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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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Pückler-Limpurg, Siegfried: D. Pfenning und der Tucheraltar zu Nürnberg
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0090

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i63

Nekrologe.

— Vereine.

164

zu stammen. Verona hat zweifellos auf das vor
seinen Thoren liegende Südtirol gewirkt. Dorther
kamen diese Einflüsse dann nach und nach, von Werk-
statt zu Werkstatt wandernd, verwässert und ver-
ballhornt, bis an die Nordgrenze des bayrisch-öster-
reichischen Stammes. Noch ein zweites Mal lässt sich
solche Wanderung verfolgen; die letzten Ausläufer
der Mantegna- Schule, als solche kaum mehr erkenn-
bar, sind in München zu finden: die Bilderfolge aus
dem Leben der Apostel Peter und Paul in der Peters-
kirche (jetzt teilweise im Nationalmuseum).

Damit steht keineswegs im Widerspruch, dass
Pfenning offenbar von der vlämischen Kunst beein-
flusst ist; von dort stammt neben seiner Devise »als
ich chun« vor allem seine flüssig-vertriebene trans-
parente Vortragsweise, die zu den dunklen, trockenen,
lackartig glänzenden Farben des Tucheraltares im
schärfsten Gegensatz steht. Übrigens sei hier auch
noch auf die Verschiedenheit der Proportionen hin-
gewiesen: der Christus Pfenning's hat sieben Kopf-
längen, der des Tucheraltares (und ebenso des Haller-
altares in S. Sebald) nur fünf und eine halbe. |

Also, das »D. Pfenning« bezeichnete Bild ist aus
dem Werke des Nürnberger Meisters auszuscheiden.
Damit " geht uns nicht nur der Name, sondern auch
das einzige Datum verloren. Allein auch eine grosse
Schwierigkeit der Datierung ist damit weggefallen:
wir sind nicht mehr gezwungen, in ihm einen wenig
älteren Zeitgenossen Hans Pleydenwurff's zu sehen.
Hier sei beigefügt, dass ich in dem Christus mit drei
Heiligen in S. Lorenz und in dem Altar der Johannis-
kirche eine spätere Periode nicht zu erkennen vermag.
Die Behandlung des Nackten, vor allem die blauen
Schatten, die starken gerundeten Muskeln über den
Knien und die kantige Modellierung des Schienbeins
stimmen völlig mit dem Tucher'schen und dem
Haller'schen Altar überein1). Die Madonna im Chor
von S. Sebald endlich scheint mir von einer anderen
Hand zu stammen.

Ganz allgemein kann man nur folgendes sagen:
die Bilder sind vor dem Eindringen niederländischer
Einflüsse entstanden, aber sie zeigen schon jenen
pauschigen, vielverzweigten und eckig werdenden
Faltenwurf, wie er um 1440 in der Nürnberger
Plastik in Anwendung kommt (vergleiche den Christo-
pherus von 1442 am Westchor von S. Sebald, Süd-
thüre, und die Grablegung von 1446 in S. Aegidien).
Sie sind demnach annähernd 1440—1450 zu da-
tieren (1451 wird Hans Pleydenwurff in Nürnberg zu-
erst genannt).

Noch ein Indicium spricht dafür: In den Revisions-
berichten, die einem Kleinodienverzeichnis: »Unser
Frauen Kirchen puchlein« geschrieben von Gabriel
Tetzel und Steffen Schuller 1435 (jetzt im Kreisarchiv
Nürnberg) beigefügt sind, wird zuerst 1446 ein
Berchtolt Tucher als Pfleger der Kirche genannt,

1) M. E. sind all diese Merkmale unseres Meisters auf
dem Pfenning-Bilde zu Wien nicht zu finden. Allein da
Thode sie dort erkennen will, und somit Behauptung gegen
Behauptung stünde, habe ich absichtlich diese stilkritischen
Gründe gar nicht ins Treffen geführt.

