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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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Cohn, Jonas: Originalität Eine Betrachtung
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0260

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497

Bücherschau

498

Leistung nach anderen Gesichtspunkten als dem der Origi-
nalität fordern. Ein Gedicht kann immer und überall ge-
lesen und gehört werden, man hat also ein gewisses Recht,
blosse Varianten, die nichts Neues bringen, für zwecklos
zu erklären. Auch in der Dichtung ist Neuheit keineswegs
Wertmesser der Schönheit; aber wenn ein Dichter das
von ihm selbst oder anderen Gesagte mit geringer Änderung
wiederholt, thut er Zweckloses. Ein Bild dagegen oder
ein plastisches Werk steht an einer Stelle des Raumes
fest; soll eine ähnliche Wirkung anderswo erzielt werden,
so muss man ein verwandtes Werk zu beschaffen suchen.
Der Besitzer kann sich, sofern es sich nur um ein wirk-
liches Kunstwerk handelt, durch öfteres Beschauen in die
feinsten Züge seines Bildes hineinleben, so dass hier auch
das stille und weniger eigenartige Talent, das eine An-
regung eines Grösseren in seiner Art ausgestaltet, sein
Recht hat. In erhöhtem Masse gilt diese Betrachtung,
wenn man an den mehr dienenden, dekorativen Zweck
bildender Kunst denkt. Wie erfreulich wirken die vielen
Abwandlungen derselben Motive auf den Wänden pom-
pejanischer Häuser!

Am verderblichsten wirkt die Jagd nach Neuem im
Kunstgewerbe. Vielleicht bemerkt man das in der Provinz
noch stärker als in der Hauptstadt, wo wenigstens einzelne
Läden neben den jeweils modischen Mustern altbewährte
Formen bereitstellen. In der Mittelstadt dagegen kann
der Kaufmann kein grosses Lager führen, und man ist
fast sicher, 'eine angemessene Gerätform, die einen einmal
erfreute, schon nach wenigen Jahren durch widerliche
Unformen verdrängt zu sehen. Für jeden besonderen
Zweck und jedes Material kann es nur eine beschränkte
Anzahl von gleichzeitig zweckmässigen und schönen Formen
geben. Ein Überschreiten dieser Grenzen führt im besten
Falle zu sogenannten kapriziösen Sachen, die als Ausfluss
einer Künstlerlaune oder in besonders vornehmer Aus-
führung zu Luxuszwecken wohl einmal ihr Recht haben
können, in billiger Massenware dagegen durch den Wider-
spruch der exzentrischen Form und der schablonenhaften
Ausführung beleidigen. Ist einmal für irgend einen Gegen-
stand des Gebrauches eine rechte Form gefunden, so sollte
der bessere Geschmack darauf dringen, dass die Gross-
industrie, da sie ja doch unmöglich dem einzelnen Stücke
wirklichen Eigenwert geben kann, diese Form festhält.
Wo Handarbeit und damit eigene Erfindung einsetzt, da
sollte der liebevolle Geist des Handwerkers oder Künstlers
sich in der feineren Durchbildung der gegebenen Grund-
formen und in der Verzierung kundgeben, nicht in der
Erfindung möglichst abweichender Proportionen und
Grundformen. Damit soll nicht etwa einer Uniformierung
das Wort geredet werden. Im Gegenteil, wenn die Lager
der Kaufleute von dem Zwange befreit wären, bei jedem
Modenwechsel ihren Vorrat zu erneuern, könnten sie sich
durch grössere Auswahl viel leichter den individuell
wechselnden Zwecken und den berechtigten persönlichen
Geschmackseigentümlichkeiten anpassen. Denn die Vor-
liebe für bestimmte Farben, für einfaches oder prunkvolles
Gerät, für grosslinige oder zierlich abwechslungsreiche
Formen, für Einheit oder Mannigfaltigkeit in seiner Um-
gebung gehört zu den berechtigten Besonderheiten jedes
Einzelnen, durch deren Durchsetzung er seinem Heim das
Gepräge seiner Persönlichkeit verleiht.

