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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Schleinitz, Otto von: Die Whistler-Ausstellung in London
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0187

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Nekrologe — Personalien — Institute

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worden. In der Zentralhalle der Galerie, in der die
von E. Boehm angefertigte Büste des Meisters auf-
gestellt wurde, befinden sich die vom Könige aus
der Bibliothek von Windsor geliehenen 147 Radie-
rungen. In dem nach Norden gelegenen Saale sind
die übrigen graphischen Arbeiten des Künstlers unter-
gebracht, so namentlich die französische-, die Themse-,
die Venedig- und die Amsterdam-Serie. Unter den
Raritäten erwähne ich: »DasWeinglas«, »Die Schmiede«,
»Der Muff« und »Das Samtkleid«. Besser wäre es
gewesen, wenn solche Arbeiten, die Whistler selbst
verworfen, resp. durchstrichen, oder sogar fast un-
brauchbar gemacht hatte, gar nicht ausgestellt wor-
den wären, obschon mitunter Sammler an solchen
Dingen Interesse haben mögen. Den Künstler selbst
schädigt es!

Auch die von ihm hergestellten Lithographien
lassen seine großen Anlagen für die graphische Be-
tätigung erkennen, wenngleich viele der Blätter eigent-
lich nur Skizzen und Studien enthalten. Sie sind,
um ein Lieblingswort Whistlers zu gebrauchen: Noten.

Der Besuch der Ausstellung ist außerordentlich.
Auch darin dokumentiert sich das Interesse für den
Verstorbenen, daß die über ihn handelnden Schriften
vom kunstliebenden Publikum eifrig gelesen werden.
Infolgedessen konnte unter anderem das gut verfaßte
und bestens illustrierte Werk »The Art of Whistler«
by P. R. Way und G. R. Dennis (London, George
Bell & Sons) binnen kurzem seine dritte Auflage er-
leben. O. von SCHLEINITZ.

NEKROLOGE

In Berlin verstarb der Landschaftsmaler Eduard Pape.
Früher als Künstler hoch geschätzt, traf ihn vor etwa zehn
Jahren das tragische Geschick zu erblinden. Pape war
1817 geboren und somit nach Menzel der älteste der Ber-
liner Malerschule. Ursprünglich wandte er sich unter Lei-
tung des Hoftheatermalers Gerst der Dekorationsmalerei
zu, wovon das alte Museum zu Berlin in jenen farbigen
Friesen des römischen und griechischen Saales wertvolle
Proben besitzt. Später erwarb er sich durch eine Reihe
von Landschaftsbildern in Öl oder Aquarellfarben, in denen
er mit Vorliebe italienische Motive behandelte, allgemeine
Anerkennung.

Im Alter von 37 Jahren starb in Berlin der Bildhauer
Artur Boue. Er war ein Schüler Schapers. Vor Jahren
erregte seine Gruppe »Mutter« auf der großen Berliner
Kunstausstellung Aufsehen.

In Berlin starb 75j'ährig der Bildhauer Professor
Alexander Tondeur, einstmals Schüler von Bläser.

PERSONALIEN
Franz von Defregger, der wie selten einer von
unseren großen Künstlern in den Herzen aller Deutschen
wohnt, begeht am 30. April seinen 70. Geburtstag. Was
ihn uns von jeher nahe brachte, war seine gesunde, un-
verfälschte Sinnesart, war die warme Begeisterung für sein
Volk im engeren Sinne, dessen Urbild in makelloser Reine
er selber ist. Mit den zahlreichen Schilderungen aus ver-
gangenen und gegenwärtigen Tagen seines Landes Tirol
hat er vornehmlich auf die Jugend erzieherisch gewirkt;
denn glühende Vaterlandsliebe war die ursprüngliche Note
seiner Kunst, und oft genug standen gerade die Jungen
ergriffenen Herzens vor seinen Schilderungen von seines

Volkes Freiheitskämpfen. Mit diesem unverlöschlichen
Feuer der eigenen Seele erscheint uns der verehrte Meister
noch heute jung trotz seiner siebzig Jahre. Möge dem
greisen Künstler diese frische Jugend des Herzens noch
lange erhalten bleiben, damit er uns auch in kommenden
Tagen noch manche schöne Probe seiner Kunst schenke.