ebenso 1447, 1448, 1449, 1451. In einer Abschrift
desselben Büchleins (ebenda aufbewahrt) findet er sich
1456 zum letztenmale. Nun ist es wohl ziemlich
sicher, dass dieser Berchtolt Tucher Stifter des Altar-
werkes ist, und die Vermutung naheliegend, dass er
entweder infolge und bald nach der Stiftung das
Amt erhalten, oder zum Dank für die Wahl dieselbe
gemacht hat. Die Pestpatrone Veit und Adjutor auf
den Aussenflügeln brauchen wohl nicht auf Errich-
tung in einem Pestjahre gedeutet zu werden; in einer
Zeit, wo die Seuche immer wieder ihre Umzüge in
Deutschland hielt, war die Anrufung dieser Heiligen
jederzeit naheliegend.

So müssen wir also unseren Meister, gegen Thode's
Datierung, etwa ein knappes Jahrzehnt hinaufrücken.
Seine kritische Würdigung, insbesondere seine Stellung
in der Nürnberger Kunstentwicklung wird hierdurch
nicht geändert: Er ist der letzte in der Reihe jener
Meister, die, von aussen unbeeinflusst, nur die ober-
deutsche Kunstweise weitergebildet haben.

NEKROLOGE

Berlin. Hier starb am 15. Dezember der Maler Paul
Souchay im Alter von 51 Jahren. -r-

Miinchen. Hier starb am 18. Dezember im Alter von
77 Jahren der Maler Eduard Ille, ein Schüler von Julius
Schnorr von Carolsfeld und Moritz von Schwind, der sich
besonders als Zeichner für die »fliegenden Blätter« bekannt
gemacht hatte. §

Berlin. Hier starb, wie schon kurz berichtet, der
Maler Professor Karl Becker, Ehrenpräsident der Akademie
der Künste. Er war 1820 in Berlin geboren, hatte hier seine
ersten Studien gemacht, ging dann nach München und
1843 nach Paris. Von 1845—47 war er in Rom und nahm
nach seiner Rückkehr an der Ausführung der Kaulbach'schen
Fresken im Neuen Museum teil. Weit bekannt ward er
später durch seine Bilder im venetianischen Kostüm, zu
denen er bei seinem Aufenthalt in Venedig 1853 angeregt
war, durch seine Illiistrationsgemälde aus »Othello« und
seine Geschichtsbilder, wie besonders das in der National-
Galerie bewahrte »Karl V. bei Fugger«. Er war ein ge-
schickter Zeichner und für seine Glanzzeit auch in der
Farbe nicht ohne Kraft. Aber er wurde hier schon damals
sehr bald von anderen, so von Piloty und von Makart,
überflügelt, der auch das besass, was man bei Becker's
Schöpfungen fast immer vermisst, künstlerisches Tempera-
ment. Becker's Bilder, für die im übrigen das gilt, was
hier mehrfach über das sogenannte »Historienbild« gesagt
wurde, haben alle etwas Äusserliches, und man hat den
Eindruck, die Begeisterung, die etwa noch in ihnen zu Tage
tritt, sei vor allen Dingen Begeisterung für das Kostüm
gewesen. Trotz alledem war er in Berlin s. Zt., wie schon
angedeutet, einer der Vorkämpfer einer gewissen Farben-
freudigkeit, und dies Verdienst zu vergessen, wäre un-
dankbar und thöricht. Er hat lange Jahre als Präsident
der Akademie der Künste eine ehrenvolle reiche Thätigkeit
entfaltet und sich in dieser Stellung, wie überhaupt als
Mensch, durch die Lauterkeit und Ritterlichkeit seines
Charakters allgemeine Verehrung und Liebe erworben.

P. W.

VEREINE

Berlin. Am 1. und 2. Oktober a. c. hielt die »Ver-
bindung- für historische Kunst« zu Barmen ihre 28. Haupt-
versammlung ab. Nunmehr liegt das Protokoll über die
 
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