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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Valentin, Veit: Eduard von Steinle's Briefwechsel mit seinen Freunden, [2]: ein Beitrag zur Charakteristik Steinle's
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0105

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Professor Dr. Max Go. Zimmermann

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Gartenstrasse 15

Neue Folge. xi. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 13. 25. Januar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und uinfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

EDUARD VON STEINLE'S BRIEFWECHSEL MIT
SEINEN FREUNDEN
Ein Beitrag zur Charakteristik Steinle's
von Veit Valentin
(Schluss.)

Am 24. August 1837 schreibt Steinle von Wien
aus, wo er damals noch ohne jede grössere Bethätigung
seiner Kunst lebte, es gehöre zu einem seiner »ersten
und gewiss auch angenehmsten Geschäfte« sich mit
dem Auftraggeber über die Ausschmückung der Ka-
pelle zu besprechen. Er wünscht, den Ideen Bethmann-
Hollwegs, die wie er »aus dem Baue der Kapelle
selber entnehmen muss, echter Kunst gewiss nicht
entgegenlaufen, zu begegnen« (I, 349). Bethmann-
Hollweg erwidert, dass er mit der Ausschmückung
der Kapelle nur einem mit seiner ganzen Entwicklung
verwachsenen Kunsttrieb folge, und betont, dass ihn
zu dem Künstler »nur verwandte Geistesrichtung«
geführt habe (S. 352). Steinle schreibt (26. Okt. 1837:
S. 355) hierauf, nachdem sie im ganzen über die
Idee einig seien, käme es nun noch darauf an,
dies auch im einzelnen zu werden, »worüber ich
aber um so unbesorgter bin, als ich wohl aus Ihren
gütigen Zeilen erkennen konnte, mit welcher Liebe,
mit welchem Eingehen auf die rechte Weise, in der
ein solches Werk gefördert werden soll, Ew. Hoch-
wohlgeboren sich aussprechen. Ich gestehe es frei,
es musste dies mich um so mehr freuen, als ich
glaube, dass jeder Künstler in unsern Tagen, wenn
ihm solches begegnet, von Glück sagen kann.« Bis
zum Eingehen einer Antwort will er »recht con amore
zu den Plänen selber Hand ans Werk legen« (S. 357).
Dieses »con amore« erläutert recht eigenartigderHerzens-
erguss an Clemens Brentano am 14. Jan. 1838(11,8.13):
»In diesen Tagen sende ich an Hollweg die Pläne
und Überschläge - wobei ich wohl sagen kann:
»D' Suppen treibt mi her« —, indessen sind es geist-
liche Gegenstände mit einer katholischen Auffassung,
an der er sich, wenn er Lust hat, alle Zähne aus-
beissen mag, herunterbeissen soll er mir nichts. Die
Bilder mögen ihm sagen, wie es not thäte, den Kölner

Erzbischof hinkommen zu lassen und die Kapelle
völlig sauber zu machen. Dass es mir dort wohl
werden könnte, daran habe ich nie gedacht«. Diese
Versicherung hat Steinle nicht gehindert, auf die
Wünsche des Bestellers doch kluger Weise zum Teil
einzugehen, wie auf die Wahl des die Gesetzestafeln
zerschlagenden Moses als Symbol für den Hunger
und den Durst nach Gerechtigkeit. Dabei ist aber
Bethmann-Hollweg der Überzeugung, »dass der Künstler
in der Auffassung des Gegenstandes innerlich frei
und poetisch« bei der Erfindung gewesen sei —
von der hier vorausgesetzten innerlichen Freiheit ist
allerdings bei Steinle nichts zu finden. Aber der
Besitzer Rheinecks fühlt von der Notwendigkeit, den
Kölner Erzbischof seine Kapelle vom Protestantismus
»säubern« zu lassen, nichts heraus: er sieht nur Ent-
würfe, die seine »Erwartung von künstlerischer, von
poetischer Leistung« weit übertreffen. In seinem
Entzücken ruft er aus: »Lieber, teurer Mann, dabei
hat Ihnen eine höhere Macht sichtlich beigestanden«.
Er lässt diese Begeisterung dadurch praktisch werden,
dass er freiwillig an Stelle des geforderten Honorars
von 7740 Gulden den Betrag von 6000 Reichsthalem
(ungefähr 8756 Gulden) setzt. Diese Liberalität
schützt ihn nicht vor einer Anmerkung des Heraus-
gebers, auf dem Briefe Steinle's an Bethmann mit des
Künstlers Berechnung finde sich zuerst die Summe
von 9000 Thalern in Gulden umgerechnet, so dass
anzunehmen ist, B. habe sich selbst auf eine Ausgabe
von 9000 Reichsthalem vorbereitet gehabt«. Diese
Schlussfolgerung steht auf sehr schwachen Füssen:
wäre sie aber auch richtig, so wird dadurch die
Noblesse des Bestellers in keiner Weise beeinträchtigt,
und sie hätte ihn vor dem in dieser Bemerkung un-
ausgesprochen enthaltenen Vorwurf sichern müssen,
als habe er trotz der Erhöhung des Honorars um
1000 Gulden, den siebenten Teil des Geforderten,
das wirklich Entsprechende nicht geleistet, wie er es
doch hätte thun müssen. Steinle hat selbst keines-
wegs so gedacht: er nimmt am 15. Februar 1838
(S. 364) die »grossmütige Erhöhung des Honorars
dankbar« an. Er kann aber auch die grosse Freude
 
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