INSTITUTE

Florenz. Kunsthistorisches Institut. Sitzung vom
22. März 1905. Herr Dr. Wulff spricht über den ursprüng-
lichen malerischen Schmuck von 5. Croce. Die Kirche
enthält Reste einer rein dekorativen Malerei, aus denen
sich bemerkenswerte Aufschlüsse über eine besondere Art
der Ausschmückung gotischer Kirchen in Italien ergeben.
Es gilt hier, zunächst die Bestandteile der verschiedenen
Zeiten zu sondern. Einen sicheren Ausgangspunkt dafür
bieten die zu den Seiten des Chores schon um 1310 an-
gebauten Kapellen des Querschiffes. In der Kapelle Pulci
befinden sich unter den Fresken Daddis (um 1330) quadra-
tische, im Charakter von Inkrustation gehaltene Felder mit
Vierpaßfüllungen, in die die ganzen Wände aufgeteilt sind.
Dasselbe System war, nach entsprechenden Überbleibseln
zu schließen, auch in den anderen Kapellen vorhanden
und hat sich nahezu vollständig in der sogenannten Kapelle
Velluti erhalten. Hier erscheint es noch bereichert durch
den wichtigen Konsolfries und das Motiv der Stufenkreuze,
das, ebenso wie die Cimabue zugeschriebenen Fresken,
noch der Schlußphase der maniera greca angehört und so
das Vorhandensein dieser dekorativen Malereien um 1310
bis 1320 bestätigt. Aber es besteht auch ein großer Zu-
sammenhang im Wandschmuck der einzelnen Kapellen
untereinander in Gestalt einer durch die neueren Restau-
rationen nur aufgefrischten Rahmenbordüre der nach dem
Querschiff sich öffnenden Bogen, welche eine rötliche und
grünliche Marmortäfelung nachahmt und an deren Teilungs-
punkte sich die jüngere Dekoration der Bogenleibungen
anschließt, sei es, daß diese ebenfalls rein ornamentale
Elemente, wie Sterne, Vierpässe und anderes mehr, oder
Medaillons mit Halbfiguren von Propheten, Aposteln und
Heiligen aufweist. Oberhalb der erwähnten Bordüre ist
die Bemalung der Ostwand des Querschiffes nur über der
Chornische und den an sie stoßenden ersten Seitenkapellen
erhalten, aber offenbar nicht in ursprünglicher Form. Uber
der Kapelle Bardi hat Giotto die bis an das Fenster hinauf
reichende Stigmatisation des hl. Franz gemalt; die Pfeiler
und die Umrahmung der Chornische gehören mitsamt den
Heiligengestalten und den Bildern der Chorkapelle Agnolo
Gaddi an. Doch scheinen hier noch von der ursprüng-
lichen Wandmalerei die damit schlecht zusammenhängenden
flankierenden Spiralsäulchen herzurühren. Diese deuten
darauf hin, daß auch der Giebelabschluß über der Chor-
kapelle ursprünglich einen anderen Charakter trug und
erst im Anschluß an den später hinzugefügten Laufgang
zum Teil von Agnolo Gaddi verändert wurde. Älter als
er erscheint hingegen die erhaltene Bemalung des rechten
Gurtbogens der Führung, dessen aus Vertäfelung, Zahn-
schnitt und Blattfries bestehender Rahmen auf der Innen-
seite von dem Laufgange überschnitten wird, auf der Rück-
seite aber völlig durchgeführt ist. Dazu gehört zweifellos
auch der Schmuck der Leibungen dieses und der Hälfte
des ersten Bogens im rechten Seitenschiff mitsamt dem
ersten Pfeiler, da sie durchweg wieder nur Motive im
Charakter der Inkrustation oder des Sternmosaiks, wie
Rauten, quadratische Felder und dergleichen, zeigt (da-
zwischen dreimal das Wappen der Raugi). Es kann nach
alledem keinem Zweifel unterliegen, daß diese ganze Art
einer dekorativen Architekturmalerei, für die noch bis ins
15. Jahrhundert der Ausdruck pittura a rnar/ni gebräuchlich
 
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