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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Sammlungen

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lassendes Gemälde vom Untersee, der malerischen Klimax
des Bodensees, Otlo Gamperls lenauisch anklingender
Herbststurm auf der Reichenau und Flüelapaß, Emamiel
Schalteggers Hallstädtersee. Zu dieser Gruppe möchte
man stellen Karl Braeggers »Neuen Frühling«, erworben
vom Künstverein Locles, ein Bild von feiner Stille und
sorglichst abgewogener Harmonie. Ältere Auffassung der
Landschaft und ihrer malerischen Werte überwiegt in der
Gruppe der Luzerner Künstler, bei Nikolaus Pfeyffer (Am
Fuß des Rigi), Hans Bachmann (dessen »Verlassene Kegel-
bahn« übrigens von modernerem Eindruck ist), Jost Muheini,
Joseph Clemens Kaufmann; Georg Troxlers Gewitter-
stimmung am Vierwaldstättersee hat einen elementareren
Charakter. Von beachtenswertem künstlerischem Gehalt
ist ein kleineres Bild (Die Frohburger Flühe) des Basiers
Otto Mähly, von dessen künstlerischen Stadtgenossen noch
Mangold Burkhard (Mainlandschaft, Rheinbett bei Laufen-
burg mit badenden Knaben), Emil Beurmann, Emil Schill
(Hochsommer) zu nennen sind, MaxBurgmeier (Aarau), Otlo
Ernst, Otto Wyler als aargauische, Martha Cum (mit dem
frischen »Sommertag«), Elise Stebel, Fritz Oilsi als st. gal-
lische Künstlerinnen und Künstler. Das nächste Jahr dürfte
an einer nationalen Kunstausstellung, dem »Salon«, erst-
mals wieder seit 1905, Gelegenheit zu reicherer, bedeut-
samerer Überschauung schweizerischer Kunst der unmittel-
baren Gegenwart bieten; da mag es dann instruktiver
sein, ihr den Puls zu fühlen, als bei dem hausbackenen,
friedlichen Turnus-Anlaß. Kennzeichnend für die gegen-
wärtige Ausstellung, wie schon ausgesprochen, ist das
völlige Regiment der Landschaftsmalerei, auf deren Feld
auch das Vortrefflichste geleistet wurde; das Zurücktreten
der in sich selbst bedeutenden Menschendarsteliung (Por-
träts sind schier mit der Laterne zu suchen), die Ebbe
der symbolistischen Malerei, des Tiefsinn-Anspruches. Ohne
daß die Turnusausstellung mit sensationellen und mit
mehr als einer kleinen Zahl ungewöhnlicher Werke auf-
zuwarten hätte, erfreut sie durch manche Arbeit von ge-
sunder, schlichter Wohlgestalt.

SAMMLUNGEN
Die »Münchener Neuesten Nachrichten« brachten einen
interessanten Leitartikel über die Neuordnung der Verwal-
tung der Münchener Kunstsammlungen. Es heißt
darin: »Künstler, Kunstfreunde und wer sonst innerlichen
Anteil nimmt an dem Schicksal und an der Zukunft Mün-
chens als Kulturmittelpunkt, sie wissen nicht recht, ob sie
weinen sollen oder lachen. Den meisten — leider dürfen
wir es nicht verschweigen — ist das Weinen näher als
das Lachen. Sie sagen also: das ist das ganze Ergebnis
einer so ernsten, treubesorgten Arbeit aller Verständigen,
weiter hat man in langen, hochnotpeinlichen Beratungen
der ministeriellen Reformkommission nichts zuwege ge-
bracht, als daß das unheilvolle Kommissionsunwesen,
das die tieftraurige Stagnation unserer Museumsverhältnisse
verursacht hat, nur noch erweitert und befestigt, mit er-
höhten Machtbefugnissen ausgestattet wurde! Haben wir
da überhaupt noch etwas zu hoffen? Wäre es nicht besser
gewesen, alles beim Alten zu lassen? Früher hatten wir
doch bloß Kommissionen, jetzt haben wir gar zu einer
Masse von kleinen und kleinsten Kommissiönchen noch
eine Generalkommission, die zwar »offiziell« lediglich ein
»begutachtendes Organ« sein soll, de facto aber durch die
inoffiziellen höfischen und sonstigen Beziehungen mancher
ihrer Mitglieder ein derartiges Übergewicht in sich trägt,
daß die eigentlich verantwortlichen Sammlungsvorstände
ihr auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sind. Ja die
Übermacht dieser dem Landtage und den Steuerzahlern
gegenüber doch unverantwortlichen Generalkommission

wächst ins Ungemessene durch die Bestimmung, daß die
Generalkommission auch bei Besetzung der wichtigeren
Stellen an den Sammlungen gehört werden muß. Die
Generalkonimission hat es also in der Hand, an die Spitze
der Sammlungen lauter Persönlichkeiten zu stellen, die ihr
genehm sind, von denen sie keinen Widerspruch erwartet!
Zwar hat der Sammlungsvorstand ein Vetorecht, das heißt
er kann ein von den Kommissionen vorgeschlagenes Kunst-
werk ablehnen. Aber, so fragt man sich mit einigem
Zittern, was wird aus dem unseligen Sammlungsvorstande,
der mit tolldreistem Frevelmute es wagen würde, einer
solchen hochgewaltigen Kommission zu trotzen? . . . Das
Wichtigste sind die künftigen Chefs einiger unserer wich-
tigsten Museen: Pinokothek, Nationalmuseum, Münzkabi-
nett müssen teils jetzt, teils später neue Direktoren be-
kommen. Und an den Persönlichkeiten dieser »kommenden
Männer« liegt alles. Von ihnen hängt es auch ab, ob das
Zusammenarbeiten mit der General- und den Sonderkom-
missionen gedeihlich sich gestaltet oder nicht. Gelingt es
— und es muß gelingen — wirklich bedeutende, künstle-
risch empfindende und dabei durch und durch sachkun-
dige Männer an die Spitze dieser Institute zu setzen,
dann erledigt sich eigentlich alles andere von selbst. . .
Es sind in den letzten Jahren Unsummen verausgabt wor-
den für Ausstellungsankäufe, die sich zum großen Teil
nachher als absolut nicht »galeriereif« erwiesen. Ja, es
sind Fälle vorgekommen, in denen die Künstler später
selbst unglücklich waren, daß dies oder jenes Bild unsere
Pinakothek zierte, das sie von ihrer inzwischen erlangten
größeren Reife aus verwerfen mußten! Höflichkeitsankäufe
von Ausländern sollten ganz unterbleiben. Museums-
ankäufe sind keine Auszeichnungen wie Orden oder Titel.«

Berlin. Königliches Kunstgewerbemuseum. Eine Aus-
stellung von »Buntpapieren« im Lichthof des Museums
gibt ein anschauliches Bild der Entwickelung dieses für
die moderne Buchkunst so außerordentlich bedeutsamen
kunstgewerblichen Zweiges. Nach Techniken geordnet
sehen wir alte, speziell in Italien entstandene Gold- und
Silberpapiere, »gestrichene« und »gesprengte« Papiere, eine
Fülle der bekannten marmorierten, sogenannte »Tunk-
papiere«, alter, neuerer und neuester Zeit, ferner jene in
der ungemein reizvollen »Kleistertechnik« entstandenen
Blätter, wie sie erstaunlich phantasievoll besonders im
18. Jahrhundert gefertigt wurden. Neuerdings hat vor
allem der Buchbinder Anker Kyster in Kopenhagen und
Frau Lilli Behrens in Düsseldorf in diesem Verfahren die
zartesten Wirkungen erreicht. Derartigen, mit der Hand
gefertigten Blättern, die damit den Charakter von Original-
schöpfungen tragen, schließt sich die große Zahl der in
den verschiedensten Techniken maschinell hergestellten
Papiere an. Ein von dem Direktor der Bibliothek des
Kunstgewerbemuseums Peter Jessen geschriebener Führer
erleichtert das Verständnis der ausgestellten Objekte, deren
Herstellungsverfahren usw. gewiß nur dem allerkleinsten
Teil der Besucher bekannt ist.

In den für Wechselausstellungen bestimmten ehe-
maligen Bibliothekssälen des Erdgeschosses findet gleich-
zeitig eine beachtenswerte Ausstellung moderner Keramiken
statt. Anschließend an eine kleine Anzahl alter Original-
stücke, die den keramischen Beständen der Sammlung ent-
nommen sind, alte deutsche und schweizer Irdenware,
deutsches und japanisches Steinzeug, kann man in den
modernen Erzeugnissen die Wiederaufnahme der alten
Techniken, wie die Resultate der verschiedenen neuen
Verfahren an neuen Formen beobachten. Die Werkstatt
R. Mutz-Berlin stellt zahlreiche Ziergefäße, Wandplatten
usw. aus, kleinere Kollektionen stammen von Rudolf von
Heider-Elberfeld, Kurt Randhahn-Eisenberg, S.-A., Fritz
 
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