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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Schumann, Paul: Siebenter Tag für Denkmalpflege, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0021

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Nekrologe

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— vor Augen.) Bisher haben nach Stiehls Darlegung
die Künstler versäumt, den Backstein künstlerisch zu
fördern. Niedere Kräfte bebauen dieses Feld; eine
abscheuliche Literatur von Vorbilderwerken liefert die
Formen für diese Pfuscher. Nicht der Architekt
herrscht, sondern der Ziegeleibesitzer, der gleich die
Fassade mitliefert, um sich nur den Auftrag zu sichern.
Dagegen sollte eine gesunde Kunstübung Front machen,
nicht gegen den Backsteinbau überhaupt. Man sollte
die Ziegeleibesitzer veranlassen, den Ziegeln durch
geeignete Zusätze zum Ton eine schönere Färbung
zu geben, auch gute Vorbilder für Formsteine usw.
liefern, in jeder Weise über gut und schlecht im
Ziegelbau aufklären, kurzum den Ziegelbau wieder
auf die künstlerische Höhe bringen, deren er fähig
ist und die er früher inne hatte. Das erhoffte preußische
Gesetz über die Schändung von Straßen und Plätzen
in geschlossenen Ortschaften kann dabei als gute
Handhabe dienen.

Nach diesem Vortrag schloß der Vorsitzende Geh.
Hofrat Professor v. Öchelhauser den Tag für Denk-
malpflege mit Worten herzlichen Dankes an die
braunschweigischen Behörden und sämtliche Herren,
die sich um sein Gelingen verdient gemacht hatten.
Weiter besuchten die Mitglieder des Tages die Aus-
stellungen und besichtigten unter der sachkundigen
Führung der Braunschweiger Herren die Kirchen und
sonstigen Baudenkmäler Braunschweigs; andere be-
suchten Walkenried, Königslutter, Riddagshausen usw.
Ein fröhliches Festmahl im Deutschen Hause beschloß
den Tag in Braunschweig. Andern Tags besuchten
noch gegen 150 Teilnehmer die Stadt Hildesheim,
welche dem Tag für Denkmalpflege nicht minder
reiche Gastfreundschaft gewährte als Braunschweig.
An zwei Tagen wurden in stundenlanger Wanderung
unter sachkundiger Führung des unermüdlichen jugend-
frischen und begeisterten Oberbürgermeisters Struck-
mann, des Stadtbaurates Heymann-Köln, sowie zahl-
reicher anderer Hildesheimer Herren die berühmten
Kirchen, die herrlichen Straßen- und Platzbilder mit
den bemalten Fachwerkhäusern, die Museen, der herr-
liche Domschatz usw. besichtigt. Eine überreiche
Fülle köstlicher Eindrücke drängte sich dem Beschauer
auf. Wir verließen die Stadt mit dem Bewußtsein:
würde überall in Deutschland so für die Erhaltung
der alten Denkmäler gesorgt, so wäre der größte
Teil der Ziele des Tages für Denkmalpflege erreicht.

PAUL SCHUMANN.

NEKROLOGE
»L'arte« meldet den Tod des italienischen Kunst-
historikers cav. Pietro Sgulmero, weiland Direktor des
Museo civico in Verona. Sgulmeros Verdienste liegen
vor allem auf dem Gebiete Veroneser Kunst- und Kultur-
geschichte. Eine Reihe feinsinniger Studien, vornehmlich
über die Frühmeister der Veroneser Kunst und die bis
dato weniger erforschten Denkmäler der Etschstadt, sichern
dem Verstorbenen unter der italienischen Gelehrtenwelt
einen dauernden Platz. Seit etwa zwei Jahren bekleidete
Sgulmero das Amt eines Direktors an der Pinakothek zu
Verona. Er hat diesem bis dahin arg verwahrlosten Institut
alle Sorgfalt gewidmet und eine mustergültige Neuordnung
mit Glück durchgeführt.

