Emil Orlik durch eine ganze Serie
von feingetönten Pastellen von seiner letzten Studien-
reise aus Holland, England und Schottland vertreten.
Ausserdem durch eine Kollektion von lithographischen
Blättern, Ex-libris und anderes. Die Vielseitigkeit
Orlik's ist erstaunlich.

Engelhart offenbart in seiner Saalwandverkleidung
mit dem Adam und Eva-Kamin die stärkste Seite und
gleichzeitig die Grenzen seines Talents. Entwurf und
Ausführung sind vortrefflich durch die Ehrlichkeit
und Energie der Auffassung, welche in dem Material
denkt, in welchem sie schafft. Grosse, schwere Formen,
wuchtig mit einer bewussten Absicht, unbekümmert um
»die Schönheit", aber dafür um so eindringlicher in
der Hingabe an die Natur bis in ihre letzten Konse-
quenzen. Es giebt eine Schönheit der Wahrhaftigkeit,
die bei diesem Engelhart'schen Werk weit sicherer und
unaufdringlicher wirkt, als beispielsweise bei Kltmt
(„Die nackte Wahrheit«). Klimt ist ein Künstler von
feinem subjektiven Empfinden, der gar nicht wahr —
in diesem Sinne — zu sein nötig hat und es absolut
sein will. Engelhart findet vor der Natur sein Bestes;
er muss wahr sein. Und darum stösst uns seine
Wahrheit nicht ab. Was am Engelhart'schen Kamin
von Wert ist für das neue Kunstgewerbe, wird seine
Früchte tragen. Für die Handwerker lässt sich manche
Anregung daraus schöpfen in Hinsicht auf Holz- und
Metallbehandlung in „Stoff" und Farbe. Die Bild-

füllung über dem Kamin ist für Ausführung in Seiden-
stickerei gedacht.

Auf dem Gebiete der Wanddekoration haben
Architekt Josef Hof mann und Maler Moser Gutes ge-
leistet. Nach Hofmann's Entwürfen sind die Wand-
bekleidungen in allen Sälen auf Stoff gemalt, ein sehr
billiges Verfahren, das seinen Zweck für die Dauer
der Ausstellung vollkommen erfüllt. Jeder Raum ist
auf einen Ton gestimmt. Moser hat im Kunstgewerbe-
zimmer eine Wandverkleidung in drei Farben („Hor-
tensienlaube") und verschiedene für zwei Farben aus-
geführte Teppiche und Polsterbezüge mit Tier- und
Pflanzenmotiven („Forellenreigen«, „der Vogel Bülow",
„Klee") ausgestellt.

Zum erstenmal tritt ein junger Künstler, Ferdinand
Dorsch, mit einem Triptychon auf, welches Beachtung
verdient. Es ist betitelt „Ein deutsches Lied" und er-
innert in der Einteilung an ähnliche Motive von Dett-
mann, bleibt aber in Auffassung und Behandlung
selbständig. Bilder wie diese entspringen aus dem
unmittelbaren Volksuntergrund und es scheint mir ein
gutes, gesundes Zeichen unserer jungen Malerei, dass
sie heute in solche Bahnen einlenken kann, wo sie
aus der Eingebung schöpft, sich selbst giebt und dabei
wieder auf einem Boden Fuss fasst, der dem Ver-
ständnis der breiteren Schichten erreichbar ist.

Ein sehr gutes Bild hat Maximilian Lenz aus-
gestellt, betitelt „Eine Welt". Auf blumiger Wiese geht
ein Mann mit dem Blick „nach innen gekehrt". Um
ihn herum ein Reigen anmutiger Mädchengestalten —
in blauen Gewändern mit goldenen Reifen —, die ihn
tanzend und schwebend begleiten. Wer sich in die
Stimmung dieses Bildes versenkt, wird durch die reine
Anmut und den musikalischen Wohllaut desselben
reichlich belohnt sein.

Max Kurzweil bringt ein Porträt, worin ein kolo-
ristisches Problem kühn und interessant behandelt ist:
ein gelbes Kleid auf grossgeblättertem grünen Sofa-
bezug. Das Fleisch des Halses und der Arme wirkt
dadurch sehr blass, aber pikant.

Rudolf Bacher behandelt eine römische Legende
aus dem Leben des Petrus, der aus Rom vor dem
Märtyrertode fliehend, der Erscheinung Christi begegnet.

Gustav KUmt stellt eines seiner besten Bilder
(„Schubert") und eines seiner „schlimmsten" („die nackte
Wahrheit") aus; Carl Moll mehrere Kircheninterieurs
und eine gedeckte Tafel mit Blumen und Gläsern.
In den Beifall über diese Leistung kann ich nicht
einstimmen. Die Interieurs sind sehr farbig und tüchtig
in der Lichtbehandlung, doch überwiegt das Können
das Persönliche.

Otto Friedrich bringt ein Bild aus der „vierten
Galerie" der Wiener Hofoper bei der Aufführung von
Wagner's „Götterdämmerung". Man sieht die ver-
schiedenen typischen Gestalten, die nur noch mit den
 
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