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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Schmidt, Karl Eugen: Pariser Brief, [3]
DOI Artikel:
Goldschmidt, Arthur: Das Hamburgische Bismarckdenkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0107

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197

Das Hamburgische Bismarckdenkmal.

Senat zu seinen Verhandlungen eingeräumt ist. Ge-
wächshäuser sind gewöhnlich einfach und beschei-
den, und das ist auch das Luxemburger Museum,
das ebensogut irgend ein Magazin oder gar eine
Scheune sein könnte, was seine architektonische Aus-
gestaltung anlangt. Indessen würde die Einfachheit
dieses einstöckigen Baues weiter nichts schaden, wenn
nicht alle erdenklichen andern Mängel hinzukämen:
im Winter ist es feucht in dem Museum, im Sommer
tropisch heiss, und infolge dessen leiden die Öl-
gemälde schon nach kurzem Aufenthalte an diesem
Orte ganz erheblich. Sodann ist der Platz unglaub-
lich beschränkt, und lange nicht die Hälfte der Kunst-
werke, welche dem Museum gehören, können auf-
gestellt oder gehängt werden, während die übrigen
in einer Weise auf- und nebeneinander gehängt und
gestellt sind, wie man es zwar in den Magazinen
der Kunsthändler, aber Gott sei Dank noch nicht in
den Museen gewohnt ist.

Diesem unwürdigen Zustande ein Ende zu
machen, ist schon seit vielen Jahren der Wunsch
aller Pariser Künstler und Liebhaber, und von Zeit
zu Zeit werden dahinzielende Vorschläge laut. Es
ist nun recht bezeichnend für die Patrie des arts,
dass es noch niemals jemand gewagt hat, ganz ein-
fach zu verlangen, der französische Staat solle ein
anständiges Museum bauen. Auch Herr Couyba
erwähnt eine solche Idee nur als eine unausführbare,
da der Staat für solche Dinge kein Geld habe. »Die
finanzielle Lage des Landes«, sagt Herr Couyba in
seinem Berichte«, wird wohl niemals gestatten, dass
der Staat die zu diesem künstlerischen Werke nötigen
Opfer bringe.« Er kommt dann auf die von dem
Konservator des Museums, Leonce Benedite, schon
vor Jahren gemachten und immer wieder erneuerten
Vorschläge, für welche sich bisher kein Interesse
in den Parlamenten hat finden wollen. Herr Bene-
dite schlägt vor, erstens eine Lotterie zu veranstalten,
ein Verfahren, das es den Städten Amiens, Lille und
andern ermöglicht hat, ebenso schöne wie zweck-
mässige Museen zu bauen, und zweitens Eintritts-
geld zu erheben, um so allmählich eine Summe
zusammenzubringen. Gegen dies System wäre im
Grunde wenig einzuwenden, denn wenn es drei
Franken wert ist, die Tänzerinnen des Moulin rouge
zu sehen, so ist ein Frank für die Venus von Milo
und die Mona Lisa Leonardo's wohl nicht zu viel1),
und das italienische Beispiel ärgert einen zwar in
Italien, ist aber eigentlich doch ganz praktisch.
Indessen wäre es doch mehr als fraglich, ob
innerhalb zehn Jahren die zum Ankaufe eines
geeigneten Grundstückes und zur Errichtung eines
passenden Baues nötigen Millionen aus den Eintritts-
geldern aufgebracht werden könnten, und eine Lotterie

1) Wir können dieser Bemerkung durchaus nicht bei-
stimmen; Eintrittsgeld in die Museen ist das sicherste
Mittel um sie ausschliesslich für die Fremden zu reser-
vieren. In Berlin und Paris wimmeln die Galerien von
einheimischen Besuchern aller Volksschichten, in Italien
sieht man nur forestieri. D. R.

würde ohne Zweifel zu schnellern und bessern Re-
sultaten führen. Dass man sich weder zu dem einen
noch zu dem andern dieser Mittel entschliessen kann,
daran ist eben der Bettelstolz schuld. Frankreich ist
nun einmal die Patrie des arts, und darf die Patrie
des arts eingestehen, dass sie kein Geld für Kunst-
zwecke hat? Unter keinen Umständen! Und des-
halb werden wir uns wohl noch viele Jahre mit dem
Gewächshause des Luxemburger Schlosses als moder-
nem Museum begnügen müssen.

In seinem Berichte spricht sich Herr Couyba
auch über die französische Kunstschule in Rom und
über das Institut des Rompreises aus, welches er
veraltet nennt und abgeschafft wünscht. Darüber ist
ein langer Streit in der hiesigen Presse entstanden,
und die bekanntesten Künstler haben sich für oder
wider ausgesprochen. Wie nicht anders zu erwarten,
sind die Mitglieder des Instituts, die Professoren der
staatlichen Akademie für den Rompreis, während die
vom Staate unabhängigen Künstler in ihrer grossen
Mehrzahl seine Abschaffung verlangen. Bemerkens-
wert, weil es nicht nur auf Frankreich passt, ist,
was Rodin sagt. Er meint, es sei gescheiter, die
jungen Künstler ein paar Jahre lang in Frankreich
selber reisen zu lassen, damit sie die herrlichen
Werke der französischen Gotik und Renaissance
kennen lernten, die für den französischen Geist mehr
bedeuten als die italienischen, römischen und griechi-
schen Arbeiten. Und er fügt bei, man solle sich
aber mit der Ausführung dieses Projektes beeilen,
denn in einigen Jahren dürfte es dazu zu spät sein.
Zwar verschwänden die Denkmäler nicht, aber an
allen Ecken und Enden des Landes seien die Van-
dalen an der Arbeit, die unter dem Namen der
Wiederherstellung die alten Meisterwerke vernichteten.
Im Augenblicke, wo man auch in Deutschland an
allen Orten alte Schlösser, Kirchen und Burgen
»wiederherstellt«, ist diese Ansicht des bekannten
Bildhauers doppelt interessant.

Wenn mein Brief nicht ohnehin schon sehr in
die Länge geraten wäre, könnte ich mich versucht
fühlen, die französische Skulptur gegen die Aus-
sprüche zweier ihrer bedeutendsten Vertreter in Schutz
zu nehmen. Wie an anderer Stelle dieses Blattes
berichtet ist, sagten nämlich Rodin und Dalou in
ihrer Kritik der Denkmalsrede des Deutschen Kaisers:
»Die deutschen Bildhauer sind nicht besser als wir«;
es ist so selten, dass man den Franzosen allzugrosse
Bescheidenheit vorwerfen muss, dass ich kaum ver-
zichten kann, die wirkliche Überlegenheit der fran-
zösischen Skulptur mit einigen Beispielen zu beweisen.
Aber das werden meine Leser wohl ebensogut allein
können. KARL EUGEN SCHMIDT.

DAS HAMBURGISCHE BISMARCKDENKMAL

Die Konkurrenz um das Hamburgische Bismarck-
denkmal ist zu Ende, und ein überaus glänzender
Erfolg hat den Skepticismus, welcher sich immer
mehr gegen die grossen Wettbewerbe regt, dieses-
mal Lügen gestraft: überall findet der Spruch der
 
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