Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

DOI Artikel:
Steinmann, Ernst: Die Neuordnung des Museums zu Neapel
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0149

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bücherschau

282

das Augenmerk besonders richtete und hier vor allem durch-
gehends das Holz durch Marmor ersetzte.

Unten im Erdgeschoß ist alles schon vollendet; dar-
über im ersten Stockwerk rechts legt man an die Ordnung
der antiken Wandgemälde eben die letzte Hand. Die
hohen, hellen Räume sind mit Tonnengewölben gedeckt,
grau und hellblau gemalt, mit ganz leichter Ornamentik
im pompejanischen Stil. Es waltet hier eine besonders
festliche Stimmung, und die Pracht der antiken Gemälde,
die wiederum nach Fundorten und zugleich zeitlich ge-
ordnet sind, kommt zur vollen Entfaltung. Nicht nur der
Laie, sondern auch der Fachgenosse wird an der neuen
Aufstellung seine Freude haben, die so eindrucksvoll wirkt,
weil nichts überfüllt und jedes der größeren Fresken we-
nigstens für sich wirken kann.

Ganz oben bei den kleineren Bronzen, Gläsern, Gold-
geräten u. s. w. kann man Gelegenheit nehmen, das Einst
und Jetzt zu vergleichen. Professor Pais hat sehr klug
gehandelt, einen der größten Säle vollständig unberührt zu
lassen; hier wirken die unzähligen Geschmacklosigkeiten
in unmittelbarer Berührung mit den prächtigen neugeord-
neten Räumen besonders schroff. In keiner anderen Samm-
lung Europas werden wir so in das intime Leben des
Alten eingeführt wie hier, wo auch die Anordnung der
unvergleichlichen Schätze im Geiste der Antike erdacht
und durchgeführt worden ist.

Die Neuordnung der Pinakothek ist noch am weitesten
im Rückstände. Hier sind auch einige Säle überhaupt noch
nicht hergerichtet. Immerhin haben fast sämtliche »Capo-
lavori« ihren Platz gefunden, und im allgemeinen wohl den,
der ihnen zukam. Auch hier ist die Fülle des Raumes
ein nicht genug zu preisender Vorzug, der es ermöglichte,
das Prinzip durchzuführen, die Bilder nur in einer Reihe
aufzuhängen. Ob der Gedanke glücklich war, sämtliche
Räume mit hellgrünem Tuch auszuschlagen, möchten wir
bezweifeln. Die Farbe ist zu grell, um für alle Bilder zu
passen. Und doch wie wichtig es ist, gerade hier das
richtige zu treffen, zeigt z. B. die Anordnung der hollän-
dischen Meister auf dunkelbraunem Sammet im Berliner
Museum. Es ist zu hoffen, daß diese wichtige Frage im
Kaiser Friedrichs-Museum die glücklichste Lösung finden
wird. Jedenfalls ist der Versuch in Neapel kein ganz ge-
lungener. Auch in der Anordnung der Gemälde wird man
später wohl im einzelnen Veränderungen vornehmen. Man
begreift z. B. nicht, warum die herrlichen Tizians nicht
alle vielleicht mit Sebastiano del Piombo in der ersten
Rotonde vereinigt wurden, und warum gerade hier die hei-
lige Familie des Giulio Romano in einem schwerfälligen
Barockrahmen einen Ehrenplatz gefunden hat. Ein ab-
schließendes Urteil aber wird hier erst zu fällen möglich
sein, nachdem die ganze Aufstellung vollendet sein wird.
Die Kunstschätze aus der Sammlung Farnese — die Büsten
Pauls LH., das berühmte Silberkästchen und das Bronze-
tabernakel von Bernardi, das Majolikageschirr des Kardi-
nals Alexander u. s. w. — harren ebenfalls noch der end-
gültigen Aufstellung.

Die Stadt Neapel besitzt in seinem Museum ein Mo-
nument, um welches sie ganz Italien beneiden kann; es
hat aber erst durch diese Neuordnung die Bedeutung er-
halten, die es heute mit Recht beanspruchen darf. Wäre
Professor Pais selbst Neapolitaner, hätte er es besser ver-
standen, sich den vielfach korrumpierten Elementen dieser
Stadt anzupassen — man würde sein Lob zum Himmel
erheben. Er hat energisch und oft vielleicht rücksichtslos
durchgegriffen, stets in der festen Meinung, seiner Sache
zu dienen. Und daß er in der Tat in diesen zwei Jahren
eine glänzende Leistung vollbracht, wird ihm jeder wohl-
gesinnte Besucher — Fachgenosse oder Laie — bezeugen.

