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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Über zwei Gemälde im Stadtschloß bezw. auf der Veste Coburg
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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Professor Dr. Max Gg. Zimmermann

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Qartenstrasse 15

Neue Folge. XI. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 11. 11. Januar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der Zeitschrift für bildende
Kunst erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasen-
slein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

ÜBER ZWEI GEMÄLDE IM STADTSCHLOSS
BEZW. AUF DER VESTE COBURG

Rossmann machte im Repertorium für Kunst-
wissenschaft 1876 (I), S. 55f darauf aufmerksam, dass
zwei Brustbildnisse, auf der Veste Coburg (jetzt im
Erkerzimmer der Kupferstichsammlung), welche früher
als diejenigen Albrechts des Beherzten (Stifters der
Sächsich - Albertinischen Linie) und seines Sohnes
Heinrich des Frommen gegolten hatten, in Wahrheit
die Bildnisse des Kurfürsten Friedrich des Weisen und
Johann des Beständigen seien. Die beiden Brüder
seien in anbetender Haltung dargestellt, wohl Flügel-
bilder eines Altars, dessen Mittelbild vermutlich die von
ihnen verehrte Jungfrau Maria darstellte. Die Rückseiten
der Bildnisse enthielten biblische Darstellungen; die
Bildnisse seien wohl nach Einführung der Reformation
herausgeschnitten worden.

Alle diese Bemerkungen sind durchaus treffend.
Es sei gestattet, einiges auf Grund eigener Besichtigung
hinzuzufügen. Jede Tafel ist 49 ein breit, 64 cm
hoch. Die Bildnisse sind unverkennbar, auch ver-
hältnismässig gut erhalten. Die Zeit der Porträtierung
dürfte um oder nicht lange Zeit nach 1510 fallen.
Friedrich trägt eine Golddrahthaube, einen dunklen
Rock, der an Brust und Ärmeln gepufft und geschlitzt,
in den Teilungen und Schlitzfüllungen mit Goldstoff
besetzt ist, ferner einen pelzbesetzten Mantel mit Pelz-
kragen, am linken Zeigefinger und rechten vierten
Finger der betend aneinander gelegten Hände Ringe.
Er ist mit dem Gesicht nach links gewendet. Der
nach rechts gewendete Johann, ohne Kopfbedeckung,
mit lockigem Haar, trägt einen schwarzen, gepufften
und geschlitzten Rock, der mit vielen Schleifchen aus
Goldfäden und Perlen besetzt ist; um den Hals
einen goldenen Reifen, der durch fünf auf diese Weise
befestigte Siegelringe gesteckt ist, Ringe auch am
zweiten und vierten rechten Finger der betend zu-
sammengelegten Hände. Beide Brüder tragen noch
die krausen, unter dem Kinn ringsherum gehenden
Bärte, während das übrige Gesicht glatt rasiert ist
(nicht die Schnurrbärte, wie später). Die Gemälde

zeigen trotz mancher Beschädigung und Übermalung
das unverkennbare Gepräge des älteren Cranach.
Dieses verrät die Technik, die Zeichnung der Augen,
die Schattenniodellierungen um Auge, Nase und Mund,
die Pinselführung an den Haaren, die Wiedergabe
des Stofflichen. (Übermalt sind namentlich die Haare
bei Friedrich mit dickeren Strichen, bei Johann in
der ganzen Fläche, sowie die knochenlos gewordenen
Hände und die Hintergründe.) Die Gemälde ge-
hörten zu den besseren, eigenhändigen des älteren
Cranach. Von dessen innerlicher und geistvoller Er-
fassung der Persönlichkeiten zeugen der bereits etwas
kränklicheAusdruckinFriedrich's Zügen,das, ich möchte
sagen Schweratmige um seine Mundpartie, das sich
auf späteren Bildnissen des Kurfürsten steigert; bei
Johann das tiefe, fast wehmütige und dabei wie ver-
haltene Feuer in den Augen andeutende Wesen, bei
beiden Brüdern die kennzeichnende Lippenbildung
der Ernestinen Das Bildnis Friedrichs des Weisen
ist in Bezug auf Stellung und Kleidung dem aus-
gezeichnet schönen und zweifellosCranach'schen Bildnis
desselben Fürsten im Besitz des Prinzen Georg zu
Sachsen verwandt.1) Auf den Rückseiten der Tafeln
lassen sich die Unterteile je zweier (etwas unter den
Knien anfangender) gemalter fast lebensgrosser Heiligen-
figuren in ziemlich schlechtem, schon früher vernach-
lässigtem Zustande erkennen. Auf der Rückseite von
Kurfürst Friedrich's Bildnis zeigt sich ein Mann mit
grünem Rock und rotem, nur etwas über die Knie
reichendem Mantel, mit weissen Strümpfen, die aber
unten die Füsse freilassen, und ein Stock; der dar-
gestellte Heilige war also der wandernde Jacobus der
Aeltere. Neben ihm ist eine Figur durch den unteren
Teil eines Andreaskreuzes als der Apostel gekennzeichnet,
dessen Martertod diesem Kreuz den Namen gab. Auf
der Rückseite der Tafel mit Johann des Beständigen
Bild ist der Unterteil eines Mannes in langem, gelben
Mantel und mit einer Säge, also des Apostels Simon

1) Dresdner Cranacli-Ausstellung 1809, Verzeichnis von
K. Woermann No. 74, mit Abbildungen und Litteratur-
Angabe.
 
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