Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

DOI Artikel:
Schölermann, Wilhelm: Die Frühjahrs-Ausstellungen der Secession und des Künstlerhauses in Wien
DOI Artikel:
Die Dresdener Cranach-Ausstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0187

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
357

Die Dresdener Cranach- Ausstellung.

358

inneren Sinnen leben und „ganz Ohr" sind. Die ganze
Stimmung ist charakteristisch erfasst.

Im ganzen ist diese IV. Ausstellung der Secession
wieder eine sehr erfreuliche und anerkennenswerte
Leistung. Dekorativ ganz hervorragend gut und der
Zahl nach (nur 213 Nummern) ganz hervorragend
klein, was nicht ihr geringster Vorzug ist gegen die
Frühjahrs - Ausstellung des Künstlerhauses mit ihren
600 Nummern. Viel, das muss man zugeben, ist in
letzter Zeit geschehen zur Verbesserung des Aus-
stellungswesens, sowohl was Geschmack wie Ein-
schränkung betrifft. Aber die grossen Jahresausstellun-
gen sind immer noch viel zu gross. Man kann ja
so leicht aus einer grossen Ausstellung mehrere kleine
machen, indem man einteilt und zusammenstellt, was
zusammengehört. Dieses Prinzip ist längst erprobt
und gut befunden worden. Nur muss man's eben
auch jedesmal anwenden und durchführen. Dann
werden solche Anhäufungen von Kunst per Quadrat-
meter künftig unmöglich sein.

Nur einen kurzen Rundgang, um aus der Fülle
des Mittelmässigen das Erwähnenswerte herauszu-
greifen. Zunächst die Plastik. Da ist eine kraftvolle,
interessante Beethoven-Maske von Carl Wolkk (Wien),
in Erz gegossen von Hans Frömml. Von Leonard
(Paris) eine sehr feine Bronzebüste des Marquis von
Lantenac, dessen langwallendes Haupthaar und faltige
Züge lebhaft an den Kopf des Malers Dieffenbach
erinnern.

Von F. M. Charpentier (Paris) ein „Schlafender
Riese" in Gips modelliert, der ein starkes Talent ver-
rät, während von der Gipsbüste in halber Figur des
Erzherzogs Eugen von Anton Brenek (Wien) das
Gleiche kaum behauptet werden kann.

Ein Raum ist für das Kunstgewerbe reserviert.
Möbel und Metallgefässe nach Entwürfen von H. E.
von Berlepsch- Valendas, ausgeführt von Buyten & Söhne
in Düsseldorf, Winhard in München und Bartelmess
in Nürnberg. Das Reliefholz (Xylektopom) kommt,
wenn es mit der nötigen „Diskretion" behandelt wird,
darin oft zu reizvoller Wirkung.

Dass die üblichen Porträts auf Bestellung nicht
fehlen, ist selbstverständlich. Sie zu nennen, hiesse
die Geduld des Lesers missbrauchen. Auch die Riesen-
bilder, wie die „Wallfahrt" von Vinlegra, oder die
wilde Schlacht im Teutoburger Walde („Furor teuto-
nicus") des Wieners PaulJoanowits sind „mehr grosse
Arbeit als nötig". Das letztere Bild ist übrigens
künstlerisch viel tüchtiger. Ein starkes malerisches
Empfinden und viel Können ist darin enthalten.

Hans Temple malte den „Korso in der Jubiläums-
Ausstellung" bei Lampionbeleuchtung in bläulicher
Dämmerung; recht amüsant durch allerlei „aktuelle"
Porträtköpfe, die sich in der Menge zeigen.

Von Arnold Böcklin ist ein alter Studienkopf

ausgestellt, eine Arbeit, die anziehend ist durch das
Geschick, mit welchem die Farben auf eine Art ge-
mischt sind, dass sie den „Galerieton" tizianischer
Bilder (namentlich das Rot) täuschend wiedergeben.
Dabei in Tempera gemalt. Böcklin hat in jungen
Jahren mehrfach solche Experimente gemacht.

Zwei plastische Arbeiten mögen noch erwähnt
sein, die über das Durchschnittsmass hinausgehen:
eine bemalte Marmorbüste („Gretchen") von Johannes
Schichtmeyer (Berlin) und ein Bronzerelief „Ophelia"
von Franz Seifert (Wien). Letzteres ist eine sehr
interessante Arbeit, voll psychologischer Vertiefung und
ernstem Studium.

Eine Reihe von englischen und schottischen Land-
schaftern ist vertreten. Auch Walter Crane, bei dem
man sich wundert, wie ein so bedeutender Künstler
so unbedeutende Bilder malen kann. Die deutschen
und österreichischen Maler sind diesmal recht wenig
hervorragend, auch bekannt genug, um sie ver-
schweigen zu können. Die Kritik muss in erster
Linie die jungen, frischen Keime ausfindig machen
und ihnen zur Entfaltung verhelfen. Wer schon „sicher"
in der Gunst sitzt, der braucht's nicht mehr. —

Ein solches junges Talent ist W. Hejda, dessen
dekorative Plastik zuerst auf der Jubiläums-Ausstellung
im Prater auffiel. Diesmal hat er eine ganz originelle
Arbeit in bemaltem Gips ausgestellt; ein Ritter, der
einen greulichen Lindwurm „gespiesst" hat. Die „Er-
lösung" nennt er das. Aus der Höhle des Drachens
kommen die erlösten Menschen hervor. Die Haupt-
sache ist die naive Auffassung und frische Gestaltungs-
kraft, die in Hejda steckt. Auf diese kann man grosse
Erwartungen setzen.

Jan Toorop hat seine malayische Liniensymbolik
in der „Sphinx" zu merkwürdiger Einheit gebracht.
Es ist reizvoll, den Spiralen und Wellenlinien nach-
zufühlen. Doch gehört viel Abstraktion dazu. Carl
Strathmann ist neben ihm mit einer ganzen Folge
von farbigen Blättern vertreten, die oft mehr ver-
sprechen, als sie halten. Ein tiefes Talent ist Strath-
mann nicht; manchmal kommen Anläufe, und dann
ist wieder alles platte Spielerei. Am meisten sagt mir
das „pflanzliche Phantasieren" zu, z. B. bei der
„Schlange des Paradieses". Da ist sehr viel freie An-
mut und Geschmack in der Anordnung. Für Aus-
führung in Seidenstickerei oder bunte Stoffapplikation
müssen sich diese Art Sachen ganz besonders gut ver-
werten lassen. w. SCHÖLERMANN.

DIE DRESDENER CRANACH-AUSSTELLUNG.
In dem Ecksaal, der auf der Internationalen Aus-
stellung vor zwei Jahren den Engländern eingeräumt
war, und im angrenzenden kleineren Zimmer hat Geh.
Rat Woermann aus aller Herren Länder fast alle
schönen und interessanten Gemälde Cranach's zu-
 
Annotationen