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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Seemann, Artur: Der Erwerb von Kunstwerken für Bayern
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0284

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XIX. Jahrgang 1907/1908 Nr. 31. 4. September.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik, Nr. 32, erscheint am 11. September

DER ERWERB VON KUNSTWERKEN
FÜR BAYERN
Im Juliheft der unter Mitwirkung von J. Hofmiller,
Hans Thoma und Karl Voll herausgegebenen Süd-
deutschen Monatshefte hat der zuletzt Genannte eine
schmetternde Fanfare erklingen lassen und sich in
rückhaltsloser Weise über die Verwaltung und Organi-
sation der bayerischen Kunstsammlungen geäußert. Er
beklagt, daß den bayerischen Museumsbeamten zu ge-
ringe Bewegungsfreiheit und verschwindend knappe
Mittel zu den unerläßlichen Studienreisen gewährt
werden; daß sie im Bureau hocken müssen, statt die
Kunstbörsen der großen Auktionen zu besuchen,
um den Kurs der Kunstwerke aus erster Hand zu
haben und ausnutzen zu können; daß ihnen während
der Bureaustunden untersagt ist, andere Sammlungen
zu besuchen. Voll fordert für die bayerischen Kunst-
sammlungen eine große Photographiensammlung, für
die er die billigen Pigmentdrucke nicht für ausreichend
hält; ferner eine Zentralmuseumsbibliothek, um Fonds
für wichtige Dinge zu gewinnen; er verlangt Ver-
minderung der Bureaustunden, damit der Beamte
durch Privatstudium konkurrenzfähig bleiben könne;
ein Gesetz für Museumsbeamte scheint ihm unerläß-
lich ; er sagt, daß die neugeschaffene Generalkommission
sich schlecht bewährt habe und durch einen General-
direktor ersetzt werden müsse, da Museen nur durch
geschulte Persönlichkeiten sinnvoll geleitet werden
könnten. Dr. Voll spricht sich bitter darüber aus,
daß die Tüchtigkeit der Museumsbeamten in Bayern
nach ihrer Tätigkeit beim Katalogisieren, Inventarisieren,
Neuordnen, nach der Stückzahl der Arbeit bemessen
zu werden scheine, aber nicht nach der Qualität der
Gesamtleistung. »Der Konservator, der ein systema-
tisches Verzeichnis der notwendigerweise anzuschaffen-
den Kunstwerke aufstellt« (um Lücken der Sammlung
systematisch zu schließen), »der die Orte und Ge-
legenheiten aufsucht, wo die fehlenden Bilder, Kupfer-
stiche, Antiquitäten usw., zu günstigen Bedingungen
zu haben sind, der Konservator oder Direktor, der
sich die nötigen autoritativen Kenntnisse erwirbt, um
rasch und sicher urteilen zu können, leistet entschieden
Verdienstlicheres, als derjenige, der tagaus, tagein
registriert und im Bureau sitzend die liebe Zeit mit
Schreiben von Berichten oder Etiketten vertut.« Auch

macht sich der Kritiker des bestehenden Systems dar-
über lustig, daß man sich den idealen Direktor als
Repräsentationsfigur denke »in Lackschuhen und mit
spiegelndem Zylinder«; ferner daß die vorgeschriebene
Tätigkeit der Konservatoren an der Pinakothek de
facto darin bestünde, dies Gebäude morgens 9 Uhr
aufzuschließen und nachmittags wieder zuzusperren;
außerdem sei ihm noch die Überwachung der
Tätigkeit der Kopisten auferlegt. »Sonst hat er amt-
lich gar nichts zu tun als seine Gehaltsquittung zu
schreiben. Der erste Teil seiner dienstlichen Obliegen-
heiten fällt in glücklicheren Ländern dem Portier zu;
die zweite dem Oberaufseher.« Allerdings sei sein
Bureau der reine Taubenschlag. Wer irgend ein Bild
oder einen Kupferstich habe, oder einen Freund be-
sitze, dessen Tante ein Bild ihr eigen nenne, wer
auf der Dult um 50 Pfennig ein schwarzgeräuchertes
Bild gekauft habe, käme zum Direktor oder den
Konservatoren und frage, ob er nicht einen echten
Raffael oder Rembrandt besäße. In anderen Museen
seien die Beamten vor solcher Zudringlichkeit ge-
schützt und brauchten nur solche Anfragen zu be-
antworten, die berechtigterweise an sie gestellt würden.
Eine erfreuliche Ausnahme unter den bayerischen
Museen bilden, nach Volls Bericht, die Sammlungen
antiker Kunstwerke. »Warum kann man die Ver-
hältnisse unserer Antikensammlungen so sehr loben?
Weil sie von einem Manne verwaltet wurden, der
sich um die offiziellen Anschauungen in bezug auf
Arbeitszeit, Pünktlichkeit und Präsenz nicht im ge-
ringsten kümmerte.« (Zu ergänzen wäre hierzu:
sondern sich die Vermehrung der Sammlungen und
Schulung der Beamten in erster Linie zur Pflicht
machte.) »Er hat die ihm anvertrauten Sammlungen
als lebendige Organismen hinterlassen, die der Pest-
hauch der Bureaukratie nicht treffen kann.« »Furt-
wängler war nicht umsonst der bedeutendste Archäo-
loge seiner Zeit.« »Er hat gezeigt, daß in München
noch immer Gelegenheit zu bedeutender Wirksamkeit
ist, hat aus den bescheidensten Mitteln Großes ge-
macht: aber nur dadurch, daß er sich seine Selbst-
ständigkeit nicht verkümmern ließ und alle Kräfte zu
energischer wissenschaftlicher Arbeit anspannte.«

Exempla trahunt. Dr. Voll führt noch ein anderes,
glänzenderes Beispiel an, um die Wirkung seiner
 
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