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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0071

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125

Vermischtes.

126

stattet der beschränkte Raum nur ein kurzes Eingehen auf
sie, aber es bedeutet schon viel, wenn man sagt, dass
Hofrat Paulus hier bereits gezeigt hat, wie sehr die auf
sein Erscheinen gegründeten Hoffnungen berechtigt waren.
Natürlich verdiente nicht alles, was da zu sehen war, Bei-
fall. Vogei's Doppelporträt der beiden Akademiepräsi-
denten Ende und Becker beispielsweise erscheint trotz der
höchst malerischen, purpurroten Amtstracht — sie ähnelt
derjenigen der Dogen von Venedig — höchst unmalerisch
und steif, was um so unangenehmer auffällt, als es eben
durch das Kostüm schon und durch seine Grösse recht
anspruchsvoll wirkt. Aber für viel Schlimmeres, selbst
für die geradezu traurigen plastischen Machwerke von Max
Klein, kann ein einziges Bild, wie Me'nard's ►Parisurteil'
entschädigen. Hier ist eine Geschlossenheit und Abrun-
dung, welche die Arbeit zu einem Kunstwerk ersten Ranges
erhebt! In der Farbe ebenso reizvoll, wie durch die grosse
Auffassung der Landschaft, ist es ausgezeichnet durch eine
Meisterschaft in der Komposition, die bewirkt, dass man
das Gefühl hat, ohne die Figuren wäre auch die Land-
schaft nicht zu denken. — Rühmend zu erwähnen sind
Abel TruchePs Interieur, wie das andere von Brennte, bei
dem die durch das Klavierlicht unterbrochene Dämmerung
meisterhaft gemalt ist, und nicht weniger die musizierenden
Damen. Auch Hubert Herko/ner's prunkvolles Emaille-
Prunkschild ist in seiner Art eine Meisterleistung, nicht
weniger sein mit Eniaillefarben gemaltes Selbstporträt.
Baudouin's Strasse von Doboka in Ungarn«, sein »Abend
auf der Weide« sind in der Gesamtstimmung ganz vor-
trefflich. Das gleiche gilt von den warmempfundenen Bil-
dern von Le Gout-Ge'rard, der seine Motive hauptsächlich
in der Bretagne sucht, in der Nähe des Meeres oder an
seinem Gestade, wo die Lufttöne weicher zusammenfliessen
und oft kräftige Farben sich finden. — Aman-Jenn und
Briundeon sind gut vertreten, Rosset-Granger bietet eine
ausgezeichnete Studie in rot, Hitchcock ein leuchtendes
Hyacinthenfeld. Griveau's Interieurs, die an die alten
Holländer erinnern, sind viel ansprechender als sein »ver-
lassenes Haus und seine Bucht von Kerellec«, die alte
Töne aufweisen. Eine wahre Perle aber bietet uns ein
Deutscher, Gustnv Sehönleber, in seinen Fischerbooten«,
einem älteren Bilde, das in der feinen Farbenabwägung, im
sonnigen, silbernen Gesamtton, in seiner zarten Empfindung
und doch auch in seiner Frische und Kraft seinesgleichen
sucht. — Ausser diesem Gemälde fesselt ganz besonders noch
die umfangreiche Sonderausstellung Eugene Burnand's.
Seine Alpenlandschaft wirkt in der Grösse der Auffassung
fast wie die Natur selbst auf den Beschauer, und nicht
weniger bedeutend erscheint der Maler in den lebensvollen
Porträts seines Sohnes und seiner Mutter. Seine religiösen
Bilder entbehren nicht einer gewissen packenden Kraft,
insbesondere Petrus und Johannes eilen zum Grabe am
Morgen der Auferstehung ! Wie die beiden Dahinstür-
menden der frische Morgenwind umweht, wie ihr Blick
in die Ferne gerichtet ist, als könnten sie die ersehnte
Gewissheit nicht früh genug erlangen, die Morgenstim-
mung, die kräftige Beleuchtung über der Landschaft -
alles das ist ausserordentlich reizvoll und schlagend. Sein

Mann der Schmerzen dagegen ist allzusehr das, was
dieser Titel besagt, dies Dulderhaupt ist unter der Last der
Leiden ergebungsvoll und schmerzentstellt geneigt, aber
man vermisst das, was den Beschauer erheben würde, das
Erhabene, Grosse in diesen Zügen! — Ein vortreffliches
Bild ist übrigens auch das kleine Mein Haus und dann

