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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Schmidt, Karl Eugen: Pariser Brief, [1]
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Düsseldorfer Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0123

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Düsseldorfer Brief«

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Kunst nichts schadet, ob sie in St. Louis durch
offizielle Werke allein oder auch durch unabhängige
Arbeiten vertreten ist, versteht sich ja von selbst,
aber Schwinds Wort »Geld wäre mir lieber«, war
nicht nur eine derbe Abfertigung, sondern enthält
eine bittere und fühlbare Wahrheit. Auf den in
St. Louis und überhaupt in Amerika zu erwerbenden
Ruhm mögen die deutschen Künstler immerhin ver-
zichten, aber den amerikanischen Dollar hätten sie
schließlich ebensogut einfangen können wie ihre
französischen Kollegen, und kein Mensch hätte ihnen
daraus einen Vorwurf machen können.

KARL EUGEN SCHMIDT.

»DÜSSELDORFER BRIEF«

Nicht unwichtig für die künstlerische Bedeutung
wie Entwickelung Düsseldorfs ist die konstituierende
Generalversammlung, welche der junge »Verband der
Kunstfreunde in den Ländern am Rhein« jüngst hier
abhielt. Die in den Vorstand gewählten Herren:
Regierungspräsident a. D. zur Nedden erster, Bei-
geordneter der Stadt Köln Laue zweiter Vorsitzender,
Bankdirektor; Konsul Lucan Schatzmeister und Schäfer,
Herausgeber der »Rheinlande«, Schriftführer, nahmen
die auf sie gefallene Wahl erfreulicherweise an. Die
durch einen Arbeitsausschuß emsig vorbereiteten Statuten
wurden nach nochmaliger genauer Durcharbeit ange-
nommen, und so erscheint denn nun ein neuer hoff-
nungsvoller Verband auf der Bildfläche, den mit
wenigen Strichen zu skizzieren mir vergönnt sein
möge.

Was will er? Haben wir denn nicht genug an den
über ganz Deutschland in segensreicher Weise verbrei-
teten »Kunstvereinen«? Ist's so, wie kürzlich in einigen
Blättern nicht ganz Eingeweihte behaupteten: decken
die Ziele des neuen Verbandes sich mit den Bestre-
bungen z. B. unseres »Kunstvereins für Rheinland
und Westfalen«.

Nein: sie decken sich nicht. Der neue Verband
will den Kunstvereinen auch gar keine Konkurrenz
machen. Dieses betonte laut und ausdrücklich der
neue Vorsitzende in der Versammlung. Und tat-
sächlich will er nur ergänzen, will eine Lücke aus-
füllen, welcher gerecht zu werden den anerkannten
Kunstvereinen bei all ihrer Arbeit und ihrer Zu-
sammensetzung gar nicht möglich ist. Die Förde-
rung, welche laut § 2 der Statuten der neue Verband
den bildenden Künstlern in Baden, Württemberg,
Elsaß-Lothringen Rheinpfalz, Hessen, Rheinprovinz,
Westfalen, Hessen - Nassau und Waldeck angedeihen
lassen will, soll wesentlich darin bestehen, daß starke
Talente in die Lage gesetzt werden, sich frei von
Sorgen ihrer künstlerischen Tätigkeit hingeben zu
können. Diese Förderung soll entweder in An-
weisung von Jahreshonoraren oder in Bestellung oder
Ankauf von Kunstwerken bestehen. Bei Anweisung
eines Jahreshonorars hat sich der Künstler zu ver-
pflichten, nach besonderer mit ihm zu treffender Ver-
einbarung Kunstwerke seiner Hand dem Verbände zu
übergeben, welche unter die Mitglieder verlost werden.

Der Verband besteht aus Stiftern, die einen ein-
maligen Betrag von mindestens 1000 Mark zahlen.
(Es sind deren schon sieben.) Aus Patronen, die
einen jährlichen Betrag von mindestens 100 Mark
zahlen. Es sind deren bereits zwanzig. Und
endlich aus ordentlichen Mitgliedern, die einen Jahres-
beitrag von mindestens 15 Mark zahlen. Es sind
schon über 1200. Die Mitgliedschaft wird erworben
durch schriftliche Anmeldung bei der Geschäftsstelle
des Verbandes und ist rückwirkend jeweilig bis zum
Beginn des laufenden Geschäftsjahres, welches vom
1. Januar bis 31. Dezember läuft. Dem Vorstande,
der sich durch Beisitzer vervollständigt, stehen zur
Erledigung der künstlerischen Angelegenheiten die
Kunstkommissionen zur Seite. Diese Kommissionen,
welchen die Auswahl der Künstler und Werke ob-
liegt, bestehen aus fünf Mitgliedern, darunter drei
Malern, von den beiden anderen kann einer ein
Bildhauer sein. Solche Kommissionen sollen zunächst
in Düsseldorf, Karlsruhe, Frankfurt am Main und
Stuttgart gewählt werden. Sie sollen sich unter ein-
ander in Verbindung setzen.

Jedes Mitglied des Verbandes erhält die Kunst-
zeitschrift »Rheinlande« und jedes Jahr ein künst-
lerisches Blatt, Lithographie u. s. w., hat aber außer-
dem Anrecht auf die Verlosung.

Das sind in Kürze die Ziele des Verbandes, und
die Namen der bis jetzt für die Künstlerkommissionen,
denen allein die Entscheidung für die Auswahl der
Kunstwerke zusteht, ausersehenen Künstler verbürgen
den hohen Ernst und das ideale Streben. Es sind:
Ludwig Dill, Gustav Schönleber und Hans Thoma
in Karlsruhe; Ferdinand Brütt, Wilhelm Steinhausen
und Wilhelm Trübner in Frankfurt; Gregor v. Boch-
mann, Claus Meyer und August Deuscher in
Düsseldorf.

In wenigen Lebensgeschichten bedeutender Künstler,
so sagt der in alle Himmelsrichtungen flatternde
Aufruf, fehlen die Jahrzehnte bitterer Bedrängnis,
denen erst im Alter zur wehmütigen Genugtuung
die allgemeine Anerkennung zu folgen pflegt. Wie
viele eigenartige, reichbegabte Künstlernaturen, so
sagt der zweite Satz, verkümmern auch heute noch
abseits von dem Modegeschmack der Menge.

Nun: diese Naturen aus der Mitte der Künstler
herauszufinden, soll die Aufgabe des Verbandes sein.
Dies ist aber eine Aufgabe, welcher sich unsere
Kunstvereine, auch die höchststehenden, nicht wohl
hingeben können, es sei denn, sie verzichteten auf
eine große Menge ihrer Anhänger. Also tritt der
Verband mit erfreulicher Zuversicht in eine offene
klaffende Lücke. Wo waren unsere Kunstvereine,
als ein Feuerbach vereinsamt rang und kämpfte, als
ein Böcklin sich mühsam durchschlagen mußte und
ein Thoma unbekannt in einsamer Mansarde in
München seine Werke schuf.

Hier gilt es einzusetzen. Die Mitglieder strömen
mächtig dem neuen Verbände zu. Das ist schön.
Wir wollen uns freilich nicht verhehlen, daß auch
die Zeit kommen könnte, wo die Spreu vom
Weizen gesondert werden dürfte. Es werden
 
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