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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Gensel, Walther: Die Pariser Salons
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0225

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.

HERAUSGEBER:

ULRICH THIEME und RICHARD GRAUL

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstrasse 15.

Neue Folge. X. Jahrgang. 1898/99. Nr. 28. 15. Juni.

Redaktionelle Zuschriften nimmt ausser Herrn Dr. U. Thieme, Leipzig, Erdmannstr. 17 auch Herr Dr. A, Rosenberg;
Berlin W., Heinrich Kiepertstrasse 84 entgegen.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende
Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. - Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Hansen-
Stein 81 Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE PARISER SALONS.

Die Eröffnung der Salons hat in der herkömm-
lichen Weise stattgefunden, durch den Besuch des
Präsidenten am 29. April und den Vernissagetag am
30. April. Der Andrang zu dem letzteren, der ja
seine ursprüngliche Bedeutung völlig verloren hat,
war diesmal ganz besonders gross, und auch sonst
lässt der materielle Erfolg bis jetzt nichts zu wünschen
übrig. Der Gesamteindruck ist nicht besser und
nicht schlechter als sonst: sehr viele tüchtige und
achtbare Leistungen, aber wenig Werke, die einen
wirklich tiefen Eindruck hinterlassen, und auch wenig
völlig Neues. Die grossen Revolutionen auf dem
Gebiete der Kunst haben seit langem abseits von den
offiziellen Ausstellungen stattgefunden.

Unter den grossen dekorativen Malereien erscheint
mir Henri Martin's Serenite (A)') als die bedeutendste.
Der Künstler hat seine koloristischen Vorzüge be-
wahrt und ringt sich immer mehr zu einem wirklich
monumentalen Stile durch. Weniger geglückt ist
/. P. Laurens' Plafond „Toulouse gegen Simon von
Montfort" (A). Diese Mischung von Allegorie und
Geschichte hat für uns etwas Befremdendes. Boutet
de Monvel's „Empfang der Jeanne d'Arc in Chinon"
(N) ist überreich an schönen Einzelheiten, kommt
aber als Ganzes doch nicht recht über die Wirkung einer
stark vergrösserten Miniatur hinaus. Maurice Denis
hat dekorative Malereien für eine Kapelle geschaffen
(N), die von einer edlen und tiefen Auffassung zeugen,
aber, besonders in der Zeichnung, zuviel Ungeschick-
tes enthalten, um völlig befriedigen zu können.
Anquetin ringt in seiner „Reiterschlacht" (N) mit dem

,) A = Societe des Artistes francais.
N = Societe Nationale des Beaux-Arts.

Schatten Michelangelo's, erinnert aber in der Wirkung
viel mehr an Giulio Romano oder gar an Wiertz. Sehr
reizvoll sind die Malereien von Besnard für ein Ar-
beits- und ein Speisezimmer („Die Ideen", „Träumerei"
und „Gedanke", „Der Tag", „Blumen" und „Früchte")
(N). Besnard ist kein grosser Monumentalmaler, aber
ein Dekorateur ohnegleichen. Recht wirksam ist
endlich auch Rpll's „Erinnerung an die Grundstein-
legung des Pont Alexandre III" (N).

Unter den biblischen Malereien sind die Tripty-
chen „Maria Magdalena" von Humbert(A) und „Eden"
von Levy-Dhurmer (N) hervorzuheben; das letztere
enthält grosse koloristische Feinheiten. An Tiefe des
Ausdrucks und religiösem Gefühl steht der „Mann
der Schmerzen" (nach Jesaias 53) von Burnand (N)
hoch über ihnen.

Unter den Malern des Volkes steht auch dieses
Jahr wieder Charles Cotiet obenan (N), der nach dem
grossen und allgemeinen Erfolge seines „Abschieds"
vom Vorjahre durchaus nicht ausgeruht hat. Besonders
in der Zeichnung hat er entschiedene Fortschritte ge-
macht. Über sein Hauptbild, die „Totenwache bei
einer Kindesleiche", sind die Meinungen allerdings
geteilt, die meisten finden es zu brutal, zu unbarm-
herzig wahr. Aber die Kraft des Kolorits und die
Tiefe des Ausdrucks kann ihm niemand abstreiten.
Auch der „Ringkampf im Finistere" seines Freundes
Simon muss dagegen zurücktreten. Wery (A) hat
nach dem ernsten Bilde, mit dem er im Vorjahre mit
einem Schlage die allgemeine Aufmerksamkeit auf
sich zog, einen heiteren Stoff, „Rückkehr von der
Schule", gewählt. Auch er ist im rüstigen Fortschreiten
begriffen. Ausserdem seien Guinier, Royer, Sabatte,
Beronneau, der Spanier Sorolla y Bastida (A), Vail,
Evenepoel (N) und besonders der Engländer Bartlett
 
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