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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Amelung, Walther: Ausgrabungen auf dem Forum Romanum, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0129

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Professor Dr. Max Gg. Zimmermann

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Gartenstrasse 15

Neue Folge. XI. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 16. 22. Februar.

Die Kunstclironik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von h aasen -
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

AUSGRABUNGEN AUF DEM FORUM ROMANUM
von Walther Ameluno.
(Schluss.)

Jetzt wenden wir uns auf der andern Seite der
Strasse zu den Überresten des Cäsar-Tempels, von
dessen schöner Architektur sich jetzt auch zahlreiche
Reste gefunden haben, die sich durch eine sehr
delikate und fein ausgearbeitete Ornamentik auszeichnen.
Sonst sind wir auf den Mauerkern angewiesen, der
uns nur eine ungefähre Vorstellung von dem Grund-
riss, vor allem von der sehr eigentümlichen, vor der
Front des Tempels liegenden Rednerbühne (Rostra ad
Divi Julii) giebt, an deren Stelle schon Cäsar selbst
eine solche erbaut hatte, von der aus M. Antonius das
römische Volk zur Rache an den Mördern des Cäsar
entflammte. Sie hat nicht, wie man erwarten sollte,
eine gerade Front gehabt, sondern in der Mitte eine
halbkreisförmige Nische, die man erst in später Zeit
durch eine schlechte Mauer geschlossen hat. Inner-
halb dieser Nische ist nun ein rundes Fundament zu
Tage gekommen, das aller Wahrscheinlichkeit nach
einen Altar getragen hat. Diese Vorderwand mit
ihrer Nische und dem Altar davor muss architektonisch
sehr eigenartig gewirkt haben; aus so früher Zeit
dürfte es keine weitere Parallele für eine ähnliche
Durchbrechung der Frontfläche geben, während sich
in der Architektur der hadrianischen Zeit derartige,
an Erfindungen des Barock erinnernde Motive in
Fülle finden.

Unter dieser runden Basis hat man ein eingestürztes
Gewölbe gefunden. Der verführerischen Annahme,
dass hier, unter seinem Altar, die Asche Cäsar's bei-
gesetzt gewesen sei, an dem Ort, an dem das erregte
Volk seinen Leichnam verbrannt hatte, widerspricht
die bestimmte Überlieferung, dass seine Überreste in
dem Erbbegräbnis der Familie auf dem Marsfeld bei-
gesetzt worden seien. Und so wird man in jenem
Gewölbe vielleicht nur den Teil einer Kloake zu
erkennen haben, eines Seitenarmes der Cloaca
maxima.

Jenseits der Via sacra nach Osten zu ragte bis

vor kurzem eine hohe Böschung empor, die alles
Weitere den Blicken verbarg. Man konnte mit Be-
stimmtheit sagen: Hier hat die Basilica Aemilia ge-
legen, jenes Gebäude, das zunächst von den Censoren
Fulvius und Aemilius erbaut, dann von L. Aemilius
Paulus umgebaut und endlich nach einem gewaltigen
Brandevon Augustuswieder hergestellt worden war; aber
von dem ehemaligen Aussehen dieser Anlage gaben uns
nur Zeichnungen des Giuliano da San Gallo nach Trüm-
mern der Architektur, die schon im 16. Jahrhundert auf-
gegraben worden waren, Kunde. Jetzt liegen die
Reste dieses Gebäudes und all der Baulichkeiten, zu
denen die Ruinen von späteren Zeiten benutzt wurden,
zu Tage; aber ein klares Bild wird der Besucher
vergebens zu gewinnen trachten. Nur Eines wird ihm
sofort einleuchten, dass dies Gebäude im Plan von
den späteren römischen Basiliken vollkommen ver-
schieden war. Wir haben nicht wie dort eine zentrale,
besser gesagt, spinale Anlage, bei der ein grosser,
länglicher Mittelraum \ von Säulengängen umgeben
ist, sondern eine durchaus frontale Anlage: Vor einer
Rückwand springen senkrecht verschiedene kürzere
Wände vor, wodurch eine Reihe von grossen Räumen
mit offener Vorderseite geschaffen wird; vor dieser
Reihe von Räumen dehnte sich in ganzer Länge ein
ungeteilter Gang und die von Halbsäulen und Pfeilern
gebildete Fassade. Deutlich ist ferner, dass die Fassade
an der einen Seite — nach dem Tempel der Faustina
zu vorsprang; ein ähnlicher Vorsprung dürfte an
dem anderen Ende des Gebäudes entsprochen haben.
Dieser ganze Plan gleicht nun durchaus z. B. dem
der Stoa des Attalos in Athen, und diese Thatsache
erinnert uns daran, dass die römischen Basiliken ihren
Namen von der Stoa Basilike in Athen haben, deren
Reste aufzufinden das deutsche archäologische Institut
in Athen unter Dörpfeld's Leitung den Spaten an-
gesetzt hat.

Riesige Blöcke des Gesimses und Teile einer Mo-
numental-Inschrift, die eine Weihung des Senats an
einen der Neffen des Augustus enthält, liegen am
Rande der Via sacra; man sieht, dass ein Erdbeben
sie übereinandergestürzt hat.
 
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