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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Redlich, Paul: Simon von Aschaffenburg: (zur Cranach-Ausstellung in Dresden)
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0227

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437

Simon von Aschaffenburg.

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Niedermayer's Veröffentlichung und namentlich seit
Janitschek's Geschichte der Malerei auf ein und die-
selbe Person zu beziehen geneigt war, bis in aller-
neuester Zeit Bedenken dagegen erhoben worden sind.
Man hegt nun die Hoffnung, die Dresdener Cranach-
Ausstellung, die gerade auf die Herbeibringung der
dem Pseudogrünewald zugeschriebenen Werke Wert
gelegt hat, werde dazu beitragen, die Pseudogrünewald-
Frage ihrer Lösung entgegenzuführen.

Da muss es denn dem Kunsthistoriker erwünscht
sein, wenn ihm die archivalische Forschung zu Hülfe
kommt und wenigstens über Simon von Aschaffen-
burg einige Nachrichten aus den Akten beizubringen
in der Lage ist. Denn die seiner Zeit von Nieder-
mayer in eben diesen Blättern (Band XVII, Sp. 129)
veröffentlichten Notizen lassen sich um einige weitere
vermehren. Ich hätte gern wenigstens noch während
der Dauer der Cranach-Ausstellung eine Untersuchung
veröffentlicht, in der ich unter anderem auch die
Findlinge über Meister Simon bringe: eine Arbeit
über den „Kardinal Albrecht von Brandenburg und
das Neue Stift zu Halle, 1520—41«, (Verlag: Franz
Kirchheim, Mainz), doch ist bei dem beträchtlichen
Umfange des Werkes die Drucklegung, die im März
begonnen hat, bis zum September leider nicht mög-
lich. Ich möchte daher jetzt wenigstens die Haupt-
ergebnisse meiner Nachforschungen über Simon von
Aschaffenburg hier veröffentlichen, damit sie von der
Cranach-Forschung eventuell noch während der Aus-
stellung verwertet werden können, während ich für
die Einzelheiten und die genaueren Nachweise natür-
lich auf mein im Druck befindliches Buch verweisen
muss.

Meister Simon, der Maler, erscheint in den Akten
der ehemaligen Archive des Mainzer und des Magde-
burger Erzstifts zuerst im Jahre 1531 für den Kardinal
Albrecht, den Erzbischof von Mainz und Magdeburg,
thätig, was jedoch eine selbst um vieles frühere Be-
schäftigung des Meisters durch eben diesen Kirchen-
fürsten nicht ausschliessen würde, da uns auch über
die von Dürer, Cranach, Grünewald, Baidung, Peter
Vischer und anderen Künstlern für den Kardinal ge-
schaffenen Werke nur in ganz vereinzelten Fällen ur-
kundliche Nachrichten erhalten sind. Im Januar 1546
ist Simon noch am Leben und hält sich in Aschaffen-
burg auf, nach den beiden von Niedermayer veröffent-
lichten Notizen aber, die einer, allem Anschein nach
im Jahre 1550 zusammengestellten Rechnung ent-
nommen sind, wird bereits mit seiner Witwe ver-
handelt: sein Tod fällt demnach in die Jahre 1546-50.
Den letzterwähnten Nachrichten zufolge war Simon
in den letzten Lebensjahren des Kardinals (f 1545)
beim neuen Bau zu Aschaffenburg beschäftigt, worunter
wohl das Beguinenhaus mit der Grabeskirche (jetzt
Ruine) im Tiergarten (jetzt „Schönethal") zu verstehen

ist. Welche Arbeiten dem Meister hier oblagen, er-
fahren wir leider nicht.1)

In den 1530er Jahren finden wir den Meister
Simon dagegen in Halle thätig, wo Kardinal Albrecht
damals gerade zumeist residierte. So fragt der letztere
einmal (im Mai 1532) an, ob Meister Simon in einem
dem Kardinal gehörigen Hause zu Halle „mit der
Arbeit fertig" sei, ohne dass wir jedoch auch hier die
Art der Arbeit kennen lernen, und mehrmals hat der
Maler Zeichnungen („Visierungen") zur Täfelung von
Zimmern auf der Moritzburg zu Halle zu entwerfen.
Zuletzt hören wir hiervon in einem an den Erzbischof
gerichteten Berichte, der leider kein Datum trägt, aller
Wahrscheinlichkeit nach aber in der zweiten Hälfte
der 30er Jahre und spätestens im Herbst 1538 abge-
fasst ist.

Die wichtigste Notiz aber stammt aus dem An-
fang des Jahres 1531. Da befiehlt Kardinal Albrecht
unter anderem: „Die apostelnn mit sampt den junck-
frawen und andern patronen, so itzund meister Simon
machet", die sollen in eine bestimmte Stube der Moritz-
burg gehängt werden. Wir haben demnach hier ein
transportables Gemälde, also ein Tafelgemälde Meister
Simons. Es steht somit fest, dass Simon nicht nur
Handwerker, sondern Künstler war. Was die ange-
führte Darstellung anlangt, so habe ich in meiner
ausführlicheren Arbeit nachgewiesen, dass die männ-
lichen und weiblichen Heiligen, welche auf den zu-
sammengehörigen und von derselben Hand herrühren-
den2) sechs Altarflügeln der Aschaffenburger Galerie
(Nr. 262, 266, 286, 287, 295, 296) dargestellt sind,
sämtlich entweder Patrone der Stiftskirche zu Halle
sind oder sonst vom Kardinal als seine Patrone be-
zeichnet werden. Da die zu diesen Flügeln gehörige
Hauptdarstellung jedoch fehlt, wird sich freilich nicht
behaupten lassen, dass die Aschaffenburger Altarflügel
von jenem Gemälde, das Meister Simon im Jahre 1531
schuf, herrühren, doch sei auf diese Möglichkeit
wenigstens hingedeutet, die allerdings meines Erachtens
dann zur Gewissheit werden würde, wenn sich ein
Mittelbild von der Höhe der Flügel von derselben
Hand fände, das eine Darstellung von Aposteln —
Einzelfiguren oder scenische Anordnung, etwa eine
Scheidung der Apostel — enthielte, oder auch dann,
wenn etwa zwei den Aschaffenburger Tafeln gleichende
Flügel mit Apostelfiguren nachgewiesen würden.

Eines aber möchte ich noch hervorheben: in

1) Das Wort „Pension", das in der einen dieser Notizen
vorkommt, auf ein Hofmalergehalt zu deuten (Niedermayer),
geht natürlich nicht an, da es ausdrücklich im Gegensatz
zu „Hauptsumma" = Kapital steht, es bedeutet also „Zinsen".

2) Auch diese Anschauung habe ich gegen die Aus-
führungen v. Terey's (Kardinal Albrecht von Brandenburg
und das Hallesche Heiligtumsbuch von 1520, Seite 10g f.) in
meiner eingangs erwähnten Arbeit näher begründet.
 
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