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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Bücherschau — Nekrologe

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BÜCHERSCHAU

Die Bilderteppiche und Stickereien in der städtischen
Altertümersammlung zu Freiburg i. B. von Dr. Hermann
Schweitzer. Freiburg i. B. 1904. Mit 1 Dreifarbendruck-
tafel und 27 Textabbildungen. 40, 33 Seiten. (Sonder-
abzug aus der Zeitschrift »Schauinsland« 1904.)

Die vorliegende Studie des bisherigen Konservators
der Freiburger Altertümersammlung, dem jüngst die Lei-
tung des Suermondt-Museums in Aachen übertragen wor-
den ist, ist weit mehr als eine lokalgeschichtliche Arbeit;
sie darf sowohl wegen der Art und Weise, wie der Gegen-
stand behandelt ist, als wegen der kunstgeschichtlichen
und ikonographischen Bedeutung des letzteren, der Beach-
tung weitester Kreise aufs wärmste empfohlen werden.
Wird uns doch durch die, wenn auch nicht gerade reiche,
so doch durchweg fast erstklassige Sammlung von Tep-
pichen und Stickereien in Freiburg die ganze Entwickelung
dieses Kunstzweiges vom 14. bis 18. Jahrhundert in sehr
instruktiver Weise vorgeführt; dabei ist die Gotik durch
Werke von klassischer Schönheit vertreten, wie durch zwei
vor wenig Jahren erst aufgefundene, dem Kloster Adel-
hausen zugehörige Bilderteppiche, denen der größere Teil
der Studie gewidmet ist. Beide lassen sich auf Grund
innerer Argumente ungefähr der Zeit um 1330 zuweisen;
ihr Freiburger Ursprung wird durch die angebrachten
Wappen von Freiburger oder Breisgauer Geschlechtern
hinreichend klargestellt, wie auch durch die angebrachten
Darstellungen ihre ehemalige Verwendung zum Schmuck
eines vornehmen Bürgerhauses. Der kleinere Teppich von
180 cm Länge und 98 cm Breite mit den Wappen der
Herren von Munzingen, Falkenstein und Reichenstein zeigt
außerdem noch in zwei Reihen den zeltenden Aristoteles,
Samson als Löwenbezwinger und auf einem weißen Ele-
fanten in einem archeähnlichen Gehäus einen gekrönten
Jüngling mit zwei Frauen, darunter eine Orientalin, nach
Schweitzer eine Darstellung des Herrn von Gleichen mit
seinen beiden Frauen und zwar nach der französischen
Version, wobei die Tatsache, daß alle drei sich ins Kloster
zurückziehen, durch den Elefanten, das Symbol der Keusch-
heit, ausgedrückt wäre. Bei dem Mangel an Parallelen
wird es schwer sein, dieser Szene eine jeden Zweifel aus-
schließende Deutung zu geben; der Elefant braucht nicht
ohne weiteres im angedeuteten Sinne symbolisch gefaßt
zu werden in einer Zeit, die unter der Einwirkung der
Kreuzzüge gerade dieses Tier als Träger von Sesseln und
Sänften verwendete (vergleiche z. B. den Bischofsstuhl
von Canosa). Aber sehr viel Wahrscheinlichkeit hat
Schweitzers Deutung im allgemeinen jedenfalls für sich.
Der zweite der gotischen Teppiche mit dem Wappen
Johannes Malterers, eines bekannten Freiburger Patriziers
aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, führt uns in seinen
Darstellungen wieder in den gleichen Ideenbereich: die
Allmacht der Liebe, aber auch ihre Bekämpfung sind das
Thema; Samson, der den Löwen besiegt und von Delila
seiner Kraftquelle beraubt wird; die Vorführung des Ari-
stoteles und die auf ihm reitende Phyllis; das Abenteuer
Vergils, ebenfalls in zwei Szenen (wohl die älteste deutsche
Darstellung), der Kampf Iweins gegen Askalon an dem
Brunnen mit dem zauberhaften Marmorblock, seine Wer-
bung um Laudine und schließlich die Jungfrau mit dem
Einhorn die einzelnen Argumente desselben. Nach der
technisch-künstlerischen Seite ist dieser Teppich von ganz
hervorragendem Wert, die Erhaltung wie die Farbengebung
ausgezeichnet, wie der beigegebene gute Dreifarbendruck
erkennen läßt. — Von den sonstigen Inventarstücken der
Freiburger Teppichsammlung, die Schweitzer behandelt,
mache ich noch auf den gewirkten Marienteppich aus dem

