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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Münchener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0049

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XX. Jahrgang 1908/1909 Nr. 6. 20. November.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

MÜNCHENER BRIEF

In den Münchener Sammlungen geht allerlei vor
sich. Die graphische Sammlung — das Stiefkind des
Ministeriums — feiert das Jubiläum 150 jährigen Be-
stehens, und so sang- und klanglos dies von außen
hingenommen wird, hat der Direktor der Sammlung,
Dr. Pallmann, es sich doch nicht nehmen lassen, das
Ereignis in einer eigenen Schrift zu dokumentieren.
Das kleine Büchlein ist ungemein instruktiv. Es
schildert zuerst die Entwickelung der Sammlung aus
den kleinen Anfängen der Mannheimer Zeit, wo sie
gegründet wurde, durch die mannigfaltigen, bald
glücklichen, bald widrigen Zeitläufte bis auf unsere
Tage, wobei manch lehrreiches Stück Museums-
geschichte aus dem Schoß der Akten ans Licht ge-
bracht wird, geht sodann aber lebhafter auf die heu-
tigen Zustände der Sammlung ein, die ein Weltinstitut
geworden ist, und schließt endlich mit einer führen-
den Übersicht über ihre reichen Bestände, die jedem
Benützer willkommen sein wird. Ganz nebenher
streift er auch Dinge, die in der Zukunft liegen, aber
es will uns scheinen, als ob diese kurzen Bemer-
kungen manches Goldkorn enthielten. Die Raum-
verhältnisse sind zu eng geworden, — ein Übel, an
dem nahezu alle Münchener Sammlungen kranken,
nicht zum wenigsten die graphische Sammlung, die
zugleich mit der Vasensammlung im Erdgeschoß der
alten Pinakothek untergebracht ist. Nun soll die
Vasensammlung in vielleicht absehbarer Zeit mit den
übrigen Antikensammlungen am Königsplatz vereinigt
werden, so daß die graphische Sammlung — auf
wie lange? — Platz gewänne. Pallmann verlangt
mit Recht radikalere Abhilfe und bringt den sehr
beachtenswerten Vorschlag eines eigenen Neubaues
für seine Sammlung, an die dann zugleich die not-
wendig zu schaffende Zentral-Kunstbibliothek ange-
gliedert werden solle. Ein Plan, — gedacht nicht
für die enge Gegenwart, sondern zugeschnitten für
eine großzügige Kunstpolitik, zu der München so
gut einmal kommen muß wie Berlin. Freilich fordert
solche Politik, die ideelle Güter und Werte in reichster
Fülle gewähren würde, schwere materielle Mittel. Und
daran wird wohl auch dieser wie so mancher schöne
Museumsplan Münchens scheitern.

Neues ist auch vom Nationalmuseum zu melden.
Hier hat die überaus rührige Direktion soeben einen

neuen Fachkatalog herausgegeben, der, bearbeitet von
Dr. Friedrich Hofmann, das Europäische Porzellan
enthält. Der starke Band verdient ein Prachtwerk
genannt zu werden, dem nicht leicht ein anderes
Museum ein Gegenstück an die Seite stellen kann.
Über die ausgiebigen wissenschaftlichen Resultate, die
Dr. Hofmann in ihm niedergelegt hat, möge an an-
derer Stelle berichtet werden.

Nachdem der Landtag im vergangenen Sommer
die Abtrennung des Generalkonservatoriums vom
Nationalmuseum genehmigt und diese auf den 1. No-
vember festgesetzt hatte, sind nun vor einigen Tagen
die Ernennungen der Beamten herausgekommen,
die unter dem neuen Generalkonservator Dr. Hager
die Inventarisierung und Pflege der Kunstschätze
Bayerns in Händen haben sollen. Unter den insgesamt
sechs Konservatoren sind vier Künstler, ein Prä-
historiker, mithin also nur ein Kunstgeschichtler im
eigentlichen Sinne. Krankte die Inventarisierung der
Kunstdenkmale bisher immer daran, daß zu wenig
Personal vorhanden war und sie infolgedessen nur
schneckenartig vorwärts kam — ein Umstand, der
in erster Linie die immer steigende Verschleppung
der einheimischen Kunstwerke verschuldet! — so
scheint diese Neubildung nicht gerade darnach an-
getan, dem Übelstand abzuhelfen. Denn einmal wer-
den die vier Künstler naturgemäß nicht zur Inven-
tarisierung, sondern zu Referaten bei Restaurierungs-
arbeiten usw. verwendet werden, andererseits aber
sind gerade diejenigen beiden Gelehrten, die bisher
weitaus am erfolgreichsten inventarisiert haben, weiter
hierfür nicht vorgesehen, — der eine wurde am
Nationalmuseum belassen, dem anderen die Stelle
eines Sekretärs zugewiesen, wogegen der durch Stel-
lung und Fähigkeiten nach allgemeinem Urteil zum
Direktor des Museums prädestinierte Beamte gerade
zum Generalkonservatorium versetzt worden ist. So
scheint es, daß die wichtige Inventarisierungsarbeit
weiter in den Händen von wenigen neuen oder bis-
herigen Hilfsarbeitern, d. h. also jungen, erst Erfah-
rung suchenden Kräften verbleiben wird.

Welchen Schaden dies langsame Vorwärtsschreiten
der Inventarisierung der Kunstdenkmäler mit sich
bringt, lehrt die Erfahrung der jüngsten Zeit. Noch
ist der Lärm um das entführte Lusamgärtlein von
Würzburg nicht verstummt, da bringen die Zeitungen
 
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