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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Hevesi, Ludwig: Adalbert Stifter als Maler
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0165

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3ii

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe — Denkmalpflege

vor. Das Wort »Palud« ist in den marschigen
Teilen dieses Landes häufig. Da sind die alten
städtischen Giebelhäuser und der Marktbrunnen mit
einer weiblichen Statue, die aber ein Schwert hält
(vielleicht Jeanne d'Are), und französische Ladenschilder
und von hinten hereinschauend ein viereckiger go-
tischer Kirchturm. Alles in tadelloser Perspektive,
sicher abgewogen in Licht und Schatten, ungeniert
in der Ausführung. Und weit abstechend von allem
anderen, was Stifter je gemalt. Und gereist ist er in
jener Gegend auch nicht. Ich kann es also nur als
Kopie nach einem fremden Gemälde betrachten, mög-
licherweise nach einer Lithographie, wie sie ja damals
zahlreich umliefen.

Das wäre denn das Kapitel von Adalbert Stifter
als Maler. Auch Gerhart Hauptmann wollte anfangs
Maler werden, und wie viele andere noch. Das stär-
kere Talent muß schließlich doch das gewesen sein,
das den Sieg davontrug. Hier war die Schreibnatur
die Grundlage. Eine ebenso starke Malnatur hätte
sich durch nichts von dem ihr gemäßen Handwerk
abdrängen lassen. Auch nicht durch den Mangel an
Schule, denn solchen Naturen fliegt das nötige Hand-
werk an, sie wissen selbst nicht woher. Non fit,
sed nascitur.

Wien, im März. LUDWIG HEVESI.

NEKROLOGE

Der Maler Fritz Schider in Basel ist gestorben (geb.
1846 in Salzburg). Schider studierte in München in der
Rambergschule und trat dann in freundschaftliche Bezieh-
ungen zu Leibi. Er muß in jungen Jahren ein starkes
malerisches Talent gehabt haben; ein überraschend gutes,
vorzüglich impressionistisches Bild der Baseler Kunsthalle
erweist das. Später hat sich Schider ganz dem Lehrberuf
gewidmet und als Aktzeichner an der Baseler Gewerbe-
schule gewirkt. Durch die Herausgabe eines anatomischen
Atlas für Künstler ist er allerorten bekannt geworden.

Der französische Maler Edouard Toudouze ist im
Alter von 58 Jahren in Paris gestorben.

Dr. phil. Georg Aarland, Professor an der Kgl. Akade-
mie für graphische Künste in Leipzig, starb am 8. März.
Aarland war eine Autorität auf dem Gebiet der Vervielfäl-
tigungstechnik.

Am 12. März verschied nach kurzer Krankheit im 84.
Lebensjahre Otto Cornill, der Direktor des städtischen
historischen Museums in Frankfurt a. M. Der Name Cornill
spielt in der geistigen Entwickelung der Stadt Frankfurt
im ig. Jahrhundert eine große Rolle. Des jetzt Verstorbe-
nen Vater war Administrator des Städelschen Kunstinstituts
und ist durch seine große Dürersammlung rühmlichst be-
kannt geworden. Die Gründung und der Ausbau des
städtischen historischen Museums ist das wesentliche Ver-
dienst von Otto Cornill gewesen.

Der letzte Schüler Moritz von Schwinds, der Münche-
ner Historienmaler Professor Dr. Julius Naue, ist gestor-
ben. Naue ist 72 Jahre alt geworden und sein Name, der
eigentlich in der Kunstwelt längst in Vergessenheit geraten
war, ist kürzlich wieder öfter genannt worden, als das
Römische Haus in Leipzig abgebrochen wurde; er hat
nämlich dort einen Saal ausgemalt. Naue hat interessante
Erinnerungen an seinen Lehrer Schwind herausgegeben.

