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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Schleinitz, Otto von: Londoner Brief, [1]
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Bernhard, Otto: Die erste Wanderausstellung des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0067

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Die erste Wanderausstellung des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein

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des antik-griechisches Kunstwerk dar, das trotz der
ihm anhaftenden Fehler der archaischen Periode, aber
in der Modellierung des Pferdes, abgesehen von der
Bewegungsfreiheit, selbst von Phidias nicht besser
hätte ausgeführt werden können.

Hubert von Herkomer hat der Universität Oxford
das von ihm gemalte Porträt des Professors Max
Müller geschenkt, das in der Halle von »All Souls
College« aufgehängt wurde. Infolge dieser Gabe
konnte der zum Zweck eines zu errichtenden Er-
innerungszeichens für den Verstorbenen bereits früher
gesammelte Fonds von 50000 Mark zum Besten für
Studierende überwiesen werden. Durch den gänz-
lichen Austritt Herkomers aus der Gesellschaft, welche
die Kunstschule in Bushey finanzierte, sah sich die-
selbe genötigt, in Liquidation zu treten. Der wahre
Grund, warum der Meister sich zu einem so schwer
wiegenden Schritt entschloß, wird kaum an die Öffent-
lichkeit dringen, angeblich sah er sich zu überbürdet
mit anderen Geschäften. Der Assistent des Professors,
Mr. Flower, in Verbindung mit dem Künstler Whiteley,
wollen versuchen das Institut weiter zu führen und
die Ausbildung von Schülern fortzusetzen.

Hogarths Haus in Chiswick soll als ein Museum
eingerichtet werden. Obgleich Hogarths Arbeiten
mitunter außerhalb der eigentlichen Kunst liegen, so
hatte Whistler doch ganz recht, wenn er den Eng-
ändern zurlief: »Hogarth ist euer großer Mann!«
Hogarth und Zola besitzen einigermaßen Wahlver-
wandtschaften; jedenfalls weisen z. B. »Gin Lane« und
»L'Assommoir« Unterlagen hierfür auf. —

An Stelle von Millais »Yeoman of the Guard«,
das sich in der »National Gallery« befand und nach
der »Täte Gallery« überführt wurde, ist jetzt ein
anderes Werk desselben Künstlers und zwar das
Porträt von Sir Henry Thompson getreten.

Allen, denen London in bezug seiner historischen
Entwickelung und Kunst Interesse einflößen möchte,
empfehle ich als ein Buch, das manche Aufschlüsse
gewährt, das hübsch illustrierte, von Mrs. Steuart
Erskine verfaßte und bei A. Siegle herausgekommene
Werkchen »London as an Art City«. Endlich habe
ich noch den Bericht von dem vor einigen Monaten
erfolgtem Ableben des ausgezeichneten Marinemalers
Colin Hunter nachzutragen. Er war 1841 in Glas-
gow geboren, starb in London in seinem Hause in
Melbury Road, in der mehr wie ein halbes Dutzend
künstlerische Größen sich niedergelassen haben,
rechnete sich selbst der schottischen Schule zu und
wurde in der Güte seiner Werke selbst von David
Murray nicht übertroffen. O. v. SCHLEINITZ.

DIE ERSTE WANDERAUSSTELLUNG DES
VERBANDES DER KUNSTFREUNDE IN DEN
LÄNDERN AM RHEIN

Der erst kürzlich gegründete Verband der Kunst-
freunde in den Ländern am Rhein hat in den ersten
Dezembertagen seine erste Wanderausstellung im Bei-
sein seines hohen Protektors, des Großherzogs von

Hessen und einer großen Anzahl dem Verbände an-
gehörender Künstler in Darmstadt eröffnet. Die Aus-
stellung ist im Ernst-Ludwigshause der Künstlerkolonie
untergebracht und wurde beschickt von den Kunst-
städten Darmstadt, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Karls-
ruhe, Straßburg i. E., Stuttgart und ihren Gebieten:
Hessen, Hessen-Nassau, Rheinprovinz, Frankfurt a. M.,
Baden, Elsaß-Lothringen, Württemberg. Die Zahl der
ausgestellten Kunstwerke (Malerei, Graphik und Plastik)
ist eine beschränkte; — wenig über hundert; — die
Zahl der ausstellenden Künstler dagegen eine ver-
hältnismäßig sehr große und der der Werke annähernd
gleichkommende; denn nur etwa einem Dutzend der
Künstler wurde es verstattet, mehr als ein Werk zu
zeigen. Es scheint, daß hier Prinzip gewaltet hat.
Man wollte möglichst alle in rheinischen Landen
tätigen Künstler zu Worte kommen lassen. Uns will
dies Prinzip nicht glücklich scheinen. Es ist uns
ein Beweis, daß die Organisation des Verbandes noch
eine sehr lockere ist, daß man sich an leitender Stelle
über die zu verfolgenden Ziele noch nicht völlig klar
und noch allzusehr in persönlichen Rücksichten be-
fangen ist. Ein Zusammenschluß westdeutscher Künst-
ler hat nur dann einen Sinn, wenn er eine Abwehr-
bewegung gegen den übermächtigen Einfluß von
München und Berlin ist, wenn er eine heimatliche
Bewegung ist. Nur dann kann er für unsere junge
Kulturbewegung förderlich werden. Stellt er sich
nicht auf heimatlichen Boden, so wird er zur reinen
»Erwerbsgenossenschaft«, zum wirtschaftlichen Kartell
zur besseren Beherrschung des Bildermarktes und
bleibt für die nationale Entwickelung der Kunst, so-
fern er sie nicht gar hindert, belanglos. Betont der
Verband aber das heimatliche Moment, so kann er
eine ganze Reihe in Westdeutschland wohnender
Künstler nicht brauchen, eben weil ihre Kunst in
Westdeutschland nicht heimatlich ist. Kalckreuth z. B.
gehört dann nicht hierher, denn seine Kunst ist in
der niederdeutschen Ebene beheimatet. Will man
ganz streng sein, so wären auch Brütt und Ferdinand
Keller mit ihrer mehr internationalen Eleganz aus-
zuschließen. Andererseits müßten aber vom heimat-
lichen Standpunkt aus auch eine ganze Reihe von
Künstlern herangezogen werden, die echte Westdeutsche
sind und nur zufällig nicht in Westdeutschland wohnen.
Wir nennen nur Bantzer und Ubbelohde, die man
ungern auf der Ausstellung vermißt. Daß der Ver-
band dieses heimatliche Moment als einzige, eine
gedeihliche Fortentwickelung garantierende Grundlage
noch nicht klar erkannt hat oder doch wenigstens
noch nicht vermocht hat, es rein zur Durchführung
zu bringen, wird jeder, der weiß, mit welchen Wider-
ständen eine so junge und so weit angelegte Or-
ganisation, wie diese, zu kämpfen hat, erklärlich und
entschuldbar finden. Aber ob entschuldbar oder nicht,
die Tatsache bleibt, daß nicht offen Farbe bekannt
worden ist und daß infolge davon das erste Hervor-
treten des Verbandes an die Öffentlichkeit, die hier
zu besprechende Ausstellung, in zweifelhaftem, flackern-
dem Licht erscheint. Nicht Fisch und nicht Fleisch
ist diese Ausstellung. Vom Geist des stolzen, deut-
 
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