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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Wolf, August: Neues aus Venedig, [3]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0252

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Nekrologe

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mission besteht aus einigen der hervorragendsten Archi-
tekten Italiens. Um den Bau leichter zu gestalten, hat
man die innere Konstruktion vereinfacht, wodurch für die
Aufstiegrampen mehr Bequemlichkeit und mehr Licht er-
reicht wird, was jedoch keinen Einfluß auf die Erscheinung
des Baues nach außen zur Folge hat, welche genau dem
zerstörten Campanile entspricht. Die Gegner dieser Neue-
rung pochen auf den Wortlaut des Programms, wonach
der Bau errichtet werden soll »wo er war und wie er war«.
Die frühere Dunkelheit des Aufstiegs, die Massenhaftigkeit
der vielen Oewölbebogen müßten genau beibehalten wer-
den. Die obengenannte Kommission wird nun in der
nächsten Zeit das Resultat ihrer Beratungen veröffent-
lichen.

Der vergoldete Engel auf dem Glockenturm von S.
Giorgio maggiore ist nun restauriert und neu vergoldet
wieder auf seinen luftigen Standort zurückgebracht. Er
ist überdies so eingerichtet worden, daß er sich nach dem
Winde zu drehen imstande ist.

Der durch Blitz schadhaft gewordene Turm von S.
Nicolo auf dem Lido ist ebenfalls in umfassendster Weise
restauriert worden, die reizende uralte Kirche, S. Nicolo
dei mendicoli, welcher Einsturz drohte, zunächst durch
Sicherungsgerüste unterfangen in allen ihren Teilen.

In der Frarikirche sind die vier ersten großen Arkaden
freigelegt worden, und somit das Tizian- und Canova-
denkmal von Gerüsten befreit, welche sie vollkommen
verhüllten. Beide zeigen sich jetzt aufs schönste, da die
farbige Rückwand mit ihren Steinschichten in alter Weise
wiederhergestellt ist und die gotischen Doppelfenster über
den Denkmalen, welche vermauert waren, wieder geöffnet
wurden und somit die großen abscheulichen, breiten, halb-
kreisförmigen Fenster durchweg verschwinden werden.

Was bisher bei S. Stefano nur frommer Wunsch war,
ist nun zum Beschlüsse erhoben: die ganze nach dem
Platze von S. Stefano gekehrte Breitseite dieser schönen
Kirche wird nun in ihrem ursprünglichen Zustande wieder-
hergestellt werden. Die vermauerten gotischen Fenster
sind wieder zu öffnen und der auf den Platz sich vor-
streckende Orgelkasten zu entfernen. Architekt Sardi, schon
länger mit Wiederherstellung der Kirche beschäftigt, wird
hier ein neues Zeugnis seines Geschmacks und seiner Ge-
wissenhaftigkeit ablegen. Man verdankt demselben einen
neuen am Canale grande gelegenen und soeben enthüllten
gotischen Palast. Er liegt den Palästen der Stadtverwal-
tung gegenüber. Sardis Gegner machen seiner in diesem
Neubau ausgesprochenen Richtung den seltsamen Vor-
wurf, daß er durch solche Bauten den eigentümlichen Wert
der alten gotischen Paläste herabdrücke, indem man bald
nicht mehr werde unterscheiden können, was wirklich alt
und was nur Imitation sei.

Mr. Browning hat seinen Palazzo Rezonico mit Tiepolos
Deckenfresken für 256000 Francs an einen Herrn Herschel-
Minerbi in London verkauft. Glücklicherweise soll dieser
Mann viel Kunstsinn besitzen, so daß man sich von ihm
Erhaltung des Alten und schönste Ausstattung des Palastes
verspricht.

Dem hiesigen Bürgermeister Conte Grimani wurde
vor kurzem von der Bürgerschaft eine große goldene Ehren-
medaille überreicht. Sie wurde von Cadorin jun. model-
liert und in Mailand geprägt und allgemein gelobt. Die
Vorderseite zeigt des Gefeierten Bildnis und anderseits
eine Venezia mit Löwen.

