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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Schmidt, Karl Eugen: Pariser Brief, [4]
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Die Versteigerung der Sammlung Hayashi
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0130

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Die Versteigerung der Sammlung Hayashi.

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Salons. Neue Namen oder neue Werke findet man nicht.
Wer hier ausstellt, erfreut sich schon lange der Gunst der
oberen Zehntausend und ist längst aus den grossen
»Salons« bekannt. Beide Ausstellungen sehen sich ausser-
ordentlich ähnlich, und die nämlichen Leute zeigen fast
die nämlichen Arbeiten hier wie dort. Da ist ein süsses
Mädchen aus bezuckertem Porzellan von Bouguereau, ein
wie aus Kalk und Mörtel aufgemauertes Bildnis von
Bonnat, ein trockenes, blechernes Porträt von Franz Fla-
meng, ein geschicktes, aber nicht tiefes weibliches Bildnis
von Lefebvre, ein hübscher Schafstall von Gaston Guignard,
eine angenehme südfranzösische Landschaft von Montenard,
ein löbliches Porträt von Dagnan-Bouveret und ein gutes
Bildnis von Benjamin-Constant. In dieser Art könnte man
in jedem neuen Jahre die beiden Cercle-Ausstellungen
schildern. Nur ganz wenige Künstler verdienen besondere
Erwähnung. In diesem Jahre ist eine solche Erwähnung
bei Carolus Duran angezeigt, der zwei gute Damenbild-
nisse geschickt hat, so gut, dass man an die vor zwanzig
und dreissig Jahren entstandenen Arbeiten dieses Malers
erinnert wird und die Sudeleien der letzten Jahre vergisst.
Hoffentlich handelt es sich nicht nur um ein vorüber-
gehendes Aufflackern. Es wäre des höchsten Lobes wert,
wenn der längst nicht mehr im Jünglingsalter stehende
Künstler, dessen Arbeiten in den letzten Jahren von Ent-
täuschung zu Enttäuschung führten, sich aus seiner
Lethargie aufgerafft hätte. Auch das weibliche Bildnis des
ebenfalls sehr abgefallenen Malers Gervex ist in diesem
Jahre nicht schlecht. Sehr gut ist das auf einem niedrigen
Schemel hockende, vergnügt den Beschauer anblickende
kleine Kind von Blanche, fein und schön in der vornehm
satten Harmonie der Farben und ganz famos in der packend
lebendigen Auffassung. Mitten in die lachende Sonne
hinein hat Roll die vier blondhaarigen, rotbäckigen und
blauäugigen gesunden und lustigen »Kinder des Schreiners
von Fouesnant« gesetzt, ein Prachtstück der Freilichtmalerei.
Derselbe Künstler hat eine seiner lebendigen, frischen
Büsten ausgestellt, die er so meisterhaft zu modellieren
versteht, dass man unter der warmen Bronze das lebendige
Blut zu fühlen glaubt. Diese Büste ist in der Skulptur der
beiden Ausstellungen ungefähr das einzige Nennenswerte.
Höchstens das sehr geschmackvolle kleine Zimmermonu-
ment für Napoleon I. als Eroberer Ägyptens von Gerome
muss noch erwähnt werden. Ein hoher Aufbau, getragen
von ägyptischen Säulen mit Lotuskapitellen, dient einer
zierlichen, fein und sorgfältig ausgeführten Reiterstatuette
des jugendlich mageren Generals als Piedestal. Am Fusse
des Säulenbaues sitzt ein schreibender Knabe, darüber
schwebt eine Siegesgöttin, welche dem Reiter die Palme
hinaufreicht. Der Lieblingsporträtist der Pariser Gesell-
schaft ist unter den Bildhauern Denys Puech, der auch
dieses Jahr wieder in jeder der beiden Gesellschaften mit
mehreren seiner glatten, banal pikanten, photographisch
geschmeichelten Büsten vertreten ist. Denys Puech in der
Skulptur, Bouguereau, Flameng und Lefebvre in der
Malerei, das ist ungefähr die Signatur der mondänen Kunst,
welche in den beiden Cercle-Ausstellungen gezeigt wird.

KARL EUGEN SCHMIDT.

