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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Maas, Max: Archäologische Nachlese
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Neues aus Holland
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0014

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Neues aus Holland

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Demertypus aus frühhellenistischer Zeit mit wichtigen
Attributen, Minia Procula als Betende von Praxitelischem
Typus. Dazu kamen ein Togatus aus trajanischer Zeit
trotz der späteren Inschrift und eine Athena mit Kopftypus
und Gewandung der Parthenos und Peplos nach späteren
Motiven; sie ist geflügelt und trägt das Füllhorn des Bonus
Eventus und Mauerkrone, also ein Athena-Polias-Tyche-Nike,
zu der ein Saturn als männlicher Stadtgott tritt (Tanit und
Baal). Als künstlerisch am reizendsten und besten gearbeitet
erklärt Bulle eine geflügelte Athena, halb lebensgroß mit
jonischen Gewandmotiven, hellenistischer hoher Gürtung
und gespaltener Ägis und römisch-afrikanischen Äußerlich-
keiten. — Unter den in der Basilika von Thabraka ge-
fundenen Grabmosaiken ist das in seltsamer Perspektive
gezeichnete Bild einer Basilika des 5. bis 6. Jahrhunderts
(bezeichnet »ecclesia mater«) die älteste Darstellung einer
christlichen Basilika, die auch eine Ikonostasis hat, die den
algerischen Basiliken regelmäßig fehlt. — Die Ausgrabungen
in Lambaesis sind vollendet und Cagnat hat diese Garni-
son, in der die Legio III Augusta ununterbrochen fast
200 Jahre gestanden hat, in einer höchst interessanten
Publikation genau geschildert, aus der Schulten das Wich-
tigste im Auszug wiedergibt. — Als eine außerordentliche
Arbeit ist auch Gsells Atlas archeol. de l'Algerie (Lief. 3
u. 4) zu bezeichnen, dessen Blatt Constantine nicht weniger
als 516 archäologische Nummern aufweist.

Die Berichte über Spanien und Portugal gehen von
dem Mitglied der Faculte des lettres de Bordeaux, Pierre
Paris, aus. Von den in diesem Bericht als »zu erwarten«
bezeichneten Arbeiten von Louis Siret, die aus systematischer
Erforschung der alten phönikischtn und punischen Handels-
kontore auf der Pyrenäerhalbinsel (Provinz Almeria) resul-
tieren, ist jetzt zu bemerken, daß eine Abhandlung von Siret
in der Revue archeologique (November—Dezember 1907)
und eine solche in »L'Anthropologie« (1908, 2, 3) über die
Cassiteriden und die phönikischen Handelsniederlassungen
in Spanien, die weitgehende Beachtung verdienen, bereits
erschienen sind. Die Ausgrabungen und Arbeiten von
D. Juan Roman y Calvet auf den »Isias Pithyusas« ver-
sprechen, die Kunst und die Industrie, die ganze Zivilisation,
ja die Geschichte einer punischen Kolonie zu geben, und
das Museum der archäologischen Gesellschaft von Ibiza
auf der Pithyusen-Insel Ibiza, wohin Roman seine Aus-
beute gestiftet hat, ist an punischen Funden fast reicher
als das von Karthago selbst. Selbst mit dem Eintreten der
römischen Zivilisation im 2. Jahrhundert v. Chr. lebt die
phönikische weiter. Von außergewöhnlichem Interesse
sind die Terrakotten der punischen Zeit, meist weibliche
Idole, bei denen auch der griechische Kunsteinfluß klar
zutage tritt. Über die diesjährigen Ausgrabungen Schultens
in Numantia sagt Pierre Paris aus Augenschein, daß sie
die im früheren Jahre nicht allein erreichen, sondern über-
treffen. — Neue Grotten mit Wandmalereien sind in der
Gegend von Altamira von Alcalde del Rio entdeckt und
beschrieben worden. — In Santa Olaya, nicht weit vom
Mondegofluß in Portugal, hat M. dos Santos Rocha eine
neolithische ,(mit Dolmens), zwei prärömische und eine
lusorömische Schicht ausgegraben. —

Aus Italien ist die Kunstchronik stets so vortrefflich
mit Nachrichten versorgt, daß wir nichts hinzuzufügen
wüßten. Dagegen müßten wir zweifellos noch aus den
Berichten aus Belgien, der Schweiz, Österreich und Ungarn
manches nachtragen.% Vor allem wichtig sind die öster-
reichischen erfolgreichen Arbeiten in Dalmatien, für die aber
die bevorstehende Publikation in den österreichischen Jahres-
heften abgewartet werden soll. Über Asseria ist ein ab-
schließender illustrierter Bericht von Wilberg und Liebl jetzt
im Druck, denen ein amerikanischer Gelehrter A. L. Fro-

thingham, der sehr wertvolle Arbeiten über die dalmatini-
schen römischen Bauten, namentlich die sogenannten
Triumphbogen, im Laufe der letzten Zeit in »The Nation«
veröffentlicht hat, eine gewisse Nachlässigkeit im Konser-
vieren und Publizieren vorgeworfen hatte (s. Max Maas,
»Der Bogen des Trajan in Asseria und seine Route nach
Dacien«, Wochenschrift f. Klass. Philologie 1908, Nr. 30/31).