Die weisse Kuh , die auf einer sonnenbeschienenen Weide
steht. - Neuerdings erschien bei Schulte noch ein Por-
trätist von scharf charakterisierender Begabung und feinem
malerischen Empfinden, der Schotte John Lavety, der in

seinen Damenbildnissen mit geringen Mitteln grosse Wir-
kungen erzielt, und durch Einfachheit und Vornehmheit
der Auffassung auf das angenehmste auffällt. — Die dem
schottischen Hochlande entnommenen Landschaften von
Whitelaw Hnmilton waren ebenfalls höchst beachtenswert;
jedenfalls verschwand, was sonst zu gleicher Zeit an Land-
schaften dort auftauchte, ihnen gegenüber völlig. Bei
den dilettantisch wirkenden Bildern des Dänen Peter Mön-
stedt ist dieses Verschwinden übrigens im höchsten Grade
angenehm. PAUL WARNCKE.

VERMISCHTES

Bremen. Am 15. November wurde auf dem Domhof
der von Professor R. Maison modellierte, nach seinem
Stifter benannte > Teichmann-Brunnen enthüllt. -u-

Berlin. Am Humboldtshain ist neben der Himmelfahrts-
kirche die Aufstellung eines Springbrunnens geplant, wofür
20000 M. in den städtischen Etat eingesetzt sind. -u-

Eine Statue in Höhe von 3537 Metern.' Seit Beginn
des August befindet sich ein Standbild der Madonna della
neve auf dem 3537 111 hohen Gipfel des Roccia Melone
oberhalb Susa (bei Turin) und stellt also wohl das höchst
gelegene Standbild auf der Erde dar. Die Idee, es an
dieser Stelle zu errichten, ging von Prof. Ghinardi aus, die
Kosten sind durch Sammlungen unter Kindern aufgebracht,
die etwa 150000 Beiträge ergeben haben. Die Ausführung
der Statue übernahm der Bildhauer Stuardi, den Guss die
Anstalt von Stenda & Co. in Mailand. Am schwierigsten
war natürlich der Transport der- 3 m hohen, 600 Kilo
wiegenden in 8 Teile zerlegten Statue und des 800 Kilo
wiegenden, in 32 Teile zerlegten Sockels auf den vereisten
und beschneiten Gipfel. Er geschah durch 40 Alpini und
20 Pioniere der Garnison Susa. Die mitgenommenen
Maurer und Werkleute, welche sofort mit der Aufmauerung
des Postaments begannen, mussten in einer in der Nähe
gelegenen Schutzhütte übernachten. Der Sockel der Statue
trägt eine lateinische von Leo XIII. verfasste Inschrift.

Florenz. Im Palazzo reale, wo man vor wenigen Jah-
ren in einem Vorzimmer die herrliche Pallas Botticelli's
fand, glaubt man jetzt ein Madonnenbild desselben Meisters
endeckt zu haben. Es ist ein Tondo in Originalrahmen
und stellt die Madonna dar, welche das Kind anbetet.
Der Vorgang spielt auf blumiger Wiese, blühende und
knospende Rosen füllen den Hintergrund aus. Maria ist
in die Knie gesunken und blickt mit betend erhobenen
Händen auf den Christusknaben, welcher verlangend nach
der Mutter beide Ärmchen emporstreckt. Zwei Engel
haben ihn in einem Tuche ein wenig emporgehoben, zwei
andere Engel werden hinter der Maria sichtbar. Der Aus-
druck der Madonna ist ernst und innig, die Engel vor ihr
erinnern an das Tondo in den Uffizien mit dem schwer-
mütig segnenden Kinde. Die Zeichnung der schlanken
Hände ist sehr lebendig, die Faltengebung ist ganz cha-
rakteristisch für den Schüler des Fra Filippo Lippi. Aber
das Bild hat sehr gelitten, das Kind und der hässliehe
Engel rechts scheinen besonders stark übermalt. Hat
Botticelli dieses Tondo eigenhändig ausgeführt? Gewiss
nicht, aber wir haben hier ein interessantes Werkstattbild
i aus späterer Zeit vor uns, welches etwa gleichzeitig mit
der Geburt v. J. 1500 in der Londoner Nationalgalerie ent-
standen ist und für welches niemand anders als der
Meister selbst die Zeichnung geliefert haben wird.

E. ST.
 
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