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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0059

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95

Wettbewerbe. — Denkmäler. —

Sammlungen und Ausstellungen

96

Uber seine weiteren Arbeiten und Absichten hat Geh.
Baurat a. D. Temper in einer Sitzung des Sächsischen
Ingenieur- und Architektenvereins gesprochen. Seine Vor-
schläge gingen dahin, die Fundamente der Westtürme des
Meissner Domes nicht zu unterfahren, sondern beiderseits
seitlich unter sie bis auf den Felsen hinab schräg gestellte
Betonmauern als Stützen zu errichten. Unter den Funda-
menten liegt nämlich erst eine etwa 4,5 Meter hohe Schicht
presshaften Bodens, so dass jene schrägen Stützmauern
etwa fünf Meter hoch werden dürften. Gegen diese An-
sichten und Absichten Temper's erhoben drei hervorragende
Techniker entschiedenen Widerspruch, und zwar ging dieser
Widerspruch hauptsächlich von zwei Erwägungen aus,
erstens, dass die Ansätze der schrägen Stützmauern leicht
abscheren würden, und zweitens, dass durch die Mauern
eine Art Sprengwerk erzeugt, der untere Teil der Funda-
mente also auf seitlichen Druck in Anspruch genommen
werde. Ob das alte Mauerwerk diesem Drucke gewachsen
sei, scheine zum mindesten nicht unzweifelhaft. Jedenfalls
ergiebt sich aus dieser sachverständigen Verurteilung der
statischen Berechnungen des Geh. Baurats a. D. Temper
mit Sicherheit: die Wirkung der von ihm beabsichtigten
(oder schon begonnenen?) Arbeiten an der Westschauseite
des Meissner Domes ist ins Ungewisse gestellt und wissen-
schaftlich nicht sicher zu begründen. Jeder, der den
Meissner Dom wirklich erhalten will — und das ist ja
doch die Hauptaufgabe des Dombauvereins — muss der-
artige Eingriffe in den alten Dom geradezu als einen
Frevel bezeichnen. Jedenfalls ist der jetzige Zustand der
Fundamente so lange völlig ausreichend, als man den Turm
nicht durch Aufbauten belastet, somit würden sich die von
Temper vorgeschlagenen gefährlichen Experimente erst
dann nötig machen, wenn man solche Aufbauten errichtet.
Die wichtigste Frage liess denn auch Herr Geh. Baurat
Temper unerörtert: Ist es bei dem jetzigen Zustande der
Fundamente rätlich, neue Aufbauten aufzuführen und damit
neue statische Momente wirksam zu machen? Da aber
der Vorstand des Meissner Dombauvereins bekanntlich fest
entschlossen ist, Türme zu bauen, so ersieht man, welche
Gefahr dem Bestand des Meissner Domes droht. Es ist
übrigens bezeichnend, dass von einem Vorstandsmitgliede
des Dombauvereins in der Sitzung des sächsischen In-
genieur- und Architektenvereins der Antrag gestellt wurde,
es solle über die Vorgänge in der Versammlung Still-
schweigen beobachtet werden. Heisst das zum Besten
des Domes arbeiten wollen? Hat der Vorstand des Dom-
bauvereins Grund, eine sachverständige Kritik seiner Arbeiten
der Öffentlichkeit vorzuenthalten ? Anders kann man jenen
Antrag wahrlich nicht auslegen. Man darf nun wirklich
gespannt sein, wie lange noch die königlich sächsische
Regierung dem Vorgehen des Meissner Dombauvereins-
vorstands, der mit dem Dom wie mit seinem Privateigentum
schaltet, thatenlos zuschauen wird.

Man fragt sich vor allem, warum nicht die königlich
sächsische Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler
eingreift. Die Sache ist einfach: diese Kommission ist
keine Behörde, sondern hat nur Gutachten abzugeben, und
dies auch nur in dem Falle, dass Entwürfe vorliegen, über
die eben ein Gutachten abgegeben werden kann. Da aber
Oberbaurat Schäfer die von der Regierung geforderten
umgearbeiteten Entwürfe für den Turmbau noch nicht
eingeliefert hat, so muss die königlich sächsische Kom-
misson zur Erhaltung der Kunstdenkmäler ruhig zusehen,
wie man am Grundbau des Meissner Doms herumarbeitet
und die Ausführung der noch nicht genehmigten Zukunfts-
pläne vorbereitet. Sie hat übrigens auch gar keine Macht,
ihren Gutachten Geltung zu verschaffen, sondern muss es
sich gefallen lassen, selbst in wichtigen Fällen nur für die

Akten zu arbeiten. Man braucht sich also nicht zuviel
davon zu versprechen, wenn der Kommission wirklich der
Plan für die Arbeiten am Meissner Dom vorgelegt wäre
oder würde. — Wir können endlich noch berichten, dass
wieder ein Mitglied aus dem Vorstand des Meissner Dom-
bauvereins ausgetreten ist, nämlich Herr General der In-
fanterie z. D. von Raab, Exc. Er hat offenbar damit aus-
gedrückt, dass auch er nicht einverstanden ist mit dem
Vorgehen der Mehrheit des Dombauvereinsvorstandes,
wie ja auch der königlich sächsische Altertumsverein, dessen
erster Vorsitzender von Raab ist, erklärt hat, er erachte die
Erhaltung des Domes für wichtiger als den Bau von
Türmen. Vor Exc. von Raab sind schon zwei Mitglieder
aus dem Vorstand ausgetreten: Archivar Professor Dr.
Richter und Hofrat Professor Dr. Gurlitt. 592

Venedig. Im Anschluss an meinen letzten Bericht
aus Venedig füge ich bei, dass die Regierungskommission,
welche berufen war, den Zustand der Reste des Campanile
auf die Verantwortlichkeit hin zu untersuchen, um dar-
nach ein Strafurteil abzugeben, ihre Arbeit beendigt hat,
und nach Rom zurückgekehrt, dieses Verdikt ahgeben wird.

Es wird von Interesse sein, welche Summen für die
eben jetzt im Zuge befindlichen Restaurationen der Monu-
mentalbauten ausgesetzt sind.

Für den Palazzo Ducale 140000 Lire, für SS. Giovanni
e Paolo ebensoviel, 120000 Lire für die Frarikirche,
40000 Lire für S. Zaccaria. Bei S. Maria della Salute
sind die Fenster zu erneuern, und die kleinere Kuppel
für 60000 Lire zu rekonstruieren. S. Giorgio Maggiore
verlangt 18000 Lire. S. Maria Materdomini 15000 Lire.
Die Kuppel von S. Maria dei Miracoli erheischt 12000 Lire.
Die Scalzikirche für Dachreparaturen 18000 Lire. S. Fran-
cesco della Vigna 45000 Lire. Die Kathedrale von Forcello,
für ihren Campanile 20000 Lire.

Fast alle diese Gebäude haben vor ca. 30 Jahren nicht
geringe Summen verschlungen, ganz vom Dogenpalast zu
schweigen und von der Markuskirche, welche beide seit
24 Jahren kolossale Summen kosten. Augast Wolf.

WETTBEWERBE
Der Gemeinderat von Venedig eröffnet einen Wett-
bewerb zwischen den ausländischen und italienischen
Künstlern für das Modell einer grossen goldenen
Medaille, welche als Preis den hervorragendsten Werken
in der internationalen Kunstausstellung des Jahres 1903
verliehen werden soll, und setzt zu diesem Zwecke für
den Autor desjenigen Modells, das der Ausführung würdig
erachtet wird, einen Preis von 3000 Lire aus. Letzter
Termin für die Einsendung der Arbeiten 31. Januar 1903.
Die näheren Bestimmungen sind vom Ufficio di Se-
gretaria dell' Exposizione Municipio di Venezia zu er-
fahren.

DENKMÄLER
Ein Grabmal für Charles Beaudelaire ist dieser
Tage auf dem Friedhofe Montparnasse in Paris enthüllt
worden; geschaffen hat es der junge Bildhauer Jose de
Charmoy.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Abendbeleuchtung im Berliner Kunstgewerbe-
museum. Der Gedanke, unsere öffentlichen Kunst-
sammlungen auch in den Stunden »nach des Tages Last
und Mühen« zugänglich zu machen, hat viel Verlockendes
für sich, und so treibt eine Gruppe tüchtiger Kunstschrift-
steiler, deren Bestrebungen für die Kunsterziehung — wie
die beliebte sprachliche Missgeburt lautet — schon mancherlei
 
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