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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 19.1908

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Hermann, Fed.: Römischer Brief, [2]
DOI Artikel:
Doering, Oskar: Ein Museum dachauischer Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.5784#0311

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Ein Museum Dachauischer Malerei

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noch da, der Stoff zum Bessermachen ist vorhanden,
aber sie verschleudern ihre Gaben und glauben mit einigen
sogenannten genial hingeworfenen Bildern für Publikum
und Kunst genug getan zu haben.

Zu den Künstlern, welche die allgemeine Achtung
schon lange genießen, ist Qiulio Aristide Sartorio zu
rechnen, welcher aber die Ausstellung nur mit einigen
Aquarellen bedacht hat, wahrscheinlich weil ihm die große
Arbeit der Dekoration des Sitzungssaales in der neuen
Deputiertenkammer zu sehr in Anspruch nimmt. Daß ihm
so ohne weiteres dieser wichtige Auftrag gegeben worden
ist, hat vielen Neidern die Zunge gelöst und mancher
witzelt schon über die symbolisch dargestellten Garibaldi-
legenden, und weiß nichts besseres, als an die mageren
und nervösen Gestalten des sartorischen Frieses in der
venezianischen Ausstellung zu gemahnen. Sicher werden
seine Fresken, wie es bei ihm meistens der Fall ist, das
Ergebnis alter traditioneller und modernster Kunst zugleich
sein und was man davon kennt, läßt auf eine großgedachte
Dekoration schließen. Was das Parlamentsgebäude dann
selbst betrifft, sieht die Sache so, daß die alte großartige
Fassade von Montecitorio, so wie sie jetzt ist, erhalten
bleibt und man den neuen Palast einfach anbaut. Der
alte Bau gehört zu den gewaltigsten Schöpfungen der
Schule Bernini und ist typisch als römischer Barockbau,
der neue wird von Basile nach modernem Empfinden
erbaut werden. Zum Glück sind die Straßen an Monte-
citorios Seiten eng und verstecken diese merkwürdige
Verquickung, so daß nur von den beiden sich gegen-
über liegenden Plätzen jede der so verschiedenen Fas-
saden für sich sichtbar sein wird, da man auf der
Rückseite von Montecitorio, die bisher auf ein schmales
Gäßchen ging, durch Niederreißen einer Menge von
Häusern einen großen Platz und eine breite darauf zu-
laufende Straße schafft. Sonst würde es dem Architekten
wohl schwer fallen, seine etwas arg an Blumenstil gemah-
nende Bauart, ohne starken Widerspruch zu erwecken, dem
gewaltigen Barockbau der Curia lnnocenziana anzukleben.

Da ich fast unwillkürlich auf das Thema der römischen
Neubauten geraten bin, so wird es den Lesern der Kunst-
chronik wohl nicht uninteressant sein zu erfahren, was
der Staat und die Stadt für Pläne gefaßt haben, besonders
weil die Villa Borghese dazu in nächster Beziehung steht.

Als die Regierung die Villa von dem Fürsten kaufte,
um sie der Stadt zu schenken, behielt sie sich das Recht
auf fünfzigtausend Quadratmeter zu baulichen Zwecken.
Der Bau des internationalen Ackerbauinstituts, dessentwegen
ein richtiger Froschmäusekrieg entstanden war, machte die
Bürger stutzig und man sprach schon von vollkommener
Verheerung der großen Villa. Nun ist aber die Frage
gelöst und die Gefahr neuer Bauten entfernt, denn mit
dem Ankauf eines Terrains zwischen Villa Borghese und
Museo di Papa Giulio sind die fünfzigtausend Quadrat-
meter von der Stadt dem Staate gegeben worden und
somit die Villa freigesprochen. Der Park soll in dieser
Richtung erweitert werden und ein großer Fahrweg wird
das Museo Borghese mit dem Museo di Papa Giulio ver-
binden. Auf halbem Wege wird das neue Gebäude für
die Nationalgalene moderner Kunst gebaut werden. Dieses
Gebäude und die nächstliegenden Pavillons sollen indessen
die für lgit geplante internationale Kunstausstellung auf-
nehmen. Diese wird den Kardinälen und Ciociaren ihre
Tore hoffentlich nicht öffnen, und man wird wohl für
diese von geschmackvollen Romreisenden so bevorzugten
Kunstartikel ein besonderes Lokal einrichten müssen.