Möchte es wenigstens der Anerkennung und Bewunderung
der Fremden, deren Urteil nicht durch Leidenschaftlichkeit
getrübt ist, gelingen, die erbärmlichen Anfeindungen unlau-
terer heimischer Elemente verstummen zu machen. Jeden-
falls braucht Professor Pais kaum noch Notiz von ihnen
zu nehmen, da ihn die Tatsachen so glänzend gerecht-
fertigt haben. e. steinmann.

BÜCHERSCHAU

The great Masters in painting and sculpture. Edited
by G. C. Williatnson. London, George Bell and Sons,
1902/3.

Von der Serie von Monographien, die die Firma Bell
herausgibt, und die durch gute Ausstattung, besonders
durch reiche und sorgfältige Illustrierung sich auszeichnet,
liegen einige neue Bände vor, die in der Reihenfolge, in
der sie erschienen sind, besprochen werden.

Giotto. Von F. Mason Perkins. Es ist die ruhige
Darlegung eines Kritikers, der sich lange Zeit intensiv nicht
nur mit dem Künstler, den er speziell behandelt, sondern
auch mit denen um ihn beschäftigt hat, der die vielen
Probleme gerade dieser Existenz wohl kennt, aber (für ein
populäres Buch das allein Richtige) diese vorher mit
sich selbst abgemacht hat und dem Leser nur die Resultate
bietet. Interessant und beachtenswert ist das einleitende
Kapitel, kurze Bemerkungen über die älteren Biographien.
Nicht beachtet hat der Verfasser, daß Vasaris Darstellung
hauptsächlich auf Billi beruht und stellenweise auffallende
Übereinstimmungen mit dem Anonymus XVII, 17 zeigt.
In der Chronologie der Werke verlegt er die Tätigkeit in
Assisi zwischen Rom und Padua. Die Fresken im Bargello
streicht er aus dem Katalog (worin er die fast allgemein
gewordene Ansicht vertritt), ebenso das Altarbild in Santa
Croce. Gewiß ist es irrig, wenn man Giottos Namen mit
mehr als den ersten Campanilereliefs in Verbindung bringt.
Die folgenden sind auch in der Erfindung Andrea Pisanos
Eigentum, so das besonders schöne Relief auf Tafel 37.

Sir David Wilkie. Von Lord Ronald Sutherland Gower.
Von Wilkie, der Jahrzehnte vor der Blütezeit der Düssel-
dorfer Genremalerei die gleichen Stoffe behandelte, die
deren Ruhm ausgemacht haben, dessen Bilder trotz stark
anekdotischem Charakter auch künstlerisch anziehen, weiß
man in Deutschland wenig. Muther hat kürzlich in seiner
»englischen Malerei« mit Nachdruck auf die großen Quali-
täten Wilkies hingewiesen. Aber man muß diese Sachen
sehen: und wie stets bei seiner nationalen Kunst, hat Eng-
land nicht nur die besten seiner Schöpfungen, sondern fast
alles, was er gemacht hat, daheim zu bewahren gewußt.
In seinen jungen Jahren ist der Einfluß der holländischen
Genremaler offenkundig; sehr bald wird seine Mal weise
persönlich und national. In späteren Jahren kommt etwas
Fremdes, das Verwandtschaft hat mit der gleichzeitigen
romantischen Schule Frankreichs, in seine Kunst; in Wilkies
nächster Umgebung klagte man, Italien habe ihn ruiniert.
Jedenfalls muß man wohl zwischen seinen historischen
Kompositionen (John Knox und andere) und den mehr
genreartig gefaßten Bildern, wie die Szenen aus den
spanischen Guerillakämpfen, unterscheiden. Aber selbst
unter den historischen Bildern, z. B. der »erste Kronrat
unter Königin Victoria« (in Windsor): welch ein malerisches
Meisterwerk! Dieser Entwickelungsgang ist anschaulich,
einfach und belebt durch persönliche Urteile von und über
Wilkie, sowie durch Mitteilung von Briefstellen dargelegt.
Unter den Abbildungen sei besonders auf die Radierungen
verwiesen; danach muß der Meister gerade für diese
graphische Kunst besonders begabt gewesen sein, obwohl
 
Annotationen