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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Rooses, Max: Ein neuer Rubens
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0270

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523

Nekrologe

524

des Küraß, auf dem roten Waffenrock, auf dem gold-
gestickten Mantel hat er breite Töne von Farbe,
Licht und Glanz verteilt. Er hat so das Bild durch
einen außerordentlichen Glanz hervorgehoben und
abgesehen von der minderwertigen Qualität der
Fleischtöne, erinnert das Werk lebhaft an das Porträt
Karls des Kühnen und das Maximilians von Öster-
reich, die beide das Wiener Hofmuseum besitzt und
an das großartige Bildnis des Kardinal-Infanten Fer-
dinand von Österreich, das Pierpont Morgan vor
einigen Jahren bei Sedelmeyer gekauft hat und von
dem das Museum in Budapest eine Wiederholung
besitzt.

Es ist unnötig zu sagen, daß Rubens das erste
seiner Porträts von Karl dem Kühnen nach einem
Gemälde oder wahrscheinlicher nach einem Stich,
der den wilden Herzog darstellt, kopiert oder besser
gesagt nachgeahmt hat und daß das zweite Exemplar
in seinem Atelier und nach dem ersten gemacht ist.
Ich möchte nur betonen, daß ohne Zweifel Rubens
seinem Modell die wundervoll kriegerische Haltung
und den unfreundlichen Ausdruck gegeben hat, den
es in dem primitiven Bilde nicht hatte.

Ich füge noch hinzu, daß das eine wie das andere
der beiden Porträts zu einer Reihe von Werken ge-
hörte, die wir durch die »Specification« der Gemälde
kennen, die sich im Nachlaß des Meisters befanden
und noch durch andere Dokumente. Aus diesen
wissen wir, daß Rubens bei sich in Reserve einen
Vorrat von gangbaren Artikeln — wenn man so
sagen darf — hielt, die er zur Verfügung für die
Kunstliebhaber hatte, die unverzüglich bedient zu
werden wünschten oder für die Verwaltungen, die
sich ein offizielles Bild der Landesfürsten verschaffen
wollten. Unter diesen im voraus gemalten Werken
gab es einige, die von seiner Hand waren, zahlreicher
waren die von seinen Schülern ausgeführten und von
ihm übermalten Bilder. Darunter waren Bilder von
lebenden und toten Herrschern: Albert und Isa-
bella, die wir aus zahlreichen, nach verschiedenen
Modellen von Rubens ausgeführten Bildern kennen,
ohne daß wir eins der Originale wiedererkannt haben,
die Könige von Spanien Philipp IL, III., IV. und die
Vorfahren der Könige, die Herzöge von Burgund
und der Kaiser Maximilian. Es gab da nicht nur
Porträts; Staffeleigemälde nach reizenden und häufiger
begehrten Sujets waren gleichmäßig darunter, so die
venezianischen Courtisanen, von denen sich ein halbes
Dutzend im Nachlaß befanden und die Landschaften,
die dort in noch größerer Zahl vermeldet werden, so
auch »Susanne und die Alten«, ein Bild, das hier gleich-
zeitig in mehreren Exemplaren vorkam. Wir kennen
von dieser letzten Komposition zwei Exemplare, beide
von des Meisters Hand, das der Münchener Pinakothek
und das im Besitze des Schreibers dieser Zeilen.
Alle Beide, ebenso wie die beiden Porträts Karls des
Kühnen, datieren aus der letzten Zeit von Rubens
und wurden zwischen 1635 und 1640 gemalt.

