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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Schumann, Paul: Neunter Tag für Denkmalpflege in Lübeck
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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge XX. Jahrgang 1908/1909 Nr. i. 9. Oktober.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

NEUNTER TAG FÜR DENKMALPFLEGE
IN LÜBECK

Der neunte Tag für Denkmalpflege, der diesmal
in Lübeck tagte, brachte den Beweis, daß die Be-
wegung für die Erhaltung und Pflege unserer alten
Bauten und Kunstdenkmäler noch immer in erfreu-
licher Weise im Wachsen begriffen ist; denn es
waren über 300 Mitglieder aus allen Teilen des deutschen
Sprachgebietes erschienen, dazu aber Vertreter fast
aller deutschen Regierungen, auch ein Vertreter der
österreichischen Regierung, aus Holland Stadtarchivar
Höfer, aus Belgien der Altmeister der Denkmalpflege
Bürgermeister Charles Buls. Von den schwebenden
Fragen der Denkmalpflege wurde der Umbau des Ge-
wandhauses in Braunschweig, der in den letzten Monaten
zu leidenschaftlichen Auseinandersetzungen geführt hat,
eingehend behandelt. Die verschiedenen Parteien
kamen zu Worte, auch der Leiter des Neubaues Prof.
Lübke legte den Stand der Sache dar und besprach
seine Pläne. Er erklärte, daß er den hart angegriffenen
Turm in der ursprünglich angenommenen Form längst
aufgegeben habe. Über die Form des Turmes und
der Firstlinie steht noch nichts fest. Man ersah weiter
aus der rein sachlich durchgeführten Verhandlung,
daß die Aufgabe außerordentlich schwer und ver-
wickelt liegt, namentlich daß das Bauprogramm allzu-
stark belastet ist. Die Vorschläge der auswärtigen
Architekten rechnen nicht mit den wirklichen Ver-
hältnissen, es muß daher nach einem anderen Aus-
weg gesucht werden. Es sind aber nunmehr drei
Sachverständige von auswärts ernannt: Prof. Theodor
Fischer-München, Geh.Oberbaurat Hoffmann-Darmstadt
und Prof. Dr. Clemen-Bonn, die in kurzer Zeit zur
Prüfung der Pläne Lübkes nach Braunschweig gerufen
werden sollen. Man darf sich daher wohl der
Hoffnung hingeben, daß der Umbau des Braun-
schweiger Gewandhauses eine gute sachgemäße Lösung
finden wird. Zu einigen schwereren Zusammenstößen
gab der Wiederaufbau der Michaeliskirche in Ham-
burg Anlaß. Den Anspruch eines Vertreters von
Hamburg, diesen Wiederaufbau als eine rein Ham-
burgische Angelegenheit zu erklären, in die der Denk-
malpflegetag nicht hineinzureden habe, wies der
Vorsitzende Geh. Hofrat Prof. v. Öchelhäuser mit
Recht zurück, wie er überhaupt seine schwierige Auf-
gabe nach allgemeiner Anerkenntnis mit großem

Geschick, mit Ernst und nach Bedarf auch mit Humor,
immer aber tatkräftig und sachgemäß erfüllte. Der
Umbau der Michaeliskirche wurde übrigens auf die
Tagesordnung des nächsten Tages für Denkmalpflege
gesetzt. Dieser zehnte, also Jubiläumstag, soll in Trier
stattfinden; Augsburg und Danzig sind für später in
Aussicht genommen. Auf einem dieser nächsten Tage
soll auch die Veränderung des Platzes um den
Wormser Dom besprochen werden, von dem Geh.
Hofrat Cornelius Gurlitt-Dresden ein prachtvolles großes
Gipsmodell ausgestellt hatte, um daran seine Ideen
über Freilegung und Umbauung von Kirchen darzu-
legen. In Bezug auf das Heidelberger Schloß teilte
der Vorsitzende v. Öchelhäuser entgegen verschiedenen
Meldungen in Zeitungen mit, in dieser Angelegenheit
sei keineswegs eine neue Wendung eingetreten; viel-
mehr stehe der jetzige Finanzminister genau auf
demselben Standpunkt wie sein Vorgänger, daß er
den Wiederaufbau und den Ausbau des Ott-Heinrichs-
baues für unerläßlich erachtet, während die Mehrheit
der beiden Kammern des badischen Landtags nur
die volle Sicherung des jetzigen Bestandes, also der
malerischen Ruine wünscht und dafür nur unter der
Bedingung eine gewisse Summe bewilligt hat, daß
dadurch in keiner Weise für eine vollständige Restau-
rierung präjudiziert werde. Gegenüber den Angriffen
der Presse, daß der Tag für Denkmalpflege gewisse
angeblich brennende Fragen nicht auf seine Tages-
ordnung setze, erklärte von Öchelhäuser, daß diese
Angriffe meist nur auf Unkenntnis der tatsächlichen
Verhältnisse beruhen und daß der Ausschuß nach wie
vor" nur solche Fälle und Fragen aufnehmen werde,
bei denen durch Beschaffung zuverlässiger Unterlagen
eine gründliche und sachliche Behandlung von vorn-
herein derart verbürgt sei, daß ein nutzbringendes
Ergebnis erwartet werden könnte. Dagegen erachtet
v. Öchelhäuser die zahlreichen, auch polemischen
Aufsätze in der Presse über Fragen der Denkmal-
pflege, über Zerstörung und Verkauf von Kunst- und
Naturdenkmälern als ein erfreuliches Zeichen, daß an
Stelle der früheren Gleichgültigkeit des Volkes in
solchen Dingen ein reges Interesse getreten sei, der
Anfang für! jene allgemeine selbstverständliche Teil-
nahme des Volkes an Fragen der Kunst und der
Denkmalpflege, die wir von ganzem Herzen wünschen
müssen. — Von dem Handbach der deutschen Kanst-
 
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