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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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Gesellschaft zur Erforschung jüdischer Kunstdenkmäler
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0179

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Institute.

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schönes Beispiel, wie der Thoraschrein auch im Innern
eingerichtet werden sollte, zeigt die alte Synagoge in
Modena. Die Thorarolle, auf Pergament in einfacher
unverzierter hebräischer Quadratschrift geschrieben,
hat bei der Strenge der für das Schreiben der Ge-
setzesrolle geltenden Bestimmungen nur eine Ab-
wechslung in der Grösse. Man kennt neben den
grossen auch sehr kleine, 7 cm breite Thorarollen,
die in silbernen Thoraschreinen aufbewahrt zu werden
pflegen. Die Thorarollen wurden bald um einen, und
jetzt allgemein auf zwei gedrechselte Stäbe gerollt.
Diese Stäbe sind aus sehr hartem Holz gedrechselt.
Die Rollen werden in Südeuropa mit einem beliebigen
Stoffband, das im 16. Jahrhundert meist zierliche
Ornamente in reicher Stickerei zeigt, zusammen-
gehalten. In West- und Süddeutschland findet man
dazu mit einem Segenspruch in Stickerei, Spitzen-
arbeit oder in Malerei oder Tuschzeichnung versehene
Bänder. Die durch dies Band zusammengehaltene
Thorarolle wird mit einem aus kostbarem Stoff be-
stehenden, mit Stickerei ausgestatteten Thoramäntelchen
umhüllt. Die beiden oben hervorragenden Spitzen
der Stäbe werden mit Aufsätzen, sogen. Rimonim,
die meist aus Silber oder Gold, zuweilen auch aus
vergoldetem Kupfer bestehen, verziert, und um diese
wird wieder eine silberne Krone, Kether, gestülpt.
Weil die Schrift der Thorarolle nicht mit der Hand
berührt werden darf, bedient sich der Vorleser eines
silbernen Deuters, meist in Form einer Hand, Jad,
der an eine der Spitzen der Stäbe angehangen wird,
und überdies hängt an einer silbernen Kette ein reich
verziertes Schild, Tass. Die Bundeslade selbst wird
wieder durch einen Vorhang, Parocheth, verdeckt, der
zumeist aus Sammet oder Seide besteht und mit reicher
Goldstickerei, selbst mit Perlen und Edelsteinen, ver-
sehen ist; auch sind noch geknüpfte Vorhänge in
Venedig und Padua zu finden.

Neben der Bundeslade finden sich hie und da
in italienischen Synagogen reich mit Schnitzerei und
Einlagen ausgestattete Stühle für die Rabbiner. Sie
stehen links von der Bundeslade, rechts dagegen der
beim Weihefest verwendete Chanukkaleuchter mit
seinen acht Öllampen. Zumeist ist er aus Bronze
oder Messing gegossen, manchmal aus Eisen her-
gestellt. An der Ostwand, entweder über der Bundes-
lade oder zu ihren beiden Seiten, sind die Misrach-
tafeln angebracht. Vor der Bundeslade ist das ewige
Licht, häufig aus reinem Golde hergestellt. In den
alten Synagogen hängen von den Wölbungen viele
Kronleuchter herab, welche die eigentümlich geformten
und gestellten Stühle der Synagogenbesucher beleuchten.
Eine weitere Eigentümlichkeit der meisten alten Syna-
gogen besteht darin, dass das Lesepult (AI Memor)
nicht wie jetzt ganz nahe an die Bundeslade ge-
stellt wird, sondern in einem in der Mitte des Baues
befindlichen, oft sehr zierlich gearbeiteten Gehäuse
steht. In den besonderen Aufbewahrungsräumen bei
den Synagogen finden sich mehrere Schofar (Widder-
hörner zum Blasen am Neujahrstage), Waschkannen
und Waschbecken, zum Teil sehr edle Stücke aus
Silber, wie in Amsterdam, und die Kult-Bekleidungen

für die Rabbiner. Auch verschiedene Decken, welche
auf den AI Memor aufgelegt oder zum Bedecken
der aufgeschlagenen Thorarollen benutzt werden, ge-
hören zum wertvollen Inventar, woran die Synagogen
in Rom ganz besonders reich sind.

Aber nicht nur in der Synagoge, auch im jüdischen
Haus spielen die Kultgegenstände eine grosse Rolle.
Hier sind zu nennen die Chanukkalampe, von der
schöne silberne Proben mit zierlichen Figürchen ge-
schmückt, erhalten sind, die Sabbathlampe und der
Leuchter mit der Habdalakerze. Für die Ceremonie
der Beschneidung haben sich besondere Stühle,
Messer, Flacons, Schälchen und Gewänder aus ver-
gangenen Jahrhunderten erhalten. Auch die Trauung
gab zu künstlerischen Aufgaben Stoff. Erhalten sind
schöne Eheringe in Gold, Silber, Schmelz mit Schrift,
Ornament und figürlichem Schmuck, prächtig ge-
gliederte Siblonos-Ketten und zierlich gearbeitete
Gürtel, ferner einige gute Beispiele von Trauhimmel
(Chuppa). Auch für die verschiedenen Feste der
Juden sind bestimmte Gegenstände in Gebrauch, am
mannigfaltigsten für das Pesachfest. So sind die
Sederschüssel, die gedruckten Tischdecken für das
Sederfest, die gestickten Sederdeckchen, ferner die
Besomimbüchsen, die Gewürztürmchen, die Büchse
zur Aufbewahrung des Ethrog, der Kidduschbecher
im Hause verwendete Kultusgegenstände. Ebenfalls
hierher gehören die auf die Thürpfosten schräg be-
festigte Mesusa, die Amulette verschiedenster Art,
Bucheinbände in Leder, Pergament und Silber. Ein
weiteres sehr ausgedehntes Sammelgebiet betrifft die
verzierte hebräische Schrift im weiteren Sinne des
Wortes; denn bei den Juden hat sich, weil die Thora-
rolle auf Pergament geschrieben werden muss, der
geschulte Handschriftenschreiber und Miniator noch
als ein geachteter Künstler erhalten, der sonst infolge
der Ausbreitung des Druckes verschwunden ist. Es
werden deshalb in allen Bibliotheken, in denen sich
alte illustrierte hebräische Manuskripte finden, die
Abbildungen, sofern sie von Bedeutung sind, photo-
graphiert oder kopiert werden müssen.

Die Gesellschaft wird ihre Ziele zu erreichen
suchen durch die Gründung einer Vorbildersamm-
lung, durch Ankäufe jüdischer Originalgegenstände,
durch Ausstellungen jüdischer Kunstgegenstände, durch
eine Denkmälerstatistik und eine jüdische Kunsttopo-
graphie, durch Publikationen, Vorträge, ein Auskunfts-
bureau und endlich durch sachgemässe Preisaus-
schreiben. -II-

INSTITUTE

Florenz. Der regierende Fürst Johann von und zu
Liechtenstein hat dem hiesigen, unter der Leitung des Herrn
Prof. Brockhaus stehenden Kunsthistorischen Institut die
Summe von dreitausend Lire zum Geschenk gemacht.

Rom. Archäologisches Institut. In der Sitzung vom
22. März sprach Professor Petersen über die Bronzestatue
eines im November bei Pompeji gefundenen Knaben. Er
führte aus, dass Wert und Bedeutung dieser Statue weit
überschätzt worden sei und erhärtete ihre Minderwertig-
keit durch den im einzelnen durchgeführten Vergleich mit
griechischen Originalbronzen. Nach Professor Petersens
 
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