In München verstarb am 28. September Karl Erich
Graf zu Leiningen-Westerburg, der sich als Privat-
gelehrter bedeutende wissenschaftliche Verdienste erworben
hat. Eine Reihe seiner Studien, die im besonderen größten-
teils Beiträge zur Geschichte Bayerns darstellen, gelten der
deutschen Kulturgeschichte und Heraldik. Arbeiten über
die manessische Handschrift zu Heidelberg 1889, »Notariats-
signette« 1896 bilden den Übergang zu seinem Sammeln
und Beschreiben der Exlibris. Auf diesem Gebiet war
der Verstorbene als wissenschaftliche Autorität anerkannt.
Seine eigene Exlibris-Sammlung umfaßte rund 20000 Stück.
In einer Reihe von Werken, so »Exlibris« 1891/1900,
»deutsche und österreichische Bibliothekszeichen« 1901 usw.
hat er die wissenschaftlichen Resultate über die Kunst des
Exlibris niedergelegt. Nach dem Willen des Verstorbenen
kommt seine Sammlung von Exlibris, welche bis zum
Jahre 1270 zurückreicht, unverkürzt als testamentarisches
Geschenk an das germanische Museum zu Nürnberg.

In Budapest ist der Maler und Kustos der Landes-
gesellschaft für bildende Künste, Carl von Telepy, ein
angesehener Landschaftsmaler Ungarns, im Alter von
78 Jahren gestorben.

Im Alter von 57 Jahren ist in Paris Henri Bouchot,
der Leiter des Kupferstichkabinetts der Nationalbibliothek,
gestorben. Die französische Kunstwissenschaft verliert in
ihm ihren entschiedensten Vorkämpfer, und zwar liegt
dabei der Hauptton auf »französisch«. Bouchot war auf
seinem Gebiete kaum weniger Nationalist als Eduard
Drumont, der unter der Devise »La France aux Fran9ais«
kämpft. In allen seinen Arbeiten ging sein Bemühen stets
dahin, irgend eine bisher einem Ausländer zugeschriebene
Arbeit nunmehr einem unverfälschten Franzosen beizulegen.
Er leugnete den norddeutschen und niederländischen Ein-
fluß auf die französische Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts
und stellte ebenso energisch die Einwirkung der italieni-
schen Renaissance auf die französischen Bildhauer und
Maler in Abrede. Diese Bemühungen waren vielleicht
etwas parteilich gefärbt, haben aber doch auch recht viel
Wahres und Richtiges zutage gefördert. So verdankt die
Welt den Arbeiten Bouchots die nähere Bekanntschaft der
primitiven Maler der Provence, deren Werke in ihrer süd-
französischen Heimat versteckt waren, wo sich die übrige
Welt wenig um sie kümmerte. Er brachte vor zwei Jahren
die sehr interessante Ausstellung der französischen Primi-
tiven zusammen, wo die Meisterwerke von Enguerrand
Charonton, Nicolas Froment und der Meister von Flemalle
und von Moulins zum erstenmale einem weiteren Kreise
gezeigt wurden. Allgemein hatte man bisher angenommen,
daß diese Arbeilen entweder von flämischen Künstlern
auf französischem Boden ausgeführt worden waren, oder
daß doch bei ihrer Herstellung flämische Einflüsse den
Ausschlag gegeben hatten. Dieser Meinung sind auch
nach dieser Ausstellung gewiß noch die allermeisten, die
die Ausstellung gesehen haben. Bouchot suchte nun
nachzuweisen, daß von solchen nordischen Einflüssen nicht
die Rede sein könne, und es fehlte nur ganz wenig, so
hätte er sogar behauptet, daß die Kunst van Eycks und
Memlings auf französischen Fundamenten ruhe. Mag man
von diesem nationalistischen Prinzip (Bouchotvinismus,
sagte man damals in Paris!) denken, wie man will, sicher
ist, daß der im besten Mannesalter und in vollster
Schaffenskraft unerwartet Verstorbene sich um die For-
schung der frühen französischen Kunst außerordentliche
Verdienste erworben hat.

Der Bildhauer Gustav Grohe in Berlin ist im Alter
von 77 Jahren gestorben, desgleichen hat einer Meldung
der »Königsb. Allg. Ztg.« nach den Bildhauer Professor
Dr. Friedrich Reusch in Girgenti der Tod ereilt.
 
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