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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Florentiner Brief, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0115

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207

Ausstellungen — Sammlungen — Vermischtes

208

Riegl und neuerdings Mrs. Eugenie Strong in ihrem material-
reichen Buche »Roman Sculpture« für eine größere Freiheit,
Selbständigkeit und Erfindungsreichtum in Roms eklektischer
Kunst eintreten. Von letzterem, sehr brauchbarem Buche
soll an dieser Stelle demnächst noch besonders die Rede sein.

M.

AUSSTELLUNGEN

Eine Boehle-Ausstellung, die bis Ende Februar
dauern wird, ist im Städtischen Museum zu Frankfurt am
Main eröffnet worden. Dreißig Gemälde von Fritz Boehle,
alle aus jüngster Zeit, sind hier vereinigt. Wir beabsichtigen
unseren Lesern einen eingehenden illustrierten Bericht dar-
über mitzuteilen.

Die für 1908 geplante Ausstellung christlicher Kunst
in Düsseldorf wird in diesem Jahre noch nicht stattfinden,
weil der Ausstellungspalast nur für einige Monate in
diesem Jahre frei ist, während die Anmeldungen so großes
und bedeutendes Material versprechen, daß die Ausstellung
von Mai bis Oktober währen soll, was also dieses Jahr
noch nicht möglich sein würde; jedenfalls wird der Aus-
schuß das Unternehmen in einer möglichst glänzenden
Weise durchzuführen trachten.

SAMMLUNGEN

In der Deutschen Revue (Novemberheft) gibt Ernst
Steinmann folgende Schilderung der neu entstehenden
Vatikanischen Pinakothek: Unmittelbar neben dem
Archiv, im Erdgeschoß des von Pius IV. angelegten Flügels
des Belvederehofes, da, wo man einst die Prachtkaleschen
der Päpste bewunderte, sollen die unschätzbaren Kunst-
werke vereinigt werden, die noch heute im Vatikan und
Lateran zerstreut sind. Schade, daß die neuen Räume für
die Anlage einer Gemäldegalerie weit weniger geeignet
sind, als sie sonst in mancher Hinsicht bequem und sicher
sein mögen! Die Auswahl unter den großen ,Appartamenti'
im Vatikan war keine leichte. Zu allem übrigen mußte
der Präfekt des Apostolischen Palastes auch bestrebt sein,
den Strom der Fremdlinge und Pilger, der mit dem Apparta-
mento Borgia bereits vom Zentrum des Vatikans Besitz
ergriffen hat, wieder auf die Peripherie abzulenken. Aber
die Fremden werden sicherlich wenig erfreut sein, in Zu-
kunft auch den Weg zur Pinakothek wie zur Skulpturen-
galerie um die Peterskirche herum nehmen zu müssen
und mit den vielgewandten römischen Kutschern für dies
Unternehmen eine neue Taxe zu vereinbaren. Wir fanden
in den neuen Galeriesälen die Handwerker in voller Tätig-
keit, die Stuckdecken herzurichten, und ich bewunderte die
Geschicklichkeit, mit der diese Leute die Formen füllten
und leerten und die schnell getrockneten Stücke an den
Decken zusammenfügten. Auch einige Wappenschilder
Pius' X. waren schon fertiggestellt, nicht mehr in Marmor
ausgeführt wie die Wappen der Renaissancepäpste, aber
doch auch in Stuck mit jenem Sinn für das maßvoll Schöne
gearbeitet, den man noch heute überraschend oft bei dem
italienischen Handwerker findet. Leider erscheint die bau-
liche Anlage dieses Belvedereflügels für eine Pinakothek
nicht eben sehr geeignet. Waren doch diese Räume auch
ursprünglich für ganz andere Zwecke gedacht. Eine lange
Flucht ungewöhnlich hoher, von einem Tonnengewölbe
überspannter Gemächer wird durch einen einzigen gerade
durchlaufenden seitlichen Eingang verbunden. Links oben
durch hohe Bogenfenster fällt aus dem Belvederehof das
Licht herein. Die Wandflächen darunter sind dunkel. Die
Wandflächen gegenüber werden durch Mauernischen ge-
gliedert, rechts und links werden sie durch die Türöffnungen
zerrissen. Wie würden die »Transfiguration« und die

