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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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Schleinitz, Otto von: Die Eröffnung des "Wallace-Museums" in London
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0034

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51

wurde. Ferner: Emailsaus Limoges, Miniaturen, Bron-
zen, Dosen, Uhren, Porzellane aller Gattung, nebst einer
Spezialsammlung von 250 alten Sevres-Vasen. End-
lich eine prachtvolle Waffensammlung, Merkwürdig-
keiten und Kuriositäten jeden Oenre's. Die eigentlichen
Perlen blieben in der Hauptsache dem grossen Pu-
blikum unbekannt, da sie sich in den Privatgemächern
von Lady Wallace befanden.

Von englischen Bildern sind besonders erwähnens-
wert zwei Werke von Oainsborough: Miss Haverfield
und -Mrs. Robinson . Ferner 12 Bilder von Sir
Joshua Reynolds, darunter seine Meisterstücke vom
technischen Standpunkte aus: »Strawberry Girl«, -Miss
Bowless«, »Nelly O'Brien« und »Mrs. BradylP. Dem-
nächst folgen Werke von Romney, Hoppner, Lawrence,
Wilkie, Landseer und Turner. — Aus der spanischen
Schule sind 12 Murillos zu verzeichnen, und unter
den acht Werken von Velasquez befindet sich das Bild
»die Dame mit dem Fächer' . Die vlämische Schule
enthält 11 Gemälde von Rubens, »eine Regenbogen-
landschaft« und andere interessante Arbeiten des
Meisters. Von van Dyck ist hervorzuheben: »Philipp
le Roy mit Gemahlin«. Endlich sind hier fünf
recht gute Teniers zu bemerken.

Die Holländer sind im Ganzen mit 169 Werken
vertreten, so namentlich 11 Rembrandts, darunter
Pellicorn und seine Frau«; von Frans Hals »der
Kavalier«, diejenige seiner Schöpfungen, durch welche
er in Aufnahme kam. Unter den fünf Hobbemas
befindet sich der beste, der vielleicht in England vor-
handen ist. Weiter sind aufzuzählen: 11 Cuyps,
6 Metzus, 2 Terborchs, 2 Pieter de Hoochs und

4 Ruysdaels. Zu vergessen ist hierbei keinenfalls der
sogenannte -Demidoff Cuyp< und Metzu's berühmtes
Bild Chasseur endormi«.

Ausgezeichnete Bilder der französischen Schule
sind folgende; 11 Watteaus, wie solche in ganz Lon-
don, einschliesslich der Staatsinstitute nicht anzutreffen
sind; zwei Claude Lorrains, 9 Lancrets, 15 Paters,
21 Bouchers, darunter die grossen, für die Pompa-
dour angefertigten Bilder, 21 Werke von Greuze,

5 Nattiers, 9 Fragonards, 15 Delaroches, 4 Troyons,
34 Descamps, 15 Meissoniers und Beispiele der neue-
ren französischen Meister; im ganzen 349 franzö-
sische Gemälde, unter denen sich etwa hundert
Meisterwerke ersten Ranges befinden.

Die Italiener sind meiner Ansicht nach am schwäch-
sten vertreten, immerhin sind 3 Tizians, 2 Luinis,
Francias, Guardis und 17 Canalettos zu verzeichnen,
wie letztere nur die Königin Victoria in Windsor
besitzt. Ausserdem sind mehrere gute Andrea del
Sartos und Werke von Cima da Conegliano vorhan-
den. Der Direktor des Instituts, Mr. Claude Phillipps,
konnte sich in sein neues Amt kaum besser einführen, als
durch die Entdeckung, dass unter den ihm anvertrauten
Kunstschätzen ein bisher nicht erkannter Tizian auf
den Bodenräumen des Palais begraben lag. Es ist
dies »Perseus und Andromeda«, ein Werk, das Vasari
als eines der anziehendsten Bilder des Meisters schil-
dert. In den oberen Stockwerken von »Hertford-House«
sind prachtvolle Aquarellsammlungen untergebracht.

