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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0188

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Ausgrabungen und Funde

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den deutschen Ausgrabungen in Batn-Harit (Theadelphia)
und Umm et Baragät (Tebtynis) zum Aufhängen bestimmte
Tafelbilder der hellenistischen Zeit auf Holz gemalt, zum
Vorschein gekommen sind, die Rubensohn im archäolo-
gischen Jahrbuch 1905 publiziert hat, sind jetzt bei den
vorjährigen Ausgrabungen zu Deir el Bahari bei Theben
die ersten und somit ältesten Malereien auf Stoff, also ge-
malte Gobelins, zutage gefördert worden. Der Besitzer
derselben, Robert de Rustafjaell, hat sie dem Londoner
Victoria und Albert-South Kensington Museum als Leihgabe
überwiesen und veröffentlicht sie mit Abbildungen in »The
Connoisseur« vom April. Es handelt sich um drei im
Sommer 1905 bei den Tempeln von Deir el Bahari gefun-
dene Gobelinmalereien, auf denen allen das gleiche Sujet,
eine Verehrung der Göttin Hathor — deren Kapelle und
Standbild als Kuh, ja an gleicher Stätte vor kurzem ge-
funden und jetzt in das Museum in Kairo überführt worden
ist — durch verschiedene männliche und weibliche Per-
sonen dargestellt ist. Das Material, auf das gemalt ist,
ist Leinen; die Ränder sind ausgefranst und an einem
Stück zeigen sich noch die Reste der zum Aufhängen be-
stimmten Schnur. Dies beweist, daß sie die gleiche Be-
stimmung wie moderne Gobelins hatten, das heißt bestimmt
waren, als Wandschmuck aufgehängt zu werden und zwar
gemäß der Hieroglyphenaufschrift in einem Tempel oder
einer Grabkapelle. Die Arbeit zeigt die Kunst der 18.
Dynastie; frühere derartige Malereien auf Leinen sind nicht
bewahrt und man muß bis zur koptischen Periode und zu
den Ausgrabungen von Antinoe heruntergehen, um wieder
bemalten Stoffen zu begegnen. Allerdings sind bei Kertch
(dem alten Panticapaion) Reste von bemalten Sarkophag-
decken gefunden worden, die unter griechischem Einfluß
im 5. Jahrhundert vor Christus entstanden sind. So mögen
in Griechenland und Italien, wie in Ägypten und Assyrien
vielfach bemalte Leinwanddekorationen existiert haben, aber
nur das trockene Klima Ägyptens hat sie uns gut konser-
vieren können. Die Vortrefflichkeit der drei jetzt publi-
zierten gemalten Gobelins aus der 18. Dynastie läßt
schließen, daß es schon lange vorher Usus gewesen
sein muß, Stoffe zu bemalen; die Größe variiert zwischen
18 auf 13 und 18 auf 15 englischen Zoll. Das bester-
haltene Stück läßt folgenden Vorgang erkennen, wie er ja
auch auf Wandmalereien und Sarkophagreliefs sich darge-
stellt findet: Sieben Figuren, die Bündel von Blumen und
Früchten tragen, marschieren auf. Die Stellung des vorder-
sten scheint die Handlung zu repräsentieren, welche die
ihm folgenden nach ihm noch leisten sollen. Er hat eine
Lotosblume als Gabe niedergelegt und steht jetzt mit er-
hobenen Händen und der Göttin zugewandten Handflächen
da. Der vorderste ist wie die anderen drei Männer nur
mit einem schmucklosen Lendentuch bekleidet. Die drei
weiblichen Adorantinnen tragen in graziöser Weise zu den
Füßen herabhängende, aber gegürtete Gewänder; die Haar-
tracht ist die lange Lockenperücke der 18. Dynastie, welche
die Ohren bedeckt. Oben liegt das Haar rund um den
Kopf mit einem farbigen Band gebunden. Die Darstellung
ist bei allem Konventionalismus nach Natur strebend. Die
verehrte Göttin Hathor, in Gestalt einer Kuh, steht in
reich geschmückter Barke von aus dem Nil sprießenden
Papyrus umgeben da; von ihr wird der knieende Pharao
Mentuhotep der 11. Dynastie genährt, der auch zugleich
stehend vor der Göttin dargestellt ist. Die Kartuschen
und die Hieroglyphen, welche ein Gebet wiedergeben, er-
klären die dargestellten Persönlichkeiten. Die Farben sind
brillant, rot und blau herrscht vor; zu ihrer Herstellung
scheint Wachs verwendet zu sein. — Auch diese Darstellung
bestätigt, daß der neuaufgefundene Tempel von Deir el
Bahari der Grabtempel des Mentuhotep (Neb-hapet-Ra)

der it. Dynastie ist, der also zu der Zeit der 18. Dynastie,
aus der die Malereien stammen, noch mit der Hathor an
dieser Stätte verehrt wurde. — Der Schluß der diesjährigen
Ausgrabungskampagne zu Deir el Bahari hat den Leiter
derselben Edouard Naville gerade noch zu dem Eingang
der Grabkammer Mentuhoteps geführt, welche aufzudecken
die Aufgabe der im Herbst dieses Jahres beginnenden Aus-
grabungstätigkeit sein wird. m.

