Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

DOI Artikel:
Ruhemann, Alfred: Jef Lambeaux
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0267

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5"

Nekrologe — Personalien

512

klerikale Heuchelei und Rache — hinter einem Bretterzaun
muß sich noch immerimCinquantennaire-Parkderbelgischen
Hauptstadt die kühnste und imposanteste Reliefschöpfung
unserer Zeit verstecken. Man versteht Lambeaux' letzten
Willen, daß er zu Füßen dieses Werkes hat begraben sein
wollen — ein Wunsch, der unerfüllt bleiben muß. Lambeaux
hat wohl selbst gefühlt, daß er durch das Fegefeuer dieser
bisher unerreichten Leistung, aus der wirren Üppigkeit
seiner menschlichen und künstlerischen Daseinsfreude zur
verklärenden und erhabensten Kunststufe hinaufgestiegen ist.

ALFRED RUHEMANN-Brüssel.

NEKROLOGE

Am 24. Juni ist in Laubegast bei Dresden der Bild-
hauer Professor Dr. Gustav Kietz nach längerer Krank-
heit gestorben. Seinen Bruder, den Maler Ernst Benedikt
Kietz, der in Dresden am 31. Mai 1892 starb, hat er also
um 16 Jahre überlebt. Gustav Kietz wurde am 26. März 1826
in Leipzig geboren und trat nach empfangener Ausbildung
in Rietschels Atelier ein. Für des Meisters Luther-Denkmal
modellierte er die vier Eckfiguren. Für Tübingen schuf
er das Denkmal Ludwig Uhlands, was ihm den Tübinger
Ehrendoktor eintrug. Dresden verdankt Gustav Kietz auch
das Luther-Denkmal vor der Frauenkirche. Denn Kietz
hatte den Kopf Luthers von Rietschels eigener Hand, der
nach dessen Tode durch einen Kopf von Donndorf ersetzt
wurde, aufgehoben und gab ihn her, als man in Dresden
beschloß, das Luther-Standbild mit dem echten Kopfe
Rietschels aufzustellen. Kietz war eng befreundet mit
Richard Wagner und hat über seine Beziehungen zu ihm
ein wunderhübsches Buch geschrieben.

Prof. Jegor Redin f« Rasch hintereinander haben
die russische Kunstwissenschaft zwei harte Schläge ge-
troffen, kaum daß AI. Neustrojew aus dem Leben schied,
erreicht uns die Kunde, daß auch der Professor der Kunst-
wissenschaft an der Kaiserlichen Universität Charkow Jegor
Redin am 28. April (11. Mai) einem Bluterguß ins Gehirn
erlegen ist. Redin, geboren zu Tiflis 1865, entstammte
einer Bauernfamilie aus dem Gouvernement Kursk. Sein
Vater, ein analphabetischer Steinmetz, war des Erwerbes
wegen in den Kaukasus übergesiedelt und wußte dort,
trotz seiner eigenen Unbildung, alles für die Erziehung des
Sohnes zu tun, der 1884 die Neurussische Universität zu
Odessa bezog. Seit dem Beginne seiner Studienzeit ge-
hörte Redins Interesse ausschließlich der altchristlichen,
byzantinischen und russischen Archäologie. Bereits als
Student lenkte .er durch seine Seminararbeiten die Auf-
merksamkeit N. Kondaköws auf sich und arbeitete schon
damals gemeinsam mit seinem Freunde D. Ainälow, der
heute in Petersburg Professor der Kunstwissenschaft ist,
das Werk über »Die Sophienkathedrale in Kiew« aus, das
für die Erforschung der altrussischen Kunst von grund-
legender Bedeutung wurde. Eine Reise auf Staatskosten
ins Ausland zeitigte eine Serie von Briefen, die Redin
später (1903) unter dem Titel: »Italien. Briefe an Freunde«,
herausgab. Nach seiner Rückkehr bestand Redin 1893 bei
der historisch-philologischen Fakultät in Petersburg das
Magisterexamen und ging sodann zunächst als Privatdozent
nach Charkow, wo er alsdann in verhältnismäßig kurzer
Zeit zum Ordinarius aufstieg. 1896 erlangte er auf Grund
seiner Schrift über »Die Mosaiken der Kirchen von Ravenna«
den Grad eines Magisters der Geschichte und Theorie der
Kunst, was ihm den Weg zur etatmäßigen Professur er-
öffnete. Neben seiner Magisterdissertation bearbeitete
Redin eine ganze Anzahl andere Themen, und seine
schriftstellerische Tätigkeit hörte auch nicht auf, als er in
den rettenden Hafen der Professur eingelaufen war, die
so manchem anderen nichts mehr als ein otium, ob cum