»Madonna di Foligno«, der »Sixtus IV.« des Melozzo da
Forli und Peruginos »Madonna« aus Perugias Priorenpalast
in einem ruhigen milden Oberlicht gewirkt haben! Welche
Mühe wird es kosten, diese Perlen alter Kunst in Räumen,
die niemals für Gemälde bestimmt waren, einigermaßen
gut und geschmackvoll unterzubringen! Man sieht, eine
allseitig befriedigende Lösung der großen Aufgabe ist kaum
zu erwarten, nachdem man sich — gestehen wir es offen
ein — in der Wahl der Örtlichkeit vergriffen hat. Aber
heute kann noch niemand sagen, wie die fertigen Räume,
in denen jetzt sogar noch der Fußboden fehlt, in ihren
Verhältnissen wirken werden und wie sich vor allem das
Problem der Beleuchtung der Bilder lösen wird. Der neue
Präfekt des Apostolischen Palastes, auf den auch ein Teil
der Funktionen des Maggiordomo übergegangen ist, ver-
bindet mit schneller Entschlußfähigkeit Liebe zur Kunst
und vornehmen Geschmack. Er hat den Durchbau der
Pinakothek einem vielerprobten Architekten deutschen
Namens übertragen, und er arbeitet schon seit Monaten
an dem Plan einer möglichst zeitgemäßen Inneneinrichtung
der Räume. Man wird nicht nur für stilgemäße Rahmen
Sorge tragen, man wird vielleicht auch die Rumpelkammern
des Vatikans auf ihren Inhalt an alten Möbeln, Teppichen
und Tapeten untersuchen. Seitdem die Wiederherstellung
des dem Publikum erst vor kurzem wieder neuerschlossenen
Appartamento Borgia so glänzend gelungen ist, darf man
den Restaurationsarbeiten, die der Vatikan unternimmt,
überhaupt ziemlich ruhig zusehen. Namen wie Francesco
Ehrle und Ludovico Seitz bieten ungewöhnliche Garantien.
Es gibt überdies der Arbeit des Menschen eine besondere
Weihe und einen besonderen Ernst, wenn er fühlt, daß
sie angesichts der ganzen Welt geschieht.

Im Fuggerhaus zu Augsburg hat R. Wahler, Pro-
fessor an der Münchener Kunstgewerbeschule, die Wieder-
herstellungsarbeiten an den Malereien des sogenannten
Badezimmers beendet. Dieser große Saal dient nun zur
Aufnahme der Fuggerschen Kunstschätze, die von solcher
Bedeutung sind, daß man die Sammlung, welche öffentlich
zugänglich gemacht worden ist, als eine hohe Sehens-
würdigkeit bezeichnen kann.

-f Die Züricher Kunstsammlung wird bereichert um
zwei Werke Ferdinand Hodlers, eine Abendlandschaft und
das monumentale Figurenbild »Heilige Stunde«, vier im
Grünen sitzende Frauen darstellend, ein Werk höchsten
Wertes. Es wird, als für Hodler durchaus charakteristisch,
ein Prachtstück des künftigen Züricher Kunsthauses bilden.

-f In Basel wendet sich ein Initiativkomitee, das in
aller Stille schon eine bedeutende Summe für die dortige
Schaffungeines neuen Kunstmuseums gesammelt hat, in
einem Aufruf an die Öffentlichkeit. Man möchte das neue
Museum, mit großem Vortragsraum auf der Elisabethen-
schanze erstellen; der Kostenvoranschlag lautet auf rund
eine Million Franken.

VERMISCHTES

Große Bilderfälschungen sind wieder einmal in
München entdeckt worden. Eine ganze Lenbachfabrik
soll man aufgestört haben; es sind auch schon Verhaftungen
vorgenommen worden.

Ein Verzeichnis der Radierungen und Stiche des
Karl Stauffer-Bern hat Max Lehrs im Verlag von Ernst
Arnolds Hofkunsthandlung in Dresden herausgegeben.
Das auf tiefen Studien beruhende Buch geht insofern über
den Rahmen eines bloßen Katalogs hinaus, als es durch
Anhang eines Traktats der Radierung aus dem Nachlaß
Stauffers und durch künstlerische Beigaben zu einem
allgemein wertvollen Buche gestempelt ist. Einen kritischen
Bericht behalten wir uns vor.

Inhalt: Moderne Oaleriefragen. Von Richard Graul. — Pariser Brief. Von Karl Eugen Schmidt. — Florentiner Brief. — Anselmo Anselmi f. —
Dr. Wilhelm Valentiner zum »Curator of decoiative arts« ernannt. — Preisausschreiben zur Erlangung von Entwürfen tür den Schiller-
park. — Restaurationsarbeiten an der Kathedrale San Laurenzo in Lugano. — Auffindung eines Altarbildes von Fra Angelico da Fiesole.
— Statuen der Dioskuren. — Boehle-Ausstellung; Ausstellung christlicher Kunst in Düsseldorf. — Uber die neu entstehende Vatikanische
Pinakothek; Wiederherstellungsarbeiten im Fuggerhaus zu Augsburg; Züricher Kunstsammlung; Kunstmuseum in Basel. — Vermischtes.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. G.m.b.H. Leipzig
 
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