In der Kirche zu Fausing in Jütland ist im Herbst 1905
eine metallene Taufe aufgefunden worden in Gestalt eines
Taufbeckens, das bis dahin, mit grüner Ölfarbe angestrichen,
unbeachtet in der Ecke gestanden und dafür gegolten
hatte, daß es aus Holz sei. Der Fund hat ziemlich viel
Aufsehen gemacht; das Stück ist als »der merkwürdigste
Taufkessel des Nordens« ausgerufen, und dem schönsten
Erzguß zu Hildesheim an die Seite gestellt worden. Letzteres
mit Unrecht, und ersteres will nicht viel besagen. Doch
ist es wirklich sehr beachtenswert in mehrfachem Betracht.

Die Bearbeitung der Metalle ist im christlichen Mittel-
alter in den dänischen Landen mit auffallend geringem
Eifer und Erfolg betrieben worden, und die Nachfrage
nach metallenen Gegenständen, die man aus dem Auslande
beziehen konnte, war auch nicht groß, wenn wir absehen
von den allerdings ungeheuren Tributen, die England unter
dem Namen des Danegeldes hergeben mußte. Englischer
Ursprung wird, soweit geschichtliche Nachrichten vorliegen,
den vormals ungewöhnlich häufigen metallenen Altarvor-
satztafeln zugeschrieben, deren eine, aus Quem in Angeln,
ins Germanische Museum gelangt ist. Doch ist die Kunst
des Treibens auch im Lande geübt worden, und wenn um
1200 die Dänen (nach Dehio, Gesch. des Erzb. Bremen
und Hamburg 1, 186) zum Taufen ganzer Völkerscharen
in den Ostseelanden kurzweg unbekehrte Laien mit dem
Taufkessel herumschickten, waren solche Gefäße sicherlich
nicht gegossen, sondern getrieben. Mit den sächsischen
Landen, die im frühen Mittelalter die Gestade an der Elb-
mündung mit zahllosen Erztaufen versehen haben, hat gar
keine Verbindung bestanden. Es spricht sich darin aus,
daß in Dänemark heute nicht mehr als zehn mittelalter-
liche Taufgrapen gefunden werden, während in Holstein
38 nachzuweisen sind, davon 28 heute noch erhalten. Aus
frühem Mittelalter sind von jenen nur zwei, die zu Harald-
stedt auf Seeland, und die Fausinger. Diese beiden müssen
Versuche oder Ansätze einheimischer Gießkunst sein. Ihre
niedere, gedrückte Form, mit weitem Becken auf rundem
Kelchfuße, erinnert durchaus an den in Thyras Grabe zu
Jellingen (Jütland) gefundenen, aus dem Anfang des 10. Jahr-
hunderts stammenden silbernen Becher (s. Kornerup, Kon-
gehöiene i Jellinge, Tafel 13). Die Faustruper Taufe ist
dadurch sinnvoll bereichert, daß auf den Fuß des Kelches
drei Figuren gestellt sind, die in merkwürdiger Verkrümmung
sich abmühen, mit weit ausgreifenden Händen das Becken
zu stützen. Sie haben sehr sparsame Bekleidung, und
werden danach höchst ansprechend als Vertreter der drei
Stände, des Adels, der Bürger und der Bauern gedeutet.
Aufgefunden sind sie erst nachträglich in einem benach-
barten Gutshofe, wo man sie als Träger der Ofengerät-
schaften benutzte. Eine ganz ähnliche Darstellung wie an
der Faustruper Erztaufe findet man, für die Arbeit in dem
harten und groben Granit zweckmäßig umstilisiert, am
Taufsteine zu Schottburg bei Hadersleben (schl.-holst. Bau-
denkm. 1, 375). — Über den Erzguß in Dänemark wird
man demnächst Genaueres finden in einem großen, im
Erscheinen begriffenen Werk F. Uldalls über die Glocken.
Es umfaßt den Stoff in allen sonst dänischen Landen,
also auch Schonen, Schleswig und Fehmarn und wird sehr
erfreulicher Weise neben dem dänischen Texte auch einen
kürzeren in deutscher Sprache bieten. fjpt.
 
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