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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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Steinmann, Ernst: Die Galerie Crespi in Mailand
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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0265

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

herausgeber:
Dr. Max Gg. Zimmermann

UNIVERSITÄTSPROFESSOR

Verlag von e. a. SEEMANN in Leipzig, Oartenstr. 15 und Berlin sw., Dessauerstr. 13
Neue Folge. xii. Jahrgang. 1900/1901. Nr. 33. 19. September.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

Die nächste Nummer (1) der Kunstchronik erscheint am lO. Oktober.

DIE GALERIE CRESPI IN MAILAND

In einem Zeitraum von weniger als zwanzig
Jahren hat ein reicher Mailänder Fabrikant, Benigno
Crespi, eine Gemäldegalerie gesammelt, die heute zu
den ersten Privatsammlungen Italiens zählt. Die Auf-
gabe, welche sich der Sammler gestellt, geht aus den
Erfolgen klar hervor: er wünschte in den Gemächern
seines Mailänder Palastes in einem möglichst voll-
ständigen Bilde die italienische Malerei des 15. und
16. Jahrhunderts in ihren Hauptschulen vertreten zu
sehen. Dank des rastlosen Eifers und der un-
beschränkten Hilfsmittel Crespi's ist das Ziel erreicht
worden, und in einer Prachtausgabe seines gesamten
Gemäldeschatzes hat der ausgezeichnete Mann sich
selbst und seinem Werk ein Denkmal gesetzt.

Venturi hat das Werk herausgegeben, und wie
seine umfassenden Kenntnisse und sein feines Krite-
rium erwarten lassen, entspricht der Text vollständig
der Qualität der Bilder. Die Einleitung ist langatmig
— fünfundzwanzig Quartseiten mit allgemeinen Be-
trachtungen erfüllt — und wenige werden sie lesen.
Klar und übersichtlich ist dann die Einteilung des
überreichen Stoffes: Die Künstler der Emilia gehen
voran; es folgen die Venezianer, die Toskaner, die
Lombarden und endlich die »verschiedenen Künstler«,
die übrig geblieben sind und noch ein Anhang, der
einen Bellini, einen Marziale und einen Morone
bringt, Gemälde, die erworben zu sein scheinen, als
das Werk schon im Druck war.

Wie unendlich viel Schönes und Unbekanntes,
oder doch schwer zu Erreichendes ist hier der Kunst-
wissenschaft für immer erschlossen worden! Venturi
hatte überdies den glücklichen Gedanken, um die
Hauptwerke der Galerie Crespi Gemälde aus anderen
Galerien zu gruppieren, die ihnen nahestehen. Aus
zahlreichen Privatgalerien Englands und Deutschlands
vor allem finden sich die besten Stücke abgebildet.
Der Herausgeber hat überdies auch im Text seine
Aufgabe sehr weit gefasst; Künstlern, wie Correggio,

den Dossi, Domenico Morone, Bartolomeo Veneto,
Giorgione und vor allem der Mailändischen Schule
widmet er kleine Monographien. Gleich im ersten
Kapitel hat er den köstlichen Correggio abgebildet,
den Mr. Benson in London besitzt: Christi Abschied
von der Mutter, ein Bild, das uns noch heute durch
ungetrübte Farbenpracht entzückt und den Vorgang
genau so schildert, wie ihn Savonarola in einer seiner
Fastenpredigten beschrieben hat. Crespi's Gemälde
stellt die Anbetung des Kindes dar und ist nach
Venturi eins der Jugendwerke des Meisters. Andere
Behauptungen, die er an Correggio knüpft, werden
weniger allgemeine Zustimmung finden, so sicher sie
auch vorgetragen sind: die hl. Magdalena in Dresden
ist für Venturi ein echtes Werk Correggio's; ihm
schreibt er auch einen »Johannes den Täufer« in
Oldenburg zu, den man bis dahin in Raffael's Schule
setzte, während er ihm die Madonna von Casal-
maggiore in Frankfurt, für deren Echtheit eben auch
Weizsäcker in seinem Katalog eingetreten ist, ab-
spricht. Die Eigenart der beiden Dosso wird dann
ausführlich besprochen. Crespi besitzt nur ein tüch-
tiges Porträt des Battista, aber diese Armut wird in
der Ausgabe ergänzt durch Reproduktion einiger der
besten Werke der Meister aus anderen Galerien.
Innocenzo da Imola, Mazzolino und Bartolomeo
Schedone sind bei Crespi in geringeren Erzeugnissen
vertreten.

Aus der Venezianischen Schule begegnen uns in
Mailand grosse und kleine Meister, bekannteste und
fast unbekannte. Bartolomeo Vivarini ist in einer
Pietä vertreten, Basaiti, Bocaccino, Pordenone in
Madonnen und hl. Familien; Antonello da Messina in
einer Replik des hl. Sebastian; Paris Bordone in der
Umarmung eines schönen Hirtenpaares. Die glän-
zendsten Stücke hier aber sind: der Sturz der Bon-
acolsi von Domenico Morone, das männliche Porträt
des Bartolomeo Veneto und die Heimsuchung des
Moretto da Brescia. Von Domenico Morone besitzt
die Berliner Galerie ein Madonnenbildchen vom
 
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