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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Die neuesten Entdeckungen auf dem Palatin
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Wolf, August: Neues aus Venedig, [3]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0229

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439

Neues aus Venedig — Nekrologe

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seite geschobenen Stein zugedeckt, und über diesen Stein
und das Grab ist eine der großen Befestigungsmauern
des Palatin geführt worden. In dem Grabe, welches, wie
sich schon durch den zerbrochenen Deckel deutlich zeigte,
geplündert worden war, fand man Überreste eines mensch-
lichen Leichnams und eine Tonvase, über deren Alter
man noch kein einiges Urteil hat, da einige Archäologen
sie dem 4. Jahrhundert zuschreiben, andere dem 5. In
nicht geringer Entfernung von dem Grabe wurde der Ur-
boden des Hügels gefunden mit verschiedenen Vertiefungen,
welche als Brunnengräber erklärt werden, deren Zerstörung
auf die Zeit zurückzuführen wäre, in der man eine der
Ringmauern errichtete und das Material dazu dem Hügel
selbst entnahm, eben da, wo diese Überreste der vermeint-
lichen Brunnengräber gefunden worden sind. Nun stehen
die wichtigen Fragen offen: Wie kommt es, daß die
Römer eine Mauer durch die alte Nekropolis geführt haben?
Wo standen die ältesten Mauern der ältesten Palatinstadt?
Von den Ausgrabungen, welche jetzt mit der größten
Energie und mit peinlichster Vorsicht fortgeführt werden,
ist es wohl hoffentlich zu erwarten, daß sie mehr Licht
in das Dunkel bringen. Was bis jetzt gefunden worden
ist, reicht nicht aus, um sichere Schlüsse zu ziehen, auch
läßt sich das Alter des Grabes nicht mit Sicherheit be-
stimmen, denn da man es mit einem erbrochenen und
beraubten Grabe zu tun hat, kann man die Möglichkeit
nicht ausschließen, daß das Tongefäß, nach welchem allein
das Alter zu bestimmen wäre, bei dem Raube in das Grab
gefallen sein könnte.

Von ganz anderem Interesse ist die Entdeckung einer
christlichen Kapelle in der Villa Mills, die in dem Teil des
Palatins liegt, wo einst das Haus des Augustus stand,
zwischen dem Palast der Flavier und dem Stadium des
Severus. Seit kurzem sind die Arbeiten begonnen, um
die eigentümlich in phantastischer Gotik gebaute Villa ab-
zutragen und die römischen Bauten ans Licht zu bringen.
Nun hat man bemerkt, daß im Erdgeschoß einige Mauern
aus dem frühen Mittelalter stammen und daß in einem ge-
wölbten Raum der Nordseite eine kleine Kapelle eingerichtet
worden war. In einer Wand, welche noch aus römischer
Zeit stammt, öffnet sich eine kleine Apsis, und dem geübten
Auge gelingt es, auf dem Bewurf der Apsis und des
darüber stehenden Bogens ganz verblaßte Reste von Fres-
ken zu entdecken. Nach längerem und angestrengtem
Beobachten bemerkt man auch die undeutlichen Umrisse
von Figuren, und das Wenige, was man sieht, hat alt-
christlichen Charakter. Nun glaubt man, daß diese Kapelle
die Kirche des 5. Cesarius in Palatio sein könnte, deren
Gründung nach den historischen Nachrichten ins 4. Jahr-
hundert zu setzen ist. Seit dem Jahre 1885 hatte Mon-
signor Duchesne gegen die althergebrachte Meinung ge-
eifert, S. Cesario wäre die jetzt sogenannte Titularkircbe
an der Via di Porta San Sebastiano, nahe bei der Kirche
von SS. Nereo ed Achilleo, und die Meinung ausge-
sprochen, der richtige S. Cesarius müßte auf dem Palatin
zu suchen sein. Man weiß, daß in der Kirche von S. Ce-
sario, wie Johannes Diakonus erzählt, die Büsten der
neuen Kaiser ausgestellt wurden. Papst Sergius I. wurde
im Jahre 687 darin geweiht.