NEUES AUS HOLLAND

Zu dem vor einiger Zeit in London entdeckten großen
Familienporträt von Frans Hals kommt jetzt noch ein
anderes, bisher unerkannt gebliebenes Werk des Meisters
hinzu. Es war bis Anfang Oktober im Mauritshuis im Haag
ausgestellt und gehört dem Fürsten von Bentheim-Steinfurt.
In dessen Galerie auf Schloß Burgsteinfurt in Westfalen
galt es immer als Werk eines Unbekannten. Da lenkte vor
einiger Zeit ein Restaurator, der sich einiger anderer Bilder
wegen auf dem Schlosse befand, die Aufmerksamkeit stärker
auf das Gemälde, das ihm von der Hand eines bedeutenden
Künstlers zu sein schien. Er gab so die Anregung zu einer
genauen Prüfung des Bildes von Seiten des Beraters des
Fürsten in Nymwegen, zu dem es geschickt wurde. Auf
diesem Wege bekam auch Dr. Hofstede de Groot Kenntnis
von dem Gemälde und konnte mit Sicherheit als den Schöpfer
desselben Frans Hals feststellen. Das Bild war gut erhalten
und bedurfte nur einer Reinigung, die von dem Restaurator
de Wild in Haag vorgenommen wurde. Dabei kam auch
das aus F H F gebildete Monogramm des Meisters zum
Vorschein. (Diese Form kommt, soviel ich weiß, nur noch
auf dem 1627 gemalten Schützenstück des Festmahles der
Offiziere der Adriaensdoelen im Haarlemer Museum und
auf den kleinen Brustbildern von Scriverius und seiner
Gemahlin vom Jahre 1226, vor). Das Bild gehört in
die Gruppe der einzelnen Genrefiguren, ist auf Leinwand
gemalt und mißt ca 65X56 cm. Ein Fischerknabe ist dar-
auf in halber Figur vor einer Dünenlandschaft, in der man
links zwei kleine Figuren sieht, und vor blauem Himmel
mit weißen Wolken dargestellt. Sein sonnengebräuntes,
etwas nach rechts gewandtes Gesicht schaut lachend aus
dem Bilde heraus, und zwischen den breit gezogenen
Lippen des ziemlich großen Mundes kommt eine Reihe
fester Zähne zum Vorschein. Als Kopfbedeckung hat er
auf dem strohblonden struppigen Haar eine blaugefärbte
zottige Mütze. Die sonstige Kleidung besteht aus einem
blaugrauen Wams, über dem er eine graue Jacke mit
kurzen Ärmeln trägt. Die Hände sind über der Brust
zum Teil unter den Rock gesteckt. Hinter der linken
Schulter ist ein Korb sichtbar, links vorn hängt an einer
Schnur ein Krug aus Holz oder Ton herunter, auf dem
sich die obenerwähnte Signatur befindet. Die Malweise
ist flott, fast prima; der Gesamtton hellblond, wonach
die Entstehungszeit etwa in den Anfang der dreißiger
Jahre zu setzen wäre.

Länger als dies leider nur zu kurze Zeit hier ausge-
stellte Gemälde werden sechs andere Leihgaben im Maurits-
huis allgemein zugänglich sein, die von dem bekannten
Petersburger Sammler, Herrn Staatsrat Paul Delaroff vor
einigen Wochen hierher mitgebracht wurden. Es sind
erstens das durch die Prachtpublikation von Dr. Hofstede
de Groot bekannte Kriegerbildnis von Carel Fabritius,
zweitens das Porträt eines Juden von Rembrandt (Bode VIII
586) aus der Zeit um 1657. Ferner überließ Herr Delaroff
der Galerie ein kleines, tonschönes Bildchen von Jan van
Ooyen, eine Ansicht von Dordrecht aus den fünfziger Jahren,
eine große Bärenjagd von Abraham Hondius, eine kleine
zweifigurige mythologische Szene von Nicolaus Knupfer und
endlich noch eine Kuriosität, die aber von hohem Kunst-
 
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