Gerade wenn wir uns zu einer gewissen konservativen
Haltung gewöhnen und mit Energie streben, möglichst
vieles dem raschen Wechsel der Mode zu entziehen,
werden wir dahin kommen, den gewaltigen Umschwung
in Technik und Lebensweise auch in den äusseren Formen
zur Erscheinung zu bringen; und zugleich wird unser Geist,
nicht mehr abgestumpft durch den wirren Karnevalstanz

jährlich wechselnder Formen, Freiheit gewinnen, die echte
Eigenart in jeder feinen Linienführung zu empfinden. Denn
heute steht in merkwürdiger und doch leicht erklärlicher
Verkehrung der Zuchtlosigkeit der Form eine Eintönigkeit
"des Ornaments gegenüber.

BÜCHERSCHAU

Hans Schmidt, Die Architekturphotographie. Mit

20 Tafeln und 52 Abbildungen im Text. Berlin, G.

Schmidt. M. 4.—.
Da über Aufnahmen von Werken der Architektur, der
Plastik und des Kunstgewerbes unseres Wissens noch kein
zufriedenstellendes Buch vorhanden ist, so füllt die Arbeit
des Verfassers in der That eine empfindliche Lücke aus,
umsomehr, als sie sich auch in anderer Beziehung als
eine höchst verdienstliche Leistung herausstellt. Sie be-
rücksichtigt eingehend sowohl die technische als die ästhe-
tische Seite der Sache, sie deckt Schwierigkeiten auf und
hilft namentlich die Fehler vermeiden, die sich hier so
deutlich und offen zeigen, wie kaum in einem anderen
Zweige der Photographie. Wenn auch die Anfangsgründe
im allgemeinen als bekannt vorausgesetzt werden, so fehlt
es doch nicht an zahlreichen praktischen Winken (übsr
Einstellung, Rekonstruktion der Bilder und Entwickelung
der Negative u. a.), die Fachleuten wie Liebhabern will-
kommen sein werden. e. l.

Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstech-
nik für das Jahr 1902. Unter Mitwirkung hervorragen-
der Fachmänner herausgegeben von Hofrat Dr. Joseph
Maria Edcr. XVI. Jahrgang. Mit 351 Abbildungen im
Texte und 28 Kunstbeilagen. Halle a. S., Druck und
Verlag von W. Knapp. M. 8.—.
Die Reichhaltigheit des neuen Jahrganges, dessen In-
halt wie bei seinen Vorgängern zur Hälfte aus Original-
beiträgen (70 an der Zahl) aus der Feder meist bekannter
Fachmänner besteht, dessen andere Hälfte über die Fort-
schritte auf allen Gebieten der Theorie und Praxis der
Photographie und der gesamten Reproduktionstechnik Be-
richt erstattet, entkräftet von vornherein jeden Versuch,
auch nur durch Stichworte dem Fleisse und Spürsinn der
forschenden und sammelnden Mitarbeiter gerecht zu wer-
den. Wissenschaftliche Abhandlungen, die zur Erklärung
chemischer und optischer Vorgänge im Bereiche der Pho-
tographie beitragen, wechseln mit der Schilderung und
Beurteilung neuer Apparate und Verfahren und mit aller-
hand kleineren Mitteilungen und praktischen Ratschlägen,
die sich sowohl dem Fachmanne als dem denkenden
Amateur nützlich erweisen. Die beigegebenen Muster-
blätter, unter denen sich auch dreifarbige Naturaufnahmen
befinden, werden ihren Zweck, zur Nacheiferung anzureizen
und die Geschicklichkeit ihrer Verfertiger in helles Licht
zu setzen, sicher nicht verfehlen. e. l.

Die Grundlage der Photographie mit Gelatine-
Emulsionen von Hofrat Josef Eder. Mit 30 Abbildgn.
Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage. Halle a. S.
Verlag von W. Knapp. 1002. M. 7.—.

Das Buch, zugleich das neunte Heft des von Eder
herausgegebenen »Ausführlichen Handbuchs der Photo-
graphie«, enthält die wissenschaftliche Grundlage der Photo-
graphie mit Gelatine-Emulsionen von den Arbeiten Poite-
vin's, der zuerst Leim als Bindemittel für Silbersalze ver-
wandte, bis zu den neuesten Errungenschaften, an denen
Eder selbst durch die Herstellung von Chlor-Brom-Gelatine-
Emulsion wesentlich beteiligt ist. Wer sich nicht nur
mit einfachen Thatsachen und mit der mechanischen Be-
folgung des Hergebrachten begnügt, sondern wissens-
 
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