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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Hofmann, Friedrich Hermann: Der Meister Anthoni des Heidelberger Kontrakts von 1558
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0093

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16g

Nekrologe — Personalien

gramm A. v. H., das sich auf diesen Steinen findet,
mit Anthoni van Helmont aufzulösen. Soweit aus
den Beschreibungen Lübkes ein Bild zu gewinnen
ist — Photographien der Denkmäler zu erhalten, war
mir leider unmöglich — weist die reich entwickelte
Renaissance in dieser verhältnismäßig frühen Zeit
(um 1540) eher auf einen niederländischen als auf
einen einheimischen Meister, wie Lübke will.

Hier muß natürlich eingehende stilistische Detail-
untersuchung einsetzen! Auch das etwas absonder-
liche Steinmetzzeichen scheint von denen der deutschen
Meister abzuweichen.

Interessant wird nun der Nachweis, daß wir diesem
Bildhauer auf seiner Wanderung aus den Niederlan-
den nach Deutschland noch einmal — und zwar in
Aldenhoven im Kreise Jülich — begegnen. An der
dortigen katholischen Pfarrkirche fertigt er 1542 eine
Kreuzigungsgruppe. Die figurenreiche Arbeit ist mit
einem Steinmetzzeichen versehen, das vollständig
dem von Lübke mitgeteilten — allerdings ohne die
Buchstaben A. v. H. — entspricht1). Material ist
bemalter Stein; die Engel, die das Blut des Ge-
kreuzigten auffangen, sind wie bei »Antwerpener
Altardarstellungen« auf Stangen in der Wand befestigt.
Besonders hervorgehoben wird die realistische Dar-
stellung und die »Renaissancetracht«, alles Züge, die
eher auf einen niederländischen als einen deutschen
Meister deuten. Leider reicht die Abbildung zu ge-
nauen stilistischen Vergleichen nicht aus.

Auch der Kalvarienberg in Setterich, Kreis Jülich,
soll vermutlich von demselben Bildhauer herrühren2).
Wenn er jedoch tatsächlich »nach den Figuren am
Fuß des Kreuzes zweifellos schon in das 17. Jahr-
hundert gehört«8), so ist diese Annahme wohl
nicht sehr wahrscheinlich, weil ja der Kalvarienberg
in Aldenhoven mit 1542 sicher datiert ist. Da keine
Abbildung vorliegt, kann hier auf diese Frage nicht
eingegangen werden! Dagegen möchte ich vor-
schlagen, einmal den Kalvarienberg von Morken, Kreis
Bergheim, der laut Inschrift 1531 gefertigt ist, zum
Vergleiche beizuziehen4). Soweit die Abbildung ein
Urteil zuläßt, scheint es sich allerdings hier eher um
deutsche Arbeit zu handeln.

1569 arbeitete Anthoni van Helmont, wie urkund-
lich feststeht, an der Kanzel von Herzogenbusch\
Der Meister wäre also damals nach einem längeren
Aufenthalte in Deutschland wieder in seine Heimat
zurückgekehrt; er kann somit ganz gut mit dem
Anthoni in Heidelberg identisch sein, an dessen Stelle
1558 Alexander Colin tätig ist.

Leider vermag Galland »nicht näher zu bezeichnen,
welche Teile der Holzskulpturen dem Meister Anthoni
zuzusprechen sind.« Auffallend und für unsere Theorie

1) Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Kreis Jülich,
VII, 1, 1902, Seite 25; Abbildung Seite 24.

2) Ebenda Seite 25.

3) Ebenda Seite an.

4) Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Kreis Berg-
heim, IV, 3, 1899, Seite 127; Abbildung Seite 128.

