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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Polaczek, Ernst: Die Strassburger Gemäldegalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0201

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstrasse 15.

Neue Folge. X. Jahrgang. 1898/99. Nr. 25. 18. Mai.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thietne, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A. Rosenberg,
Berlin W., Heinrich Kiepertstrasse 84 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und unifasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditonen von Haas en-
stein 81 Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE STRASSBURGER GEMÄLDEGALERIE.

Schon in französischer Zeit hatte Strassburg eine
kleine Kunstsammlung besessen. Zwar war sie reicher
an grossen Namen, als an wirklich guten Bildern,
aber es bleibt doch sehr bedauerlich, dass auch sie,
wie die an Kostbarkeiten so reiche Bibliothek, bei der
Belagerung zu Grunde gegangen ist. Glücklicherweise
ermöglichte die sehr hoch bemessene Entschädigung,
die der Stadt aus Reichsmitteln dafür gewährt wurde, I
schon im Jahre 1889 die Begründung einer neuen
Galerie. Sie wurde zunächst in einem mässig grossen,
provisorisch hergerichteten Saale des kunstgeschicht-
lichen Institutes der Universität — wie es nicht anders
sein konnte, in ungünstiger Zusammendrängung —
untergebracht. Dort war sie, wie mancher Leser
dieses Blattes bestätigen wird, wohl dem engeren
Kreise der Kunsthistoriker sehr bequem zur Hand,
das grössere Publikum jedoch, das einheimische wie
das fremde, hatte nur geringe Kenntnis von den
Schätzen, die sich hier angesammelt hatten. Der Zu-
wachs der allerletzten Jahre fand ohnedies nur in
Depoträumen Platz.

In diesen Wochen erst ist alles, was die Stadt
Strassburg an Bildern und Skulpturen besitzt, in dem
alten, der Südfront des Münsters gegenüber gelegenen
Schlosse neu aufgestellt und der Allgemeinheit zu-
gänglich gemacht worden. Der Prunkbau, der nach
und nach alle städtischen Sammlungen aufnehmen
soll, ist in den Jahren 1728 bis 1741 als bischöfliche
Residenz entstanden. Kardinal Armand Gaston de
Rohan, der Vorgänger des Helden der Halsbandge-
schichte, war der Bauherr; der Entwurf der Gesamt-
anlage rührt wahrscheinlich von Robert de Cotte, dem
berühmten Schüler Jules Hardouin - Mansart's, her.

Die Strassburger Bischöfe blieben indessen nicht lange
Herren des Hauses. Die Revolution brachte es in
staatlichen Besitz, dann in den der Stadt. Diese bot
es im Jahre 1806 Napoleon an; ihm folgten, wie im
Besitze des Thrones, so auch in dem des Strassburger
Schlosses, die Bourbonen. Seit 1830 ist wieder die Stadt
Eigentümerin; aber der Besitz war ihr zumeist eine Last.
Die weiten Räume dienten den verschiedensten Zwecken.
Oben wohnten zeitweise die Bischöfe, in den Pracht-
sälen des Erdgeschosses fanden Ausstellungen und
Unterrichtskurse statt. Nach 1870 wurde Universität
und Bibliothek provisorisch hier untergebracht. In all
diesen Jahren, seit er seinem ursprünglichen Zwecke
entfremdet war, blieb der Bau ärgster Vernachlässigung
preisgegeben; zu der passiven Misshandlung kam zeit-
weiseeinesehraktive hinzu. Auch die Notwendigkeit, sich
rasch in dem neuen Besitze einzurichten, entschuldigt
nicht die Brutalität, mit der man bei der Herrichtung
der Räume für die Zwecke der Bibliothek vorging.

Die neue Bestimmung des Schlosses für Samm-
lungszwecke machte einen umfangreichen und kost-
spieligen Umbau der Innenräume notwendig. Im
Hauptgeschosse des Mitteltraktes, der unter zwei
parallel laufenden Dächern liegt, und in den kurz
vorgreifenden Seitenflügeln sollte das Kupferstich-
kabinet und die Gemäldegalerie untergebracht werden.
Es galt, ohne an die Aussen-Architektur zu rühren, aus
zwei Reihen von mässig hohen Wohngemächern Ober-
lichtsäle für die grossen Bilder, Kabinette mit Seitenlicht
für die kleineren Bilder zu schaffen und den fast
lichtlosen Korridor, der sie trennte, zur Ausstellung
von Kupferstichen u. dgl. geeignet zu machen. Dazu
war vor allem teils die Beseitigung, teils die Ver-
rückung verschiedener Innenmauern notwendig^ Das
Höhenausmass für die Oberlichtsäle wurde erreicht
 
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