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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Deneken, F.: Die Ausstellung für moderne christliche Kunst in Aachen
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Römischer Brief, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0030

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'37

Römischer Brief



profilierter Speisekelch in Silber nach Entwurf von
Rud. Bosselt ausgeführt. Ferner hatte der Aachener
Goldschmied Steenaerts einige Altarleuchter und einen
Kelch nach Peter Behrens Entwurf in technisch voll-
endeter Weise ausgeführt. Bei den Goldschmiede-
arbeiten befand sich eine Sammlung von Edel- und
Halbedelsteinen aus Idar-Oberstein im Nahetal, die
Dr. Eppler-Krefeld beschafft und angeordnet hatte,
— eine strahlende und farbenprächtige Schau eines
Materials, das nicht nur für die kirchliche Gold-
schmiedekunst, sondern überhaupt für Schmuck- und
mancherlei Kleinkunst mehr Beachtung verdient, als
man demselben bisher geschenkt hat.

Eine sehr wichtige Bereicherung erfuhr die Aus-
stellung, die auch von holländischen Architekten be-
schickt war, noch nachträglich durch die Beteiligung
einiger englischer Künstler. Bentleys Riesenbau der
Londoner Kathedrale wurde zwar nur durch einige
Photographien veranschaulicht, dagegen hatte Rich-
mond farbige Entwürfe für die Dekoration von St.
Pauls zu London und vor allem Wilson eine ganze
Reihe seiner phantasievollen gotischen Kirchendekora-
tionen gesandt. Aus dem Gebiet der angewandten
Kunst waren einige durch ihre geistvoll archaisierende
Behandlung hervorragende Altarkreuze von Ashbee
und ein silberner Kelch dieses Meisters ausgestellt,
dazu stimmungsvolle Plastik von Wilson und ein
durch Gediegenheit des Materials (Bronze, Silber und
Email) und reizvolle Belebung der Formen anziehen-
der riesiger Kronleuchter, der für die Kathedrale zu
Saragossa bestimmt ist.

Mit der modernen Ausstellung war eine Sonder-
ausstellung von wertvollen Werken alter Kunst ver-
bunden. Man hat neuerdings oft die alte Kunst als
Hilfsanziehungskraft bei modernen Ausstellungen zu
Gaste geladen. Das Alte erweist sich dann immer
als ein recht gefährlicher Nachbar des Neuen. Denn
die Anläufe zu neuartiger Formensprache sind natur-
gemäß noch weit von irgendwelcher Reife entfernt.
Besonders auf kirchlichem Gebiet liegen bis jetzt nur
tastende Versuche vor, und es fehlt an jener Ein-
heitlichkeit, die nur das Ergebnis längeren Wachs-
tums sein kann. Wenn somit auch der Vergleich
mit dem Alten dem Neuen zum Nachteil gereichen
mußte, so war es doppelt erfreulich, feststellen zu
können, daß sich trotzdem unter den neuen Arbeiten
manche behaupteten als lebensstarke Vorläufer einer
Entwickelung, die hoffentlich Kunst und Kirche zu-
sammenführen und den künstlerischen Regungen
unserer Zeit ein Gebiet wieder erschließen wird, das
so viele Jahrhunderte hindurch fast der einzige Nähr-
boden der Kunst war. F. DENEKEN.

RÖMISCHER BRIEF

Rom leidet wieder an einer archäologischen Krisis
und wie gewöhnlich ist die Ursache in den Neu-
gestaltungsarbeiten der Hauptstadt zu suchen. Kaum
hat sich der Streit wegen der Richtung der neuen
Straßen durch die Region der Fora gelegt, ist jetzt ein
neuer und nicht weniger heftiger wegen der antiken
Stadtmauer entbrannt. Manchem, dem die Altertümer

Roms am Herzen liegen, ist es wohl oft aufgefallen,
welch trauriges Los dem mächtigen Stück Servius-
mauer, nahe bei den Diokletiansthermen, beschieden
ist. Zwischen Geleisen und großen Warendepots des
nahen Hauptbahnhofes von Termini sahen die mäch-
tigen Quadern gar erbärmlich aus, fast ebenso traurig
wie die Diokletiansthermen, denen ein witziger Ar-
chäologe sehr richtig den Zunamen Aschenbrödel der
römischen Ruinen gegeben hatte. Um die serviani-
sche Mauer schnaubende Lokomotiven, Güterwagen
und lärmende Lastträger, um und in den Thermen
Wirtshäuser, Garküchen, Ställe und sonstige hoch-
feine Lokale mit ihren Insassen. Nun scheint es aber
mit den Thermen besser gehen zu sollen und übers
Jahr werden wohl schon- verschiedene Droschken-
gäule und Wirte ihre archäologischen Behausungen
verlassen haben. Die Generaldirektion der Altertümer
will für das fünfzigjährige Hauptstadtjubiläum Roms
die Thermen endlich wieder standesgemäß einrichten.
Der servianischen Mauer scheint aber die neue Stadt-
regulierung nicht ebenso vorteilhaft zu sein. Ein
großer Streit wird deswegen ausgefochten werden,
ohne daß derselbe wohl imstande sein wird, zu ver-
hindern, daß der Hauptbahnhof sein eisernes Geleis-
netz immer enger um die ehrwürdigen Ruinen spannen
wird. Der Bahnhof soll durch den Bau einer neuen
Halle für die Vorortzüge erweitert werden und nun
zerstören die Peperinquadern den Ingenieuren ihren
ganzen Plan. Diese hatten zwar das alte Gemäuer
auch bedacht, glaubten aber die Frage sehr summa-
risch lösen zu können. Die Mauer sollte einfach
sich mit einem bescheideneren Platz begnügen, denn
Quadern sehen sich so wie so alle ähnlich, also be-
schränkt man ihre Zahl, was mehr da ist, soll ein-
fach entfernt werden. Die abgetragenen kann man
ja wohl etikettiert in dem Hof eines Museums auf-
stellen. Zum Glück hat Giacomo Boni vom Ministe-
rium den Auftrag bekommen die Sache zu ordnen.
Einern anderen Stück der ältesten Stadtmauer hätten
die Ingenieure ebenfalls den Garaus gemacht, wenn die
archäologischen Behörden nicht eingeschritten wären.
Das ist nämlich dieser Tage unweit von den soge-
nannten Lucullusgärten, hart bei Santa Maria della
Vittoria bei den Ausgrabungen, die man macht, um
das neue Ackerbauministerium zu bauen, zum Vor-
schein gekommen. Nun wird man dafür sorgen,
diese und andere Ruinen, die an dem Ort gefunden
worden sind, zu erhalten. Bei dieser Gelegenheit ist
die Frage wieder aufgerührt worden, wie die Direk-
tion der Ausgrabungen in Rom anders zu ordnen
sei. Es war schon oft beklagt worden, wie Wider-
sinnig es eigentlich sei, die Direktion der Forum-
ausgrabungen von denen des Palatins geschieden zu
halten. Seit den letzten Forschungen auf dem Palatin
ist die Frage noch brennender geworden und jetzt
spricht man davon, Forum und Palatin unter einem
Direktor zu vereinigen und einen anderen den übrigen
römischen Ausgrabungen vorzustellen. Uber die
Palatinausgrabungen, von deren Ergebnissen und den
heftigen Debatten, die daraus entstanden, habe ich schon
der »Kunstchronik« berichtet. Die Auf findung von dekora-
 
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