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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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Schleinitz, Otto von: Londoner Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0202

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381

Büclierschau

382

und präzisester Ausführung aller Details, aber Short's
Stil wirkt miniaturartig, fast kleinlich mitunter.

Unter den verschiedenen Arten des Kupferstichs
bleibt in England nach wie vor die Mezzotintmanier
die beliebteste. Eine Ausstellung seltener Blätter unter-
nimmt regelmässig die nunmehr seit fünfundsiebzig
Jahren in ihrer Branche die leitende Führerrolle ein-
nehmende Firma P. & D. Colnaghi & Co. Im ver-
gangenen Jahre waren es die Werke von Valentine
Green, in diesem die Stiche von James und Thomas
Watson. Die am meisten gesuchten Blätter des letz-
teren sind die sogenannten »Windsor-Schönheiten«
nach Peter Lely, »The Strawberry Girl«, und die drei
weiblichen, eine Büste Hymens bekränzenden Figuren
nach Reynolds in der »National Gallery«. James
Watson war ein Schüler von Mac Ardell, einem Vor-
kämpfer für die Mezzotintmanier, und obgleich er
bei Lebzeiten schon als bedeutender Künstler gefeiert
wurde, verschmähte er es nicht, mit seinem Teilhaber,
dem Kupferstecher W. Dickinson, einen offenen Laden
zu halten, in welchem Kupferstiche verkauft wurden.
Künstler und Verkäufer waren zu jener Zeit nicht so
streng geschieden wie heute.

Die Firma Colnaghi zahlte in der im April bei
Christie abgehaltenen Auktion der Kupferstichsamm-
lung des Grafen Karl Lamberg geradezu kolossale
Preise für einzelne Blätter, so unter anderen für
J. R. Smith's Lady Catherine Pelham Clinton«, nach
Reynolds, 11 340 M. Allerdings handelte es sich hier
um einen ersten Plattenzustand, im übrigen aber be-
fand sich das Blatt in geknifftem Briefformat, da es
so dem Besitzer aus Unkenntnis des Wertes durch
die Post und zu einem Preis von einigen Schillingen
zugesandt worden war. »Die Töchter von Sir
Thomas Frankland «, nach J. Hoppner, von W. Ward
gestochen, die erste Publikation, erwarb dieselbe Firma
für 12390 M.

Den besten Beweis für die Beliebtheit des Mezzo-
tintstiches in England liefert vielleicht die Thatsache,
dass die Firma Thomas Agnew & Sons sich ent-
schloss, durch J. B. Pratt das Staatsporträt König
Eduards von Luke Fildes, in dieser Manier wieder-
geben zu lassen. Die von dem gedachten Hause
vorgeführte Aquarellausstellung verdient alles Lob, da
nur erstklassige Werke von Turner, David Cox,
P. de Wint, Copley Fielding, Tom Collier, Bonington,
J. R. Cozens, A. E. Chalon, Henry Moore und ande-
ren bedeutenden Meistern zur Ansicht gelangten.
Unter den lebenden Künstlern sollen nicht unerwähnt
bleiben: Mac Whirter, Thorne Wait, Swan, J. W. North,
Mrs. Allingham und Miss Mary Gow.

Von beachtenswerten Katalogen und Druckwerken
weise ich zunächst auf den vierten Band des prächtig
illustrierten und von Emile Molinier verfassten Kata-
lags der YVallace-Sammlung« hin, der in London
bei Charles Davis und in Paris bei E. Levy erschien.

Am 25. April wird in London ein neues Journal
»The Collector's Circular« erscheinen, das ein Medium
für die Interessen der Kunstsammler, für Käufer und
Verkäufer sein will. Die Verlagsfirma Cassel & Co.

veröffentlichte den zweiten, über die »National Por-
trait Gallery« handelnden Band, dessen Text Mr.
Lionel Cust, der Direktor des Instituts und sein Assi-
stent Mister Milner verfassten.

Aus dem Jahresbericht Sir E. Poynter's über die
National Gallery und die »Täte Gallery« teile ich
nachstehende bemerkenswerten Daten mit. Der Oberst
John Morland schenkte ein von Romney's Hand ge-
maltes Porträt Morland's. Millai's Bildnis von Sullivan
wurde an die Porträtgalerie abgegeben und Watts
überwies sein Gemälde »Der Todeshof« endgültig
der »Täte Gallery«. Dasselbe Kunstinstitut erhielt
durch Schenkung des »Cosmopolitan Club« ein früh-
zeitiges Werk von Watts, betitelt »Eine Erzählung
Boccaccio's«. Als eine Art Ironie des Schicksals kann
es betrachtet werden, dass das alte Museum in Tra-
falgar-Square sich glücklich schätzte, von Mr. Pierpont
Morgan den »Colonna Raffael« leihweise zur Aus-
stellung erhalten zu haben, während dies Bild früher
jahrelang unbeachtet in einer dunklen Ecke des South
Kensington-Museums ein unlöbliches Dasein fristen
musste und kein auch nur nennenswertes Angebot
für dasselbe erreicht werden konnte. — Die alte Galerie
besuchten in den eintrittsfreien Tagen ungefähr eine
halbe Million Personen, an 30 Sonntagen 37534,
während das neue Institut einen Besuch von 200000,
resp. an den Sonntagen von 35000 Personen aufzu-
weisen hatte. Durch Ankauf eines anstossenden Ge-
bäudes ist nunmehr die »National Gallery« freigelegt
und für die Erweiterung der »Portrait Gallery« wurde
durch Erwerb eines angrenzenden Grundstückes Sorge
getragen.

Dass für ein verhältnismässig modernes Buch nur
seiner Illustration wegen ein Preis von 112000 M.
auf einer Auktion gezahlt wurde, dürfte so leicht
kaum wieder zu verzeichnen sein. Mr. Quaritch kaufte
für die genannte Summe bei Sotheby »The Illustrations
of the book of Job, invented and engraved by William
Blake, 1825«, und 12 farbige Zeichnungen desselben
Künstlers, zu Milton's »L'Allegro« und »II Penseroso«,
erzielten ca. 40000 M. William Blake (1757—1825)
war zu gleicher Zeit Poet, Maler, Schriftsteller, sowie
Kupferstecher und hatte Flaxman zu seinem Beschützer
und John Linneil zum Freund. Die Biographie
Blake's, die am meisten Wert besitzt, ist 1868 von
dem Dichter Swineburne verfasst, der mit Burne-Jones
und Morris das sogenannte zweite präraffaelitische
Triumvirat bildete. o. v. SCHLEINITZ.

BÜCHERSCHAU

Hermann Barth, Konstantinopel, Nr. 11 der Berühmten
Kunststätten, Verlag von E. A. Seemann, Leipzig.

Konstantinopel zu schildern, wie es wurde und war,
ist schwierig, gilt es doch hier eine wirklich in sich zu-
sammenhängende örtliche Kunstentwickelung zu erfassen,
über deren vereinzelte erhaltene Zeugen selbst die Spezial-
forschung erst zum Teil Licht verbreitet hat. Vielleicht
ist es daher als ein Glück anzusehen, dass der Ver-
fasser des Buches einen solchen auf sichere wissenschaft-
liche Voraussetzungen gegründeten Aufbau gar nicht
unternommen hat. Dass es etwas zu sehr an einer
 
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