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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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Voss, Georg: Der Tag für Denkmalpflege in Düsseldorf
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Der VII. internationale kunsthistorische Kongress in Innsbruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0035

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Der VII. internationale kunsthistorische Kongress in Innsbruck

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Es wurden darauf die Architekten Hossfeld, Arnz, Eb-
hard, der Schweizer Neef, sowie Professor Neuwirth-
Wien in eine Kommission gewählt, welche übers Jahr
geeignete Vorschläge über zweckmässige Merkmale
für die Ergänzung machen soll.

Sehr lebhaft befürwortet wurde ferner die Anlage
von Denkmalsarchiven, in denen alle Abbildungen
und Nachrichten von Denkmälern gesammelt werden
sollen. Solche Archive sind jetzt in den meisten
deutschen Staaten im Entstehen begriffen, doch noch
weiter auszubilden, um die erforderlichen wissenschaft-
lichen Grundlagen für die Erhaltung der Bau- und
Kunstdenkmäler zu geben.

Mit grossem Interesse wurde ferner der Bericht
des Oberbürgermeisters Stuckmann über die glänzen-
den Erfolge der städtischen Denkmalspflege in Hildes-
heim aufgenommen. Dort geht man bei der Erhaltung
des alten Bildes der Stadt so weit, dass man den
Bürgern auch für Neubauten Fassaden im Sinne der
Hildesheimer Häuser des 15. und 16. Jahrhunderts
empfiehlt. Vor den Gefahren einer derartigen falschen
Romantik warnte namentlich Geheimrat Hossfeld
sehr eindringlich. Man soll die Bedürfnisse unserer
Zeit nicht gewaltsam in das Gewand früherer Jahr-
hunderte kleiden. Das sind Altertümeleien, die mit
ernsten Bestrebungen zur Erhaltung der Denkmäler
nichts zu thun haben. Gerade in Hildesheim ist in
dieser Beziehung jetzt eine sehr beklagenswerte Bar-
barei vorgenommen. Man hat dort das alte herrliche
eherne Taufbecken des heiligen Bernward von Hildes-
heim völlig blank geputzt, so dass es wie eine neue
galvanoplastische Nachbildung aussieht. Doch daran
ist die städtische Verwaltung unschuldig. Unstreitig
giebt Hildesheim in vielen Dingen den übrigen Städten
Deutschlands ein rühmliches Vorbild in Bezug auf
die Erhaltung ehrwürdiger alter Bauwerke. So hat
der Magistrat von Hildesheim z. B. fast alle die herr-
lichen alten Giebelhäuser am Markte angekauft und
dadurch die Erhaltung dieses Teiles der alten Stadt
für immer gesichert.

Der Inhalt der Verhandlungen war so vielseitig,
dass hier nur einige Fragen gestreift werden können.
Die Reden sollen demnächst in dem stenographischen
Bericht erscheinen, der namentlich allen Behörden und
Kirchenvorständen zur Beherzigung empfohlen sei.

GEORG VOSS

DER VII. INTERNATIONALE KUNST-
HISTORISCHE KONGRESS IN INNSBRUCK

(Schluss)

Es folgte der Vortrag von Prof. Semper-Innsbruck
über Alttirotische Malerei vom 14. bis 75. Jahrhundert als
Ergänzung zu der Ausstellung. Die politische Gestaltung
des Landes ging von Sädtirol aus, die Grafen von Tirol
sassen auf ihrem Schloss bei Meran, daher ist vom 11. bis
13. Jahrhundert Südtirol fast ausschliesslich die Stätte der
Kunstübung, aber auch noch in späteren Zeiten bildete
es den Kern- und Ausgangspunkt der künstlerischen Ent-
wickelung. Zuerst herrschte durchaus der italienische Ein-
fluss, im 14. Jahrhundert jedoch machen sich daneben auch
deutsche Elemente bemerklich, wie denn die Wandbilder
aus der Passion Christi und dem Leben des Johannes im
Kreuzgang zu Brixen schon ikonographisch auf Deutsch-