NEKROLOGE

William Adolphe Bouguereau |- Im 80. Lebens-
jahre ist Bouguereau in seiner Geburtsstadt La Rochelle
gestorben und seine Vaterstadt hat es sich nicht nehmen
lassen, ihn auf Gemeindekosten zu bestatten. Eugen
Fromentin, ebenfalls in La Rochelle geboren, ist weniger
geehrt worden. Bouguereau war dreißig Jahre lang mit
dem nun ebenfalls toten Geröme die Tete de Türe der
jungen Kunst und der jungen Kritik. Man ließ kein gutes
Haar an den beiden, die mit der größten Hartnäckigkeit
an dem guten Alten festhielten und alles Neue leiden-
schaftlich bekämpften. Beide hatten riesigen Einfluß im
alten Salon und in der staatlichen Kunstschule, und gegen
diesen Einfluß richtete sich der Kampf. Geröme war ein
guter Anekdotenerzähler, Bouguereau war ungefähr der
Schatten des Schattens eines schemenhaften Raffaels. Er
konnte zeichnen, aber seine Zeichnung war kalt, unper-
sönlich und langweilig, seine Farbe war banal und öde,
seine Ideen waren die nämlichen, die man in den Bildchen
findet, welche die Parfümerieschachteln schmücken. Nie-
mals hat ein Zuckerbäcker so süße Ware fabriziert wie
Bouguereau. Daß seine Figuren immer durchaus korrekt
gezeichnet waren, erhöhte das Unbehagen, womit man
sie beschaute. Bouguereau hat unzähligen Künstlern seinen
Stempel aufgedrückt, und hundert und aber hundert Maler
und Malerinnen malen heute genau ebenso süß und ge-
leckt, ebenso porzellanen und glatt wie Bouguereau: nur
so gut zeichnen können sie nicht wie ihr Meister. Bou-
guereaus Bilder sind in alle Museen der Welt gewandert.
In Deutschland wie in Amerika kann man ihn studieren.
Inländische und ausländische Kunstinstitute ehrten ihn, in
Florenz hängt sein Selbstbildnis neben dem Tizians und
Rembrandts. Und all dem gegenüber kann man weiter
nichts tun, als sich wundern. In Deutschland gibt es ja
auch zuckersüße Maler, aber die Florentiner fordern doch
Lingner und Sichel nicht auf, ihre Selbstbildnisse für die
Uffizien zu malen. Die Franzosen haben es wirklich besser
als andere Leute.

Albert Edelfelt, der berühmte finnische Maler, ist im
Alter von 51 Jahren auf seinem Gut in der kleinen Stadt
Borga, die ebenfalls sein Geburtsort war, gestorben. In
Deutschland hat sich Edelfelt besonders durch seine Por-
träts bekannt gemacht, die ihn in die Reihe der bedeu-
tendsten neueren Porträtisten gestellt haben. Er wußte
eine vornehme Einfachheit mit den feinsten koloristischen
Reizen zu verbinden. Ein tiefes Erfassen der dargestellten
Persönlichkeit gab seinen Bildern den Reiz einer aus-
gesprochenen Individualität. In der letzten Zeit seines
Lebens hatte er sich mehr der monumentalen Malerei zu-
gewandt und war igo4 zum Studium der Freskotechnik
nach Rom gegangen, woher er in die Heimat zurückkehrte,
um seine letzte Arbeit, sein großes Bild für die Universität
in Helsingfors, eine Szene aus der finnländischen Geschichte,
zu vollenden.

In München verstarb der Galeriedirektor a. D. Hofrat
Freiherr von Pechmann.

In Mailand starb im Alter von 79 Jahren Tullio
Massarani, der bekannter als Literarhistoriker und Kritiker,
denn als Maler war. Ein besonderes Verdienst des Ver-
storbenen war seine Liebe für Heinrich Heine, dessen
Geist vornehmlich er in Italien verbreitet hat.

In Rieti in Umbrien starb im Alter von 62 Jahren der
römische Maler Giuseppe Ferrari, der zu den besten
Aquarellisten moderner italienischer Kunst gehörte, und
von dem die Nationalgalerie zu Rom zwei Ölgemälde bibli-
schen Vorwurfes besitzt.

In Berlin starb Dr. Albert Kornek, ein den Kunst-
 
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