14. Jahrhundert aufmerksam. Unter seinem reichen, mit
Spruchbändern durchzogenen Bilderschmuck treffen wir
unter anderen eine Darstellung der Trinität mit drei Ge-
sichtern an einem Kopf, ferner eine jener merkwürdigen
Darstellungen der Heimsuchung Mariä, bei der ihr wie
der Elisabeth Zustand durch ein kleines nacktes Kindchen
in der Brust angedeutet ist, dabei das Jesuskind segnend
und das Johanneskindchen knieend gezeigt wird, ähnlich
wie in der Georgskirche zu Bonaduz in Graubünden (Jahr-
buch für Kunstwissenschaft IV, 120). In Schweitzers ge-
diegener und inhaltsreicher Abhandlung sind diese inter-
essanten Kunstobjekte mit viel Fleiß und Umsicht in den
richtigen kunsthistorischen Zusammenhang eingestellt;
namentlich ist auch in der Einleitung für einen wirkungs-
vollen kulturhistorischen Hintergrund gesorgt durch den
Hinweis auf die Bedeutung eines farbigen Wandschmuckes
im mittelalterlichen Haus bezw. durch Zusammenstellung
aller noch erhaltenen oder wenigstens literarisch bezeugten
Beispiele. Die Ausstattung der reich illustrierten und noch
mit zwei Sondertafeln versehenen Studie ist in der be-
kannten vornehmen Art gehalten, durch die sich die Zeit-
schrift »Schauinsland« seit Jahren rühmlich auszeichnet.

Sauer.

Albr. Haupt, Peter Flettner, der erste Meister des Otto-
Heinrichsbaues zu Heidelberg. (Kunstgeschichtliche Mo-
nographien I.) 98 Seiten 8° mit 48 Abbildungen. Leip-
zig 1904, K. W. Hiersemann. 8 M.

Der Stern von P. Flettner (so stets seine eigene Schrei-
bung) steigt immer höher. Nachdem schon Reimers und
Lange ihn als den vielseitigsten und feinsinnigsten Meister
der Frührenaissance erwiesen, ist es dem Verfasser ge-
lungen, ihm auch mit höchster Wahrscheinlichkeit den Ent-
wurf der Fassade des Otto Heinrichsbaues zuzuschreiben.
Die mancherlei Unstimmigkeiten derselben und der Kon-
trakt mit A. Kolins von 1558 ergeben, daß der Bau schon
unter Friedrich II., etwa 1546 im Anschluß an den gläsernen
Saal nach Flötners Visierung durch die Meister C. F.
(Caspar Vischer) und den Bildhauer Anthony begonnen,
dann aber nach etwa zehnjähriger Unterbrechung 1558 mit
Benutzung der vorgearbeiteten Zierstücke und in wesent-
licher Verballhornung des ersten Planes aufgerichtet wurde.
Der Beweis stützt sich auf die eigenartige Formensprache
und das Ornament, die sich Flötner auf einer italienischen
Studienfahrt 1529—30 in Como, Bologna und Ferrara (Pal.
Schifanoia und Roverella) aneignete und die ebenso im
Hirschvogelsaal zu Nürnberg, wie in den Holzschnitten
zum Vitruv von 1548 auftreten. Der rekonstruierte Ent-
wurf (Fig. 43), »das Ergebnis einer rein mechanischen Zu-
sammenstellung der umherliegenden Elemente«, ist denn
allerdings eine so vollendet schöne, harmonisch abgeklärte,
»bisher noch ungebaute« Erscheinung, wie sie selbst das
Mutterland der Renaissance nicht aufzuweisen hat. Es
fallen noch sehr wertvolle Lichtblicke auf Flötners frühere
Tätigkeit in Augsburg, Basel, Mainz, Nürnberg usw., wie
auf seine letzte am Schloß zu Amberg. Dr. Bergner.

NEKROLOGE

Am 22. November verschied im Alter von 51 Jahren
der holländische Landschafter Theophile de Bock. Der
Künstler war früher auch in seinem Vaterlande verhältnis-
mäßig wenig beachtet. In den letzten Jahren haben aber
seine Landschaften eine starke Wertschätzung gefunden,
die auf den jüngsten holländischen Auktionen zum Aus-
druck gekommen ist.

Aus Hamburg kommt die Kunde, daß der dortige
Landschaftsmaler Anton Asmussen seit Mitte November
verschwunden ist, und sich aller Wahrscheinlichkeit nach
infolge von Nahrungssorgen das Leben genommen hat.
 
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