5) Oalland, Geschichte der Holländischen Baukunst
und Bildnerei, Frankfurt a. M., 1890, Seite 151.

von Wichtigkeit ist jedoch Gallands Feststellung, daß
der Stil einer Reihe von Figuren »an Arbeiten deutscher
Bildschnitzer der ersten Dezennien des Jahrhunderts«
erinnert. Das würde natürlich auch wieder auf einen
früheren Aufenthalt des Niederländers in Deutschland
weisen. Übrigens besitzt die gotische Kirche in
Heimond, der Vaterstadt des Anthoni, »einen kleinen
Lettner der Renaissance«'), vielleicht auch ein Werk
unseres Meisters.

Bereits früher habe ich auf den Zusammenhang
zwischen der Kunst der Rheinlande und Heidelberg
hingewiesen, als ich auf den engen Anschluß des
Otto Heinrichsbaues an das Schloss in Jülich auf-
merksam machte2). Die Beziehungen des Nieder-
länders Anthoni van Helmont zu Aldenhoven im
Kreis Jülich, zu Köln und wohl noch zu anderen
Orten der Gegend (Trier?) geben einen weiteren Be-
weis für die damals aufgestellte Behauptung.

So mag's sich wohl lohnen, einmal auch diesen
Spuren nachzugehen!8)

NEKROLOGE
Berlin. Am 30. Dezember starb hier nach schwerem
Leiden der Direktor der Unterrichtsanstalt des Kunstge-
werbemuseums und der Kgl. Kunstschule Ernst Ewald.
1836 in Berlin geboren, studierte er in Bonn eine kurze
Zeit Geschichte, widmete sich dann bei Steffeck der Malerei,
lebte von 1856 bis 1863 in Paris, wo er das Atelier Cou-
tures besuchte, und hielt sich dann noch zwei Jahre in
Italien auf, ehe er sich in seiner Heimatstadt endgültig
niederließ. Er hat eine Reihe dekorativer Malereien, unter
anderen für die Nationalgalerie, eine große Anzahl Kartons
für Glasmalereien und Mosaiken und eine Fülle kunstgewerb-
licher Entwürfe geschaffen. Seine Bedeutung liegt aber
nicht auf diesem, sondern auf verwaltungstechnischem Ge-
biete. 186g zum Lehrer an der Unterrichtsanstalt des
jungen Kunstgewerbemuseums berufen, übernahm er be-
reits 1874 ihre Leitung, die er 30 Jahre lang ununterbrochen
geführt hat. Nach dem Tode von Gropius kam dazu
noch die Direktion der Kunstschule, so daß die Vorbildung
der Berliner Künstler und Kunstgewerbetreibenden fast ein
Vierteljahrhundert lang zum größten Teil in seiner Hand
lag. Mit einer gediegenen allgemeinen und einer um-
fassenden kunsthistorischen Bildung verband er ein un-
gemeines Geschick in allen Fragen der Organisation und
Verwaltung. So ist es ihm gelungen, die beiden ihm
unterstellten Institute aus den bescheidensten Anfängen zu
großen und angesehenen Lehranstalten emporzuheben.
Leider ist es ihm nicht mehr vergönnt gewesen, ihren
Einzug in den gewaltigen Neubau zu erleben. o.

PERSONALIEN
Der bekannte Kunsthistoriker Dr. Friedrich Sarre in
Berlin, der sich zuerst durch sein Buch über Berliner Gold-

1) Galland, Seite 623. — Ebenda Seite 591 wird auch
ein Meister Anthonis erwähnt, der 1540 das jetzt abge-
brochene Schützengildehaus in Leeuwarden errichtete.

2) Hojmann, Jülich und Heidelberg; Beilage zur All-
gemeinen Zeitung, 1903, Nr. 16, Seite 125.

3) Vielleicht geben bereits die Bonner Dissertationen
über die Kölner und Trierer Renaissance, die uns durch
Clemen versprochen wurden (vergleiche Zeitschrift für
bildende Kunst, N. F., XIV, 1903, Seite 110), den ge-
wünschten Aufschluß über unseren Meister.
 
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