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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Frimmel, Theodor v.: Aus der Sammlung Hoschek in Prag
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Schmidt, Wilhelm: Altärchen von Lukas Cranach dem Älteren
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0235

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453

Altärchen von Lukas

Cranach dem Älteren

454

wohl viel schärfer gekrümmt sein können als beim
ruhig blickenden Manne in den besten Jahren. Denn
im kräftigsten, reifen Alter ist Steenwyck für die
Ikonographie gezeichnet worden. Er schaut gelassen
aus dem Bilde heraus. Im Gemälde ist er schon
überreif, ein wenig vertrocknet. Überdies blickt er
da gewaltsam in die Höhe. Diese Blickrichtung be-
dingt so leicht eine Mitbewegung der Brauenbögen
nach oben. Wie man sich nun zur Sache stellen
möge, jedenfalls finde ich den Fall einer Erörterung
würdig, ganz abgesehen davon, daß das Bildnis
schon durch seinen Kunstwert Beachtung verdient.
Deshalb seien noch einige beschreibende Worte bei-
gefügt. Das Antlitz des Dargestellten hat man sich
bräunlich und merklich eingefallen vorzustellen, Haar
und Bart sind ungefähr braun von halbdunklem grau-
lichem Tone. Der Rock ist rötlichbraun, und quer-
über zieht sich ein dunkles, wie gewöhnlich ge-
schrieben wird, »schwarzes« Band. Von dem schwarzen
Käppchen hören wir wir noch. Das Bild ist im
wesentlichen gut erhalten, zeigt nur wenige alte
Ristauros. Jedenfalls ist es einmal gebügelt oder
gewalzt worden, wodurch sein Relief merklich ge-
litten hat. Die Sprünge sehen so aus, wie auf un-
zweifelhaft alten Leinwandbildern des 17. Jahrhunderts.

Was die Kalotte betrifft, die zur Vermutung An-
stoß gegeben hat, es sei Richelieu dargestellt, so
verweise ich auf das Vorkommen derselben Kopf-
bedeckung in Malerbildnissen der van Dyckschen
Ikonograpkie. Man findet die Kalotte z. B. im Por-
trät des Hofmalers Coeberger, ferner wird sie ge-
tragen von Jan Snellincx und Jan de Wael.

Die Pinselführung auf dem neu auftauchenden
van Dyck findet Analogien an vielen unbestrittenen
Werken des berühmten Malers, und des besonderen
nenne ich ein signiertes Bild, das namentlich die
Impastos im Gesicht genau so aufweist, wie unser
vermutliches Steenwyckbildnis. Ich meine den hl.
Hieronymus der Nationalgalerie zu Stockholm (Nr. 404
des Kataloges von Georg Göthe).

Einige veraltete Angaben über den jüngeren Steen-
wyck sprechen scheinbar gegen meine Aufstellungen.
Steenwyck II. soll nämlich in jungen Jahren ver-
storben sein. Diese Angaben lassen sich als Miß-
verständnisse erweisen. Der ältere Steenwyck ist 1603
oder 1604 gestorben und soll der Lehrmeister des
jüngeren, seines Sohnes, gewesen sein. Die Angabe
von der Lehrerschaft ist nach den Werken der beiden
Steenwyck zu schließen höchst wahrscheinlich. Da-
nach müßte der jüngere doch ziemlich weit vor 1604
geboren sein. Man setzt gewöhnlich »um 1580« in
die Kataloge. Nach Jahreszahlen auf seinen Werken
war er noch 1645, vermutlich auch noch 1649
tätig1). Diese Erwägungen schließen es aus, den

1) Das datierte Bild von 1645 befindet sich in der
Brüsseler Galerie, das von 1649 im Vorrat der Berliner
Galerie. Herr Dr. M. Friedländer teilte mir freundlichst
mit, daß dieses Bild von 1649 nur aus Raummangel von
der Galerie ausgeschlossen wurde, nicht aber deshalb,
weil man die Echtheit der Datierung angezweifelt hätte.
Auch Woermanns Geschichte der Malerei (III, 406) führt

Maler als jung verstorben zu bezeichnen, und ich
vermute, daß einfach eine Ungenauigkeit vorliegt, die
das Fortziehen des Künstlers von den Niederlanden
nach England mit seinem Hinscheiden verwechselt
hat. Ist der jüngere Steenwyck wirklich um 1580
geboren, wie man gewöhnlich annimmt, so kann er
gegen 1640, als ihn van Dyck in Öl malte, recht
wohl so ausgesehen haben wie der alte Mann auf
dem Bilde der Galerie Hoschek. Die Halbfigur der
Ikonographie muß früher fallen.

Die Galerie Hoschek birgt noch viele andere Ge-
mälde, die für die Kunstgeschichte von Interesse sind.
Ich komme bei Gelegenheit auf diese Sammlung
zurück. TH. v. FRIMMEL.

ALTÄRCHEN VON LUKAS CRANACH DEM
ÄLTEREN

Der Verfasser dieser Einsendung besitzt das
umstehend abgebildete Reise- oder Hausaltärchen.
Es ist wohl manchmal gut, die Geschichte eines
Ankaufes zu erzählen, besonders in diesem Falle,
da sie nicht ohne Belehrung abläuft, und die all-
mähliche Entstehung und Festigung der Ansichten
über das Gemälde dartut.

Als mir das Altärchen gezeigt wurde, war mir
sofort klar, daß es aus der jüngeren Zeit Cranachs
herrühren müsse; ich setzte es in die Jahre 1506 bis
1508, gestützt auf die bemerkenswerte Verwandtschaft
mit dem Torgauer Altare (Cranachausstellung in
Dresden 189g, Nr. 98) und die starken Nachklänge
an die Berliner Flucht von 1504. Auch wer nur
die Nachbildungen dieser drei Gemälde nebeneinander
legt und in allen Einzelheiten vergleicht, wird mir
zustimmen; dazu kommt noch das Kolorit, das mit
dem bekannten Krapp- und Kirschrot gestimmt ist
und in den Gewändern der hl. Elisabeth und Bar-
bara metallisches Gold zeigt. (Vergleiche über die
Technik A. von Zahns Bericht über die Dresdener
Holbeinausstellung in den Jahrbüchern für Kunst-
wissenschaft 1873, p. 155.) Die Landschaft ist äußerst
zierlich gemalt mit reizender Lichtwirkung der auf-
gehenden Sonne. Ist das Altärchen zugeklappt, so
bemerkt man auf den Rückseiten der Flügel je ein
Wappen; ich konnte diese, nachdem das Werk in
meinen Besitz übergegangen war, als die Wappen
des Landgrafen Wilhelm II. von Hessen und seiner

es unter den sicheren Werken an. Die Literatur über die
beiden Hendrick Steenwyck ist eine ziemlich weit ver-
zweigte. Bei van Mander, der den älteren erwähnt, und
Houbraken, der eine kurze Stelle im Leben des David
Bailly dem jüngeren widmet, fängt sie an. Mariettes
Abecedario und später alle Handbücher und umfassenden
Lexika behandeln den Namen Steenwyck. Die meisten
Werke des jüngeren dürften in Hampton Court beisammen
sein. In Peter Lelys Galerie war ein »Stanwick«. Dutzende
von alten und neuen Katalogen führen Architekturbilder
der beiden Hendrick Steenwyck an. — Von augenblick-
lichem Interesse ist jetzt, in der Zeit der Aachener Streitig-
keiten, ein Bild des älteren Steenwyck aus dem Jahre 1573
in der Schleißheimer Galerie. Es bietet eine Innenansicht
des karolingischen Oktogons im Aachener Münster.
 
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