DIE VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG
HAYASHI

Tadamasa Hayashi, der Vertreter Japans auf der
letzten Pariser Weltausstellung, dem man die überaus
interessante Vorführung von alten japanischen Kunstwerken
in dem hübschen Pavillon am Trocadero zu danken hatte,
scheint, wie die meisten seiner Landsleute, nicht nur ein
Mann von feinem Geschmack, sondern auch ein guter

Geschäftsmann zu sein. Seit einigen Jahren hält uns die
japanische Kunst gefangen, und wir wetteifern in der Be-
wunderung des raffinierten, sensitiven, beinahe krankhaft
feinen Geschmackes der fernen Insulaner. Herr Hayashi
hat diese Sachlage alsbald durchschaut. Seine schöne Aus-
stellung am Trocadero musste ihm gewissermassen als
Reklame dienen, und nachdem diese hinreichend gewirkt
hatte, erschien er mit einer umfangreichen Privatsammlung,
welche einige der am Trocadero ausgestellten Stücke ent-
hielt, und kündigte ihre Versteigerung an. Die rund 1700
Nummern umfassende Sammlung wurde zuerst bei Bing,
dann bei Durand-Ruel ausgestellt und schliesslich an sechs
aufeinanderfolgenden Tagen versteigert. Der Gesamterlös
belief sich auf nicht ganz eine halbe Million Franken, und
unter den Steigern befanden sich die bekanntesten Sammler.
Der Louvre hat mehrere Statuen und Statuetten, Lack-
arbeiten und Gemälde gekauft, darunter ein kleines Blatt
von Hokusai und ein Makimono von Mitsunobu. Die
Sammlung enthielt Malereien aller hervorragenden japa-
nischen Künstler, indessen bestand der Hauptreichtum aus
Lackarbeiten, die sich über zwölf Jahrhunderte erstreckten,
im achten Jahrhundert begannen und im neunzehnten auf-
hörten. Daneben gab es unzählige jener kleinen, aus
Elfenbein oder Holz geschnitzten oder auch aus Metall ge-
gossenen oder ciselierten Anhängsel, der sogenannten
Netzkes, die fein verzierten Stichblätter der Schwerter und
die fein geschnitzten Pfeifenbehälter. Die Keramik war
nicht so gut vertreten, doch waren auch hier einige sehr
gute und zahlreiche mittelmässige Stücke vorhanden, wie
denn überhaupt kein einziger Zweig der japanischen Kunst
gänzlich fehlte. Die höchsten erzielten Preise waren die
folgenden: Bronzefalke von SchokischiSukussi 1000 Franken,
zwölf hölzerne Netzkes 536, drei Netzkes von Sukenaga 125,
zwei Netzkes von Massano 105, Elfenbeinstatuette von
Kwanon 750, ein Gemälde von dem Chinesen Ngan Kwai
2100, von Roki, Karpfen 300, japanische Gemälde: Dont-
scho, Kwanon 2000, Kobo-Daischi, Fudo 2000, Kasuga,
die vier Gottheiten des Tempels von Kasuga 600, Schule
von Kose, Jiso 2150, Kajoschi, Fugen 1200, Meitscho, Ra-
gora Sonja 9900, Kasuga, Amida 1500, Mitsukuni, Takumi
Hida 300, Mitsunobu, Hitomaru 600, zwei Fächer von Seson
mit Landschaften 15500, Kensan, Bäume im Schnee 2600,
Sosen, Affe und Hirschkuh 930, drei Kakemonos mit Tän-
zerinnen von Matahei 600, Matahei, eine vornehme Frau
1000, eine Tänzerin 900, Moronobu, Scene in einem Thee-
haus 820, fünf Damen auf der Promenade 350, Koriusai,
zwei Kakemonos mit je einer weiblichen Figur 3700, Uta-
maro, badende Frau 1400, eine Fischerin 355, Kintoki und
seine Mutter 410, Schimman, zwei Damen im Schnee 1450,
zwei Damen an einem Bach 360, Hokusai, eine Curtisane
auf der Promenade 1100, eine Geischa 1100, die Ufer des
Sumida 1020, junges Mädchen im Tempel von Kiyomisu
1550, blühender Zweig eines Pflaumenbaumes 400, Er-
scheinungen 1000, ein Gespenst 1500, Makiyemono mit
26 Gemälden 3200, ein Adler auf einem Felsen 1525;
Skulpturen: Statue Bodhisatwa, stehend, aus dem achten
Jahrhundert, angekauft vom Louvre 3050, dieselbe Gottheit
sitzend, bemaltes Holz, 9. Jahrh. 8100, Aspara, polychrome
Statuette, 10. Jahrh. 1000, Bodhisatwa Monju, aufrecht, be-
maltes Holz, 11. Jahrh. 1650, Bodhisatwa Jiso, sitzend, be-
maltes Holz 4200, bemalte und vergoldete Holzstatuette,
Bischanion einen Dämon überwältigend, von Umke,
12. Jahrh. 4200, lebensgrosse Statuette Bischamon's mit der
Pagode in der linken Hand, Holz, 12. Jahrh. 5100, Amida
auf der Lotusblüte sitzend, vergoldetes Holz, 12. Jahrh.
3050, Bodhisatwa auf einem Drachen, vergoldete und be-
malte Holzstatuette, 12. Jahrh. 1120, vier Statuetten aus
dem 12. Jahrhundert, die Tennos als Teufelbezwinger 2000,
 
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