land weisen. Mit dem Ende des 14. Jahrhunderts überflutet
der italienische Einfluss dann wieder ganz Südtirol. Die
mächtigen oberitalienischen Fürsten, die Scala und Visconti,
und Venedig erwarben Teile von Tirol; ausser diesen
politischen waren aber auch künstlerische Gründe mass-
gebend, indem nämlich die Wandmalerei von Verona in
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunders namentlich unter
den beiden Malern Altichieri und Avanzo und ihrer aus-
gebreiteten Schulen zu einer bedeutenden Blüte gelangte.
Diese Maler knüpften an einen Schüler Giotto's, wahr-
scheinlich Giovanni da Milano, an, verfuhren dabei aber
ganz selbständig. Altichieri thut den früheren Giottisten
gegenüber einen Schritt nach dem Wirklichen und zeichnet
sich durch die Wärme seines Kolorits aus; in den Kostümen
seiner Figuren spiegelt sich die Pracht des veronesischen
Hofes wieder. Aus der Schule des Altichieri entwickelt
sich eine zweite Schule, deren Haupt Stefano da Zevio ist.
Dem Monumentalen des Altichieri tritt bei ihm das
Sentimentale und der Linienschwung der Gotik gegenüber.
Diese beiden Schulen wirken etappcnmässig auf die tirolische
Malerei ein. Ihr Einfluss erstreckt sich namentlich auf
Bozen und Brixen, aber auch bis in die Seitenthäler der
Etsch und der Eisack. Unter dem Einfluss der Altichierischule
stehen auf italienischem Sprachgebiet Fresken von Sa. Lucia
in Fondo und im Dom zu Trient, auf deutschem Sprach-
gebiet die Bruchstücke von Fresken in der Vigiliuskapelle
auf dem Calvarienberge bei Bozen aus dem Anfang des
15. Jahrhunderts, die Wandmalereien in St. Johann im
Dorf, in der Johanneskapelle zu Brixen. Ein Hauptver-
treter dieser sich an Altichieri anlehnenden Richtung ist
Hans Stockinger mit seinen Fresken von 1406 aus dem
Marienleben in der Kirche zu Terlan. Sie sind leider sehr
übermalt, doch lässt sich erkennen, dass hier der deutsche
Einschlag schon stärker ist, als bei den vorhergenannten
Fresken. In St. Martin bei Bozen sind die Fresken eben-
falls stark und zwar im 18. Jahrhundert übermalt bis auf
ein erst neuerdings aufgedecktes Madonnenbild, das wahr-
scheinlich von einem Italiener, einem Schüler des Stefano
da Zevio, herrührt. Die zweite Ära des veronesischen Ein-
flusses wurde damit eingeleitet, dass Stefano da Zevio
1434, wie jetzt nachgewiesen ist, in Tirol war. Zu den
besten Werken unter seinem Einfluss gehören die Fresken
des Portals am alten Kloster Gries bei Bozen, die Engel
am vierten Gewölbe im Kreuzgang zu Brixen und die
darunter befindliche Anbetung der Könige von 1418.
Darauf zeigt sich ein Übergangstil, in welchem sich das
nationale Element immer mehr ausprägte, namentlich bei
einer Reihe von Kreuzigungen, bis in der Mitte des
15. Jahrhunderts der deutsche Charakter zum erstenmal
konsequent durchgebildet wird, namentlich durch Jakob
Suntcr in seinen Malereien im Kreuzgang zu Brixen. Bei
ihm treten die brüchigen Gewandmotive und die deutschen
Gesichtstypen auf. Dann kehrt der italienische Einfluss
noch einmal zurück durch die Familie Packer. Besonders
ist es Friedrich Packer, bei welchem das Vorbild der
Paduaner und anderer Italiener durchlickt, er scheint auch
in Venedig gewesen zu sein. Da er das in Perspektive
und Anatomie erlernte nicht völlig beherrscht, verfällt er
in Übertreibungen. Michael Packer dagegen vermochte
die Einflüsse von Italien sowohl wie von Norden in seiner
kräftigen Persönlichkeit völlig zu verarbeiten und einen
eigenen Monumentalstil herauszubilden. Im 16. Jahrhundert
wird zur Hauptstadt Tirols Innsbruck, und damit ist das
Vorherrschen deutschen, namentlich schwäbischen Ein-
flusses entschieden.

Dr. E. W. Bredt-Nürnberg schlägt vor, ein General-
register anzulegen aller seit Beginn der kunstwissenschaft-
lichen Litteratur im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts
 
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