Für 1911 ist auch eine große Kunstgewerbeausstellung
geplant. Auf diesem Gebiet war dieses Jahr im Palazzo
delle belle arti die Sonderausstellung Hans Lerches höchst

anziehend, besonders wegen der feinen, farbig ganz aus-
gezeichneten Majoliken und kleinen dekorativen Plastiken.
Und da ich nun wieder zu der Kunstausstellung zurück-
gelangt bin, von der ich ausging, muß ich zum Schluß
noch die interessanten Malereien Giovanni Costantinis,
für die ein besonderer Saal bestimmt worden war, er-
wähnen. In allen seinen Sachen ist tiefes Fühlen mit
tüchtiger Ausführung gepaart. Sein Allerseelentag mit der
großen traurigen Menschenmenge am Gitter des Friedhofes
ist ein wirklich gutes, durchdachtes Werk, aus dem ein rich-
tiges Erleben des Künstlers spricht. Seine symbolischen
Bilder sind wohl schwächer in Form und Farbe, aber
zeigen doch auch, daß man etwas von dem jungen, ernsten
Maler zu erwarten hat. eed. hermanin.

EIN MUSEUM DACHAUISCHER MALEREI

Das alte Städtchen ob der Amper, das von der Höhe
seines schroff über die bayerische Ebene emporstrebenden
Hügels weit hinausschaut über grüne Flußtäler, Moor-
flächen, Wälder und Ortschaften, bis zur fernen langen
Kette des Hochgebirges, ist in den letzten Tagen das Ziel
gewaltiger Scharen von Besuchern geworden. Begeht
doch der Ort in diesem Jahre die Feier seines 1100jährigen
Bestehens und tut dies durch Veranstaltung einer gewerb-
lichen und künstlerischen Ausstellung. Der ztrerst ge-
nannte Teil kommt an dieser Stelle nicht in Betracht,
unsere Aufmerksamkeit muß sich dagegen dem zweiten
zuwenden. Der modernen Dachauer Kunst ist ein Museum
errichtet worden. Es soll nicht gleich der Ausstellung
nach kurzer Zeit wieder aufgelöst werden, sondern für
immer erhalten bleiben, ja es ist nur als der Anfang einer
künftigen großen Sammlung anzusehen, als Grundstock,
als Anregung dazu. Schon jetzt, wo alle Gruppen, wo
die Repräsentation sehr vieler Künstler noch lückenhaft
ist, finden wir in der bereits gegen 150 Nummern um-
fassenden Sammlung ein Material beisammen, das den
Werdegang der Dachauer großen Kunst der letzten fünf
und einhalb Jahrzehnte gut illustriert und die Hauptzüge
der Entwickelung der berühmten Malschule skizziert. Wird
die Sammlung einmal so vervollständigt sein, daß jene
Lücken ausgefüllt sind, so wird das Dachauer Museum
ein kunstgeschichtliches Material darbieten, wie solches
für eine einzelne Epoche selten irgendwo zu treffen ist.
Daß sich dies Ziel erreichen läßt, halte ich für durchaus
wahrscheinlich. Nicht allein ist die Erhaltung und Pflege
der Sammlung der Ortsgemeinde für immer bindend zur
Pflicht gemacht worden, sondern ich glaube, daß die bis
jetzt erreichten Erfolge zu weiteren Spenden anfeuern, daß
sie auch die Staatsregierung zu förderndem Verhalten ver-
anlassen werden. Letztere hat sich einstweilen darauf be-
schränkt, die Räume im alten Dachauer Herzogsschlosse
herzugeben, die ihrer Verwaltung unterstellt sind. Schon
jetzt aber erweisen sich diese als zu knapp. Zum Glück
ist im Schlosse noch Raum genug verfügbar.

Jene Zeit, als Dachau und seine Umgegend für die
Kunst entdeckt wurden, als Christian Morgenstern seit
1852 alljährlich dorthin kam, um von der Schloßterrasse,
um im Parke, im Tale der Amper, in den nahe gelegenen
Dörfern, in den Torfstichen und Moorgegenden zu
studieren, zu zeichnen und zu malen, sie ist im Museum
bisher nur durch Werke dieses Meisters, sowie von
J. Nörr illustriert. Die Schar der übrigen, die die Ein-
drücke und Stimmungen derselben Gegend, angeregt durch
Morgenstern, auf sich wirken ließen und malerisch inter-
pretierten, also Zimmermann, Schleich, Langko, Stange,
Lier und andere fehlen noch. In der Sammlung klafft
hier noch eine große Lücke, deren Ausfüllung notwendig,
 
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