Durch Ministerialbefehl wurde nun auch hier in der
Galerie der Accademia die ebenso lästige als lächerliche
Steuer in Kraft gesetzt, welche von den Kopisten verlangt
wird. Sie besteht in 25 Ctm. täglicher Abgabe für die
Dauer der Arbeit und muß auf dem Steueranite bezahlt

werden und zwar beim Beginn der Arbeit. So sehr diese
Maßregel dazu angetan sein mag, die Galerien von Florenz
und Neapel von der großen und oft lästigen Zahl der
Kopisten zu säubern (hier in Venedig kopieren nur drei),
so sehr mag sie fremden Künstlern, welche zum Studium
in den hiesigen Galerien arbeiten, widerwärtig werden.
Zeitverlust und Irrungen aller Art werden dem Fremden
nicht erspart werden. Eine kleinlichere Taxe konnte wohl
kaum ausgedacht werden. AUGUST WOLF.

NEKROLOGE

Jules Breton, einer von den letzten der alten Garde
aus der klassischen Zeit der französischen Malerei, ist in
Paris gestorben im Alter von 79 Jahren (geboren 1827 in
Courrieres). Bretons Bilder gehören zu den populärsten.
Wer kennt nicht seine, in die letzten Tinten der unter-
gehenden Sonne getauchten, mit einem Schimmer poetischer
Verklärung umgebenen Darstellungen aus dem Leben der
Landleute und der Dorfbewohner der Bretagne! Jules
Breton gehörte eben zu den Glücklichen, die es vermögen,
den harten Naturalismus mit einem zarten Zuckerguß dem
Publikum anzurichten. So bitter wie Millet für die Aner-
kennung seiner Szenen aus dem Landleben hat kämpfen
müssen, so leicht und begeistert flogen Jules Breton alle
Herzen zu, als er 1867 seine »Segnung des Getreides«
ausstellte, die heute mit der »Heimkehr der Schnitterinnen«
zu den beliebtesten Bildern des Luxembourg-Museums ge-
hört. Und auf der Höhe dieses Ruhmes hat er sich bis
Ende der achtziger Jahre auch gehalten, als einer der
»Chers Maitres«. Kein Wunder auch, daß er zu den
bestbezahlten Malern in Frankreich gehörte. Seine Gemälde
haben jedenfalls auch außerordentliche und solide Qualitäten,
besonders in bezug auf die Schönheit des Tons. Noch mehr
vielleicht kommt dies in seinen kleinen Studien zum Aus-
druck, mit denen sein Ateliersaal ganz bedeckt war. —
Übrigens hatte er noch einen ganz anderen Stolz als bloß
Bilder zu malen; Jules Breton war Poet. Vor einer Reihe
von Jahren hatte er einige Bände von Gedichten und ein
sehr langes Epos herausgegeben. Als wir ihn vor zwei
Jahren in irgend einer Angelegenheit besuchten, schweifte
er rasch von dem Gespräch über seine Malerei zu seinen
Gedichten ab, holte diese Bände herbei und flüsterte uns
in einer höchst geheimnisvollen Weise ins Ohr, daß man
ihm nur aus Neid einen Platz in der Akademie geweigert
hätte, der ihm unbedingt gebühre. — Das Alter war also
nicht ohne Spuren an ihm vorübergegangen.

Anton Schrödl t- Am 5. Juli starb in Wien der treff-
liche Tiermaler Anton Schrödl im Alter von 80 Jahren.
Freunde behaupten zwar, er sei noch ein paar Jahre älter
gewesen, aber er selbst sagte mir anno 1895, als im Künst-
lerhause eine Schrödl-Ausstellung von 87 Nummern statt-
fand, er sei 1825 in Schwechat als Sohn eines Eisenhändlers
geboren. An der Akademie kam er zum Blumenmaler
Sebastian Wegmeier, der aber keine gemalten Tiere mochte.
So ging der Junge bald ab und hinaus in die Natur. Jeden-
falls hatte ihm der kunstliebende Kaiser nach dem ersten
akademischen Preise den Militärdienst erlassen. In der
Schönbrunner Menagerie malte er nun fleißig die wilden
Tiere und kopierte auch Werke von Klein, Ehrhardt und
Rauch. Dann trieb ihn die Not zum wackeren Trentsensky,
dem Altvviener Kunstverleger, dessen »Mandlbogen«, die
Vorläufer der Münchener Bilderbogen, jahrzehntelang den
österreichischen Markt beherrschten. Auch Schwind, Petten-
kofen, Straßgschwandtner, überhaupt alle dazumaligen
Wiener Malgrößen arbeiteten in jungen Jahren für diesen
klugen Kenner. Auch Trentsensky mochte keine Tiere,
aber er ließ den jungen Menschen bei sich einen Vor-
 
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