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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Rubens' Decius-Zyklus in der Liechtensteingalerie
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0085

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147

Nekrologe

148

von Dyck die Historie von Desius soo in 5 oder 6
Stuck bestehet, solche baldt vercauft wierdt werden
wan Eur Durchleucht eynig Belieben haben solche
gekauft zu haben, wil ich meyn Vleys nicht sparen
solche in eyn billigen pretium zu becomen. Dises
wiert vercauft dahier an der jenige der das meyst bieten
doet. Dise Mahlerei ist in Spallier vielmael nach-
gearbeytet. Ich vermeyne das Ihro Roms kays: May:
zu Hof eyne Zimber dar von haben solches die kay:
Tapitsierer Eur Durchl. wohl weysen cönten. Die
Figuren seynt lebensgroße vnd die Bilter auch gros
aber haben keyne Borten wie die Spallier. Vermaine
dise Mahlerey in 3 oder 4 Wochen wierdt vercauft
werden. Ich werde auch Eur Durchl. von die 2
große Diamanten das Münster in Cristal weysen
lassen, warmit Eur Durchleucht in den Schutz des
Allerhoechsten mich aber an Eur Durchl. zu behar-
leyche Gnadt gehorsamst empfehle vnd verbleibe Eur
Durchl. vnderdaniger Diener Marcus Forchondt.

Anvers ady 7. July 1692 A.«
* Der Brief ist adressiert:

»Dem durchleuchtigen hochgebohrnen Fürsten
vndt Herrn Herrn Johan Adham Andreas des heilligen
Rom: Reichs Fürsten von Lichtenstein vndt Nickels-
purg in Schlesien Hertzog zu Troppau vnd Jagern-
dorf etc. etc. meinen gnadigsten Fürsten vndt Herrn
Herrn.

Wienn per Feltsperg.«

Am 25. Juli 1692 wurde das Schreiben präsentiert;
unter dem Einlaufsdatum steht als Kanzleivermerk:
»H. Forcant bericht dß 5 od. 6 Stuk Malerey von
Anton von Deyk zue verkauften die Historj von
Desius«.

Eine Antwort auf diesen Brief ist in den bisher
geordneten Beständen des fürstlichen Hausarchivs nicht
nachzuweisen. Wohl aber findet sich in den Rech-
nungsbüchern eine Eintragung, die zweifellos auf diesen
Zyklus zu beziehen ist. In der »Hoffzahl Ambts
Rechnung von Weihnachten 1695 bies St. Joannis
Baptistae a : 1696« heißt es in der Rubrik »Für Ge-
mähl vnd Farben« unter Nr. 125:

»H. Marco Forchand für 8 Stuckh Mahlerey von
Antonio von Daykh zahlt lauth Quittung vnd zurukh
gestehen Reuers bezahlet... 11.000 fl.« Als Doku-
mente dazu sind verzeichnet: »Ihr fürstl. Gnd. (Kon-
trakt vnd Empfangsquittung.«

Daß die Zahlung drei Jahre nach jenem Brief da-
tiert, darf uns nicht beirren; abgesehen davon, daß
zwischen jenem Anbot, dem wirklichen Ankauf und
der Übergabe in Wien eine ziemliche Zeit verstreichen
mußte, bezieht sich die Notiz ja offenkundig auf die
Einlösung einer Obligation, die viel früher ausgestellt
worden sein kann. Überdies beträgt der Zahlungs-
vermerk — entgegen dem sonstigen Brauch — kein
Tagesdatum, es ist also möglich, daß die Notiz als
Nachtrag aus der Zeit vor Weihnachten 1695 auf-
zufassen ist. Jedenfalls ist die Zeit für die Einlösung
einer Obligation nicht allzu lange. Eine andere
Obligation zum Beispiel, durch welche Fürst Johann
Adam Andreas bekennt, dem selben Markus Forchondt
für Juwelen (auch der Schluß des oben zitierten Briefes

deutet auf einen Juwelenankauf) noch 4600 Gulden
zu schulden, datiert vom 21. März 1691. Die Ter-
mine für die Teilzahlungen sind in der Obligation
festgesetzt und erst am 21.Juni 1692 (also auch fast
anderthalb Jahre nach der Ausstellung) ist die Schuld-
urkunde ganz eingelöst.

Dagegen bleibt eine andere Frage offen: das In-
ventar des van Eyckschen Nachlasses weist nur sechs
Bilder der Decius-Folge auf, die Zahlung aber spricht
von »8 Stuckh«. Ob Forchondt damals die zwei
fehlenden Gemälde der Reihe selbst besaß oder ander
wärts erworben hatte und zugleich an den Fürsten
verkaufte oder ob zwei andere Werke van Dycks mit
den sechs Decius-Gemälden angekauft wurden, ist
aus der Eintragung nicht zu ersehen. Zweifellos aber
muß es sich bei dieser Zahlung um außergewöhnlich
große Bilder gehandelt haben, denn die Preise, welche
die fürstlichen Rechnungen sonst für van Dyck notieren,
sind viel geringer. So verkauft zum Beispiel 1708
der »kayserl. Khunstkammerkupferstecher« Jakob Männl
an den Fürsten »zwey Contrafait Bruststuck von Deyck«
um 175 Gulden.

Durch den hier publizierten, bisher unbekannten
Brief und die wohl mit Recht darauf bezogene Zahlamts-
notiz ist also nicht nur die Identität des Decius-Zyklus
der Liechtenstein Galerie mit jenen Bildern aus dem
Besitz des van Eyck in Antwerpen erwiesen, sondern
auch mit der Konstatierung des Ankaufs durch den
Fürsten Johann Adam Andreas (wenigstens für sechs
Bilder der Folge) die zusammenhängende Geschichte
des Bilderbesitzes von 1661 bis heute hergestellt; denn
aus dem Besitz der fürstlichen Familie sind diese
Gemälde nicht mehr entfernt worden.

Der Kunsthändler und Juwelier Marcus Forchondt
gehörte, wie Fleischer weiter berichtet, einer Familie
von Malern und Kunsthändlern an, die schon seit den
sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts in den fürst-
lich Liechtensteinschen Rechnungen nachzuweisen ist.
Marcus starb 1709 und hinterließ ein großes Lager
von Gemälden, deren Verzeichnis sich erhalten hat.
Zu seinen Kunden gehörte neben dem Hochadel auch
die kaiserliche Hofkammer. Die Gattin des Kunst-
händlers war eine geborene Vermoelen, eine Verwandte
jenes spanischen Würdenträgers, dessen mit dem
Familienwappen geschmücktes Porträt sich ebenfalls
in der Liechtensteingalerie befindet. Wahrscheinlich
ist auch dies Porträt des Jan Vermoelen durch die
Familie Forchondt an die Fürsten von Liechtenstein
verkauft worden.

NEKROLOGE

In München starb der Bildhauer Edwin Weißenfels
im Alter von 60 Jahren. An mehreren öffentlichen Ge-
bäuden Münchens sind plastische Werke seiner Hand an-
gebracht (Nationalmuseum, Justizpalast, Künstlerhaus).
Weißenfels war 1847 zu Delitzsch geboren und bildete sich
später in München als Schüler Knabls. Das Schultze-
Delitzsch-Denkmal in seiner Heimatstadt ist auch ein Werk
von ihm.

Am 1. Dezember starb in Helsingfors der finnische
Bildhauer Robert Stigell, 55 Jahre alt. Er war 1852 zu
Sveaborg geboren und hatte eine sehr bewegte Jugend.
 
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