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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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Die Düsseldorfer Aquarell-Ausstellung
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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Dr. Max Gg. Zimmermann

UNIVERSITÄTSPROFESSOR

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Gartenstrasse 15

Neue Folge. xii. Jahrgang.

1900/1901.

Nr. 12. 17. Januar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandiung die Annoncenexpeditionen von H aasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE DÜSSELDORFER AQUARELL-
AUSSTELLUNG.

Das Kunstgewerbemuseum in Düsseldorf birgt
zur Zeit im Lichthof und in den anstossenden Räumen
die Aquarellausstellung, die einer der gewandtesten
und rührigsten aller deutschen Kunsthändler, Fritz
Bismeyer, veranstaltet hat, der auch für die nächst-
jährige grosse deutsch-nationale Ausstellung in Düssel-
dorf als Geschäftsführer erkoren ist. Es ist die
zweite Aquarellausstellung, die diese Firma hier er-
öffnet hat, und seit der internationalen Aquarellaus-
stellung in Dresden vom Jahre 1890 die erste, die
wieder einen Überblick über die Leistungen der Aqua-
rellisten in ganz Deutschland, Belgien und Holland
giebt. Es sind nicht allzu viel Bilder, nicht ganz
300 Stück, aber nur ausgesuchte Arbeiten von aus-
erlesenen Künstlern, durchweg das Beste — die breite
Mittelmässigkeit ist ganz ausgeschaltet. Schon die
äussere Einkleidung dieser kleinen Eliteausstellung ist
eine geschickte und künstlerisch wohl überlegte: die
Bilder stehen auf einem matten silberig grauen Stoffe,
der für alle einen gleichmässig guten Hintergrund
giebt. Dazu — was in Deutschland ja leider noch
immer eine Seltenheit ist — ein vornehmer, nach den
modernen typographischen Grundsätzen gedruckter
Katalog mit im Text gut verteilten verschiedenfarbig
gedruckten Autotypien. Das Gesamtresultat der Dres-
dener Ausstellung konnte man zusammenfassen als:
technische Anarchie, das der jetzigen als: souveräne
Ausnutzung aller überhaupt möglichen Kunstmittel.
Die Fanatiker des reinen Aquarells, dje strengen Mit-
glieder der alten Society of painters in water colors,
die nächstens ihren 100 jährigen Geburtstag feiern
wird, würden sich voll Abscheu abwenden. Die Blätter
haben schon längst nicht mehr das, was man früher
den eigentlichen Aquarellcharakter nannte. Sie streben
jetzt die kräftigen Wirkungen der Ölmalerei an und
zuweilen auch die flaumigen Reize des Pastells. Sie
unterscheiden sich oft in der Wirkung auf den ersten
Blick von Ölbildern nur dadurch, dass sie — ein
Glas vor dem Gesicht haben. Stark pastose Gouache-

malereien stehen neben ganz verwaschenen Bildern,
bei denen durch das kräftige Behandeln mit dem
Schwamm fast die Struktur des Papieres angegriffen
ist. Selbst Leinwand wird als Grund benutzt. Es
giebt kein Gesetz mehr für das Aquarell, weder für
den allgemeinen Stilcharakter noch für die Technik.
Der alte Ruskin würde gezetert und gewettert haben,
wenn er diesen Zusammenbruch der heiligsten tech-
nischen Traditionen mit erlebt hätte. Für Fielding
und de Wint galt es noch als eine Todsünde, ein
Licht nicht auszusparen. Jetzt kümmert sich niemand
mehr um diese Schneiderregeln. Zuletzt gilt auch
hier: tous les genres sont bons hors le genre ennuy-
eux. Nur eines giebt wohl zu Bedenken Anlass: die
kühnsten technischen Experimente werden wohl auch
die wenigst haltbaren sein. Man denkt mit Unruhe
an das Schicksal zumal der auf Leinwandgrund ge-
malten Blätter. Aber im Augenblick überwiegt die
Freude eben an der Kühnheit und an den wunder-
vollen koloristischen Effekten.

Auf einen Schiffskatalog muss hier verzichtet
werden; nur die ganz hervorragenden Leistungen sind
zu nennen, und bei diesen wieder die, die den Künst-
ler auf einer neuen Stufe zeigen. Die Koryphäen des
Aquarells von Deutschland sind würdig vertreten,
Adolf Menzel mit einer Reihe von Blättern aus der
Nationalgalerie, Paul Meyerheim mit sieben Bildern,
von der mittleren Generation unter den Berlinern
Max Liebermann und Franz Skarbina, unter den Düssel-
dorfern Christian Kroener, Eugen Dücker und Adolf
Schill — alle mit gewohnter Meisterschaft, aber sie
sagen nichts Neues. Am meisten macht wohl Hans
von Bartels von sich reden. Das eine Bild — ein
kräftiges holländisches Fischerweib, mit dem Kinde
an der Brust, in den Dünen sitzend, im Hintergrunde
der Strand — ist noch ganz in der Art seiner grossen
flüssigen Aquarells mit den starken Lichtern, wie sie
in meisterhaften Proben schon in den ersten deutschen
Galerien vertreten sind. Dann aber folgt ein pracht-
volles grosses Stück >Im Morgengrauen«, ein Schiff
in der blauen Dämmerung hinausfahrend, in undeut-
lichen, gespenstischen Umrissen aus der Nacht auf-
 
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