Nun scheint es aber doch gewagt, die kleine unschein-
bare Kapelle mit dem kaiserlichen Heiligtum 5. Cesarius
identifizieren zu wollen. Es ist ein so dürftiger kleiner
Raum, daß es kaum glaublich scheint, daß er zu kaiser-
lichen und päpstlichen Zeremonien hätte gebraucht werden
können. Vielleicht könnte das kleine Oratorium zu dem
Kloster Basilianischer Mönche gehören, von welchen man
weiß, daß sie sich am Ende des 18. Jahrhunderts auf dem
Palatin niederließen, und vielleicht gehörte zu dieser Kloster-

anlage auch eine andere Nische mit halbzerstörten Fresken,
die man an der Südseite von Villa Mills entdeckt hat.

Fed. H.

NEUES AUS VENEDIG
Seit dem 6. Mai sind die Arbeiten am Wiederaufbau
des Glockenturms wieder in Angriff genommen worden,
nach fast zehnmonatlicher Unterbrechung! Die Sachver-
ständigenkommission hat ihr von nun an unumstößliches
Urteil zugunsten des beanstandeten Materials abgegeben
und keine Unterbrechung der Arbeit soll nach dem Ver-
sprechen des Sindaco mehr stattfinden. Ja man verspricht,
daß der Campanile gelegentlich der nächsten internatio-
nalen Kunstausstellung von 190g eingeweiht werden soll.

— Die nördliche Ecke der Markuskirche ist unter Gerüsten
verschwunden. Seit langem war der Abtrag dieser bau-
fälligen Ecke geplant. Der Baukern wird erneuert und
dann die frühere Inkrustation wieder angebracht werden.
Auch ein Teil der Vorhalle ist seit langer Zeit verdeckt.

— Unendlich langsam gehen alle diese Restaurations-
arbeiten vor sich. — Auch bei S. Giacomo dal'orio will
es kein Ende nehmen, während in der Frarikirche und
S. Giov. e Paolo die Arbeiten den erfreulichsten Fortgang
nehmen.

Ein erfreuliches Ereignis war die am Tage der Aus-
stellungseröffnung geschehene Einweihung der neuen Fisch-
verkauf shalle. Vom Maler C. Laurenti entworfen, vom
Architekten Rupolo ausgeführt, bildet dieser im venezia-
nischen Stile des 15. Jahrhunderts errichtete Monumental-
bau eine neue Zierde des Canal grande und macht die
abscheuliche Eisengußhalle für immer verschwinden. —
Obgleich feierlich enthüllt, ist das Gebäude dem Verkehr
noch nicht übergeben und harrt noch seiner inneren Ein-
richtung. A. Wolf.

NEKROLOGE

Die Münchener Kunst hat einen schweren Verlust
erlitten. Einen von den Jungen, auf den große Hoffnungen
zu setzen waren, hat der Tod in der Blüte der Jahre hinweg-
gerafft. Philipp Klein starb, 35 jährig, im Sanatorium
zu Hornegg. Wer die diesmalige Frühjahrsausstellung der
Münchener Sezession besucht hat, dem werden als leuch-
tende Punkte Kleins »Studien aus Viareggio« in starker
Erinnerung sein. Hier schien sich eine künstlerische Per-
sönlichkeit von scharfer Beobachtung, sicherem Können und
sinnlichem Gefühl für die Farbe vorzubereiten. Im letzten
Jahre hatte auch gerade der Kunsthandel angefangen,
Klein zu »lancieren«. — Klein war ursprünglich Soldat,
bis ihn das Temperament aus der militärischen Laufbahn
riß. Eine eigentliche Schule hat er nie durchgemacht.
Er war erst im Aufstieg und hatte uns sicher sein Bestes
noch zu geben.

Am 18. Mai starb in Berlin im hohen Alter von 82 Jahren
Bernhard Plockhorst, dessen religiöse Gemälde vor
einigen Jahrzehnten in den breiten Volksschichten außer-
ordentlich berühmt und geliebt waren. Erinnert sei z. B.
an das 1872 in Berlin zuerst ausgestellte Werk »Der Erz-
engel Michael kämpft gegen den Satan um den Leichnam
Mosis« (Museum in Köln). Daneben hat sich auch Plock-
horst als Porträtmaler mehrfach mit Auszeichnung betätigt.
Das Beste, was er auf diesem Gebiet geschaffen hat, ist
wohl sein feines Bildnis der alten Kaiserin Augusta im
Witwenschleier, ein Stück von eindrucksvoller Charakteri-
stik und subtiler Durchführung. — Plockhorst war am
2. März 1825 in Braunschweig geboren, studierte in Berlin,
Dresden, Leipzig und Paris, war von 1866—1869 Professor
in Weimar und machte sich von da ab dauernd in Berlin
ansässig.
 
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