In Solmona ist am 24. Februar Antonio de Nino
gestorben und mit ihm haben die Abruzzen den besten
und gewissenhaftesten Illustrator ihrer Kunstschätze ver-

loren. Er hatte sich mit allen möglichen kunstgeschicht-
lichen Fragen seines Landes beschäftigt und sein Sommario
dei Monumenti kann als mustergültig angesehen werden.

Fed. H.

PERSONALIEN

Der Architekt Professor Alfred Messel hat den Titel
Geh. Regierungsrat erhalten.

Der Geschichtsmaler und Illustrator Georg Schöbe!
ist zum Professor ernannt worden.

Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien.
Der Verwaltungsrat hat in seiner letzten Sitzung den bisher
provisorischen Geschäftsführer Herrn Theodor Sturtzel end-
gültig als Direktor mit der Geschäftsführung der Gesell-
schaft für vervielfältigende Kunst betraut.

WETTBEWERBE

Bei einem Ideenwettbewerb der Bauakademie um die
Neugestaltung des Pariser Platzes in Berlin (einem
Plan, dessen Verwirklichung übrigens alle Kunstfreunde mit
großer Sorge entgegensehen, denn der Platz ist doch
eigentlich viel zu schön, um »umgestaltet« zu werden),
erhielten die Architekten Reimer und Körte den ersten,
Bruno Möhring den zweiten Preis. In beiden Entwürfen
wird das Brandenburger Tor nicht freigelegt, sondern es
werden nur die angrenzenden Gebäude — in einem Ent-
würfe die stehenbleibenden Wachthäuschen, im anderen
zwei hierfür eintretende Wohngebäude — für die Durch-
fahrten geöffnet.

Die Stadt Berlin hat dem Verein Berliner Künstler
7500 Mark bewilligt zur Veranstaltung freier Ideen-Wett-
bewerbe für Berliner Bildhauer, — Ferner hat die Stadt
einen großen bronzenen Bär für eine städtische Empfangs-
halle bei dem Bildhauer Wrba bestellt.

DENKMALPFLEGE

Über die Frage des Wiederaufbaues der Michaelis-
kirche in Hamburg hat der »Bund deutscher Architekten«
ein Gutachten ausarbeiten lassen, das unter anderen die
Unterschriften der Professoren G. Frentzen in Aachen, Dr.
Cornelius Gurlitt in Dresden und J. M. Olbrich in Darm-
stadt trägt. Der Hamburgische Senat wird darin gebeten,
von einer mechanisch getreuen Wiederherstellung der ab-
gebrannten Kirche als von einem zu künstlerischer Un-
wahrheit führenden Unternehmen abzustehen. Dagegen
möge er unter Wahrung der im alten Bau offenbarten
architektonischen Eigenart die gleiche rühmliche Selbstän-
digkeit in künstlerischen Fragen betätigen, die Hamburg
nach dem Brande der Michaeliskirche 1750 bewiesen habe,
als es dem kirchlichen Empfinden der eigenen Zeit zu
künstlerischem Ausdruck verhalf. Unsere Leser werden
sich erinnern, daß wir einem ähnlichen Gedanken schon
früher Ausdruck gegeben haben.

Der Basilika von Aquileja, einem in kunstgeschicht-
licher wie allgemein geschichtlicher Hinsicht höchst wich-
tigen Bauwerk, drohen ernsthafte Gefahren durch aufstei-
gende Feuchtigkeit im Gemäuer. Es hat sich deshalb ein
Verein zum Schutz dieses Bauwerks gebildet, dessen Vor-
sitzender, Hofrat Fabris in Görz, Spenden erbittet.

Neapel. Der Venustempel von Bajae, welcher sich
im Privatbesitz befindet und wegen seines schlechten Zu-
standes einem sicheren Untergange entgegengeht, soll von
der Regierung gekauft werden, und schon hat die Direktion
des Nationalmuseums von Neapel die Verhandlungen fast
zu Ende geführt. Fed. H.
 
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