dignitate, bleibe unerörtert, nach den Anstrengungen der
Jugendzeit bedeutet hat. Abgesehen von den beiläufigen
Arbeiten, die er in den »Sapiski« (Schriften) der Kaiser-
lichen Universität zu Charkow und im Wisantiiski Wremennik
veröffentlichte, erschienen eine ganze Reihe von größeren
Artikeln über ein Diptychon der Bibliothek von Etschmiadzin,
die Mosaiken und Fresken der Sophienkathedrale zu Kiew,
Handschriften mit byzantinischen Miniaturen in Venedig,
Mailand und Florenz, eine Platte von der Maximians-
Kathedra zu Ravenna, die Bodenmosaiken von S. Giovanni
zu Ravenna. Daneben trat er mit Schriften hervor, die
zu seinem Wirkungskreise in nächster Beziehung standen,
wie dem Berichte über die Ausstellung beim 8. Archäo-
logischen Kongreß in Charkow 1890, dem Nekrolog auf
Gio. Batt. de' Rossi oder die Kunstschule zu Charkow.
Die letzten Jahre hindurch beschäftigte Redin ein großes
Werk über Kosmas Indikopleustes, dessen erste Bogen
bereits im Druck waren, als schwere Erkrankung ihn an
der weiteren Ausarbeitung verhinderte. Regen Anteil nahm
Redin auch stets an allen praktischen archäologischen Ar-
beiten, sei es bei der Überwachung von Ausgrabungen
oder bei den Verhandlungen der archäologischen Kongresse.
Aufrichtige Trauer folgt dem Hingange des dreiundvierzig-
jährigen Gelehrten. —chm-

Die Galerie Ernst Arnold in Dresden hat eine Ge-
dächtnis-Ausstellung veranstaltet für Marie Gey-Heinze.
Diese Leipziger Künstlerin ist durch einen jähen Tod mitten
aus ihrem Schaffen gerissen worden. Sie starb am 28. März
d. J., und dieser Verlust ist in der deutschen Kunstwelt
kaum besprochen worden. Und doch war Marie Gey-
Heinze ein stilles, feines Talent, das sich sicher im Laufe
der Jahre noch seinen Platz erworben hätte. Sie war eine
Schülerin des Dresdners Otto Fischer; ihre graphischen
Arbeiten sind voller Anmut und Schliff. (Wer sich etwas
davon ins Gedächtnis rufen will, findet in den letzten Jahr-
gängen der »Zeitschrift für bildende Kunst« von ihr die
Blätter »Frühling« und »Meerschweinchen«). Die Künst-
lerin lebte in Leipzig als Frau eines Arztes. Sie ist nur
27 Jahre als geworden. Ihr Mann hat der Stadt Dresden
15000 Mark gestiftet, um auf dem Bismarckplatz zu ihrer
Erinnerung einen Brunnen zu errichten.

f- Als Opfer eines Tramunfalls starb in Genf der Kari-
katurist Auguste Viollier, der in den artistischen und
literarischen Kreisen jener seiner Vaterstadt eine große
Rolle spielte. Er war unter dem Pseudonym Godefroy zeich-
nerischer Mitarbeiter der Pariser Blätter »Revue illustree«,
»Monde illustre«, »Rire«, »Polichinelle« und anderer. In
Genf war er die Hauptkraft am eingegangenen »Carillon«
und der Begründer des »Sapajou«, des »Passe-partout«,
des »Nouveau Pantheon«. Er war eine heitere, phantasie-
volle Natur, ein ausgezeichneter Beobachter, ein graziöser,
gewandter Zeichner, dem die Genfer Blätter betrübte,
warmgefühlte Nachrufe widmen.

PERSONALIEN

Die Wahl des Professor Arthur Kampf zum Präsi-
denten der Berliner Akademie ist jetzt vom Kaiser offiziell
bestätigt worden.

Über Personalveränderungen an der Weimarer
Kunstschule waren in den letzten Wochen verschiedene
Gerüchte im Umlauf, denen aber nur folgendes zugrunde
liegt: Der Maler Prof. Ludwig von Hof mann, der zurzeit
mit Privatarbeiten überhäuft ist, hat einen längeren Urlaub
erbeten und auch erhalten. Hingegen bestätigt sich (nach
der »Kunst für Alle«) nicht, daß Ludwig von Hofmann
die Großherzogliche Kunstschule in Weimar verlasse; auch
die angeführten Gründe seines vermeintlichen Rücktrittes
vom Lehramte erledigen sich damit. Ludwig von Hofmann
 
Annotationen