Die Waffensammlung enthält die Glanzstücke der
berühmtesten Kollektionen, die durch Verkauf an den
Markt kamen. So kaufte Sir R. Wallace z. B. en bloc
die Schwertersammlung in der -Spitzer-Auktion« für
1 500000 Mark. Hier findet sich die goldene Rüstung
des Kurfürsten Joseph von Bayern, die Napoleon aus
München mitgenommen hatte, die Rüstung Alfonso's II.
von Ferrara u. a., sowie ein prachtvolles Schild
mit dem Monogramm der Diana von Poitiers.
Unter allen Umständen wird jedermann nach dem
Gesagten zugeben müssen, dass noch niemals ein
Privatmann eine derartige öffentliche Schenkung machte.
Leider ist der Katalog zur Zeit noch sehr unvollständig.

v. SCHLEINITZ.

BÜCHERSCHAU

Kunst und Kunst - Handwerk. Monatsschrift des k. k.
österr. Museums für Kunst und Industrie. Herausgegeben
und redigiert von A. von Scaia.
Wohl kaum hat ein künstlerisches Unternehmen soviel
Federn in Bewegung gesetzt und haben sich soviel Für-
sprecher und Ankläger erhoben als in jener Zeit, in der
auch auf dem Gebiet des Kunstgewerbes die moderne
Richtung ihren Einfluss geltend machte. Zuerst fanden die
Freunde dieser Entwicklung nur mit Mühe einen Raum
in den Zeitschriften, die sich hauptsächlich die Pflege der
j historischen Forschung alter Kunst zur Aufgabe gemacht
: hatten. Man muss die modernen litterarischen Wochen-
und Monatsschriften in die Hand nehmen, um die be-
' geisterten Worte der frühesten und ersten Rufer im Streit
zu lesen. Der literarische Beigeschmack hatte insofern
sein Gutes, als dadurch auch Kreise, die derartigen Dingen
ferner standen, hierfür interessiert wurden; zugleich war
es aber auch unvermeidlich, dass bei diesem Vorgehen:
durch eine Art von Überredung auf die Gegner und auf
die Zweifler wirken zu wollen, etwas Unsachliches in die
Debatte kam. Waren doch die Nachbarn dieser Aufsätze
meist litterarische Erzeugnisse der modernen Richtung und
ihr Stil und ihre Schreibweise wurde bewusst und unbewusst
von den Wortführern der Jungen auch bei kunstgewerb-
lichen Erörterungen in Anwendung gebracht. Für den
Chronisten späterer Zeiten wird es mitunter befremdend
und vielleicht auch belustigend sein, wenn er über moderne
Töpfereien, Möbel und Stickereien Ausführungen lesen wird,
die im Stile Maeterlinks oder in dem anklägerischen Tone
der »Zukunft gehalten sind. Da finden sich eine ganze
Reihe von Busspredigern und von hitzigen Advokaten und
das Wehe-Welierufen über die Vergangenheit nimmt ebenso-
wenig ein Ende wie die Ausrufe überquellenden Entzückens
über die Gegenwart, und in höchster Extase bricht wohl
jemand bei dem Anblick einer neuen Blumenvase oder
eines eigenartigen Stuhls in die Worte Hutten's aus: »Es
ist eine Lust zu leben«. Für solche Überhitzung, die ja
auch in Wirklichkeit oft durch das Kochen mit Wasser zu
entstehen pflegt, gab es kein besseres Ventil als die Be-
gründung einer ganzen Anzahl Zeitschriften, die sich einzig
und allein der modernen Richtung zuwandten, vor allem
aber — und darin liegt ihr Hauptwert — durch eine grosse
Reihe von Abbildungen ihren Leserkreis mit den Hervor-
bringungen des neuen Kunstgewerbes bekannt machten.
Es ist merkwürdig wie eine Abbildung purgierend auf den
Stil wirken kann, die unbequeme Gewissheit, dass der
Leser sich zu jeder Zeit von der ungefähren Berechtigung
des angestimmten Hosiannah und Hallelujah überzeugen
kann, trägt ungemein zur Förderung einer sachlichen Schreib-
 
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