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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Freise, Kurt: Ausstellung holländischer Gemälde aus Rotterdamer Privatbesitz in Rotterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0012

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XIX. Jahrgang

1907/1908

Nr. 1/2. 17. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler. Rud. Mosse usw. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 3, erscheint am 24. Oktober

AUSSTELLUNO HOLLÄNDISCHER GEMÄLDE
AUS ROTTERDAMER PRIVATBESITZ
IN ROTTERDAM

Eine Ausstellung alter holländischer Bilder — und
kein Rembrandt, kein Frans Hals, kein Jan Steen,
sondern meist nur sogenannte Meister zweiten, dritten
Ranges und doch imstande, dem verwöhnten Betrachter
einige Stunden künstlerischen Genießens zu bieten?
Ja das ist möglich. Die kürzlich vom Rotterdamer
Kunstverein aus Rotterdamer Privatbesitz zusammen-
gebrachte Ausstellung beweist es. Sie macht schon
als Gesamtbild einen ruhigen und vornehmen Ein-
druck der durch geschicktes Hängen und durch ein-
SJe ™mun% der Qemälde in dunkle Holzleisten
wesentlich unterstützt wird. Auf die Bildung des
guten Geschmackes hat eine derartige Vorführung
den denkbar günstigsten Einfluß. Denn es gilt hier
nicht in erster Linie den Tiefen und Höhen eines
uberragenden Genius' nachzugehen — wobei nur zu
leicht das am Wege Stehende übersehen wird —
sondern sich von der malerischen Kultur und künst-
lerischen Tradition eines ganzen Volkes bewundernd
gefangen nehmen zu lassen. Die Veranstalter der
Ausstellung, unter denen sich Herr Direktor Dr.
E. W. Moes in Amsterdam besondere Verdienste er-
warb, ließen sich von jenem Gedanken leiten, und
zu dem Resultat ihrer Bemühungen kann man ihnen
nur gratulieren.

Für die Erziehung zum künstlerischen Geschmack
ist das Stilleben von besonderem Werte. Es gibt —
und das mag vielleicht auch beabsichtigt sein —
dieser Ausstellung die Grundnote, ohne daß aber auch
hier jedesmal die ersten Meister vertreten wären. Statt
ihrer sehen wir besonders gute Stücke ihrer Schüler
oder interessante Gemälde von weniger häufig vor-
kommenden Malern. Frans Hals d. J. z. B. gehört
zu diesen. Sowohl seine Genrebilder wie seine Still-
leben sind sehr selten. Eine umfangreiche »Vanitas«,
aus Büchern, Flaschen, Kerze, Pfeifen, Siegeln, Tinten-
faß usw. zusammengestellt, vor feinem silbergrauen
Hintergrund, verrät des großen Meisters Sohnes glück-
liches Geschick im malerischen Anordnen wie im ge-
schmackvollen Abwägen der Tonwerte. Dazu verfügt
er über eine flotte Technik. Während der Haarlemer

Maler den Hauptwert auf die Fülle und Reichhaltig-
keit seiner Komposition legt, finden wir in einer
anderen »Vanitas« stärker das Gedankliche, den Hin-
weis auf die Vergänglichkeit betont durch Einführung
von Totenschädel, Uhr und Stundenglas. Und der
Maler dieses nur mit einem (ähnlich wie das des
Pieter Claesz) aus PGv B zusammengesetzten Mono-
gramm versehenen Gemäldes ist daher wohl in der
Leidener Schule zu suchen.

Arrangements aus Silbergerät, Gläsern und Früchten
bieten Jurriaen van Streeck, dessen Werke denen
seines Lehrers Kalff bisweilen nur wenig nachstehen,
sowie Pieter van den Bosch. Letzterer zeigt dabei
einen raffiniert feinen Geschmack in der Farbenzu-
sammenstellung: blau (Tischdecke), blaßgelb (ein
Brödchen), silbergrau, ein zartes Grün (Römerglas)
und — keck in eine andere Farbensphäre greifend —
vor' dem Blau ein Tupfen Zinnoberrot: das glühende
Ende einer kleinen Lunte. Das Bild ist P v Bosch
f. 1655 signiert.

Mit einem wundervollen Stück aus Blumen und
Früchten, die sich in warmbraunen Farben um eine
zartrosa Rose und ein paar Blutkirschen gruppieren,
ist A. v. Beyeren vertreten und zeigt sich von einer
weniger bekannten, aber nicht minder anziehenden
Seite. Von Marsens van der Schrieck findet sich ein
diesmal auch im Ton sehr gut wirkendes Bild mit
Disteln und Insekten, wobei er sich nach seiner Weise
im Spiel der aufblitzenden Lichter, vor allem auf den
Distelstacheln, Genüge tut. In solcher tonigen Um-
gebung wirkt auch das feinste Blumenbukett von
A. Mignon etwas hart und bunt.

Johannes de Bondt ist mit einem Bild, das Fische,
eine Flasche und einen Messingkessel in meist schwärz-
lich braunen Farben wiedergibt, vertreten. Ein anderes,
blondes Gemälde, auch Fische zeigend, hat technisch
mit jenem einige Verwandtschaft. Es ist als Unbekannt
katalogisiert, kann aber vielleicht von der Hand Pieter
de Putters sein. Man vergleiche beispielsweise die
bezeichneten Stücke in Schwerin oder das bei Herrn
v. Semenoff in St. Petersburg, das im Katalog dieser
Sammlung abgebildet ist. Ein anderes MV B (zu-
sammengezogen) A° 1646 signiertes Bild mit einigen
Äpfeln und Birnen, drei Nüssen und einem halbge-
füllten weißen Römer frappiert